Liquiditätsplan
Liquiditätsplan
1. Einordnung: Der Liquiditätsplan ist Teil der finanzwirtschaftlichen Planung im Unternehmen und ist eine notwendige Ergänzung zur Umsatz- und Kostenplanung (Finanzplanung).
2. Ziel und Aufbau: Ziel der Liquiditätsplanung ist festzustellen, wann genau welche Zahlungen anfallen, damit das Unternehmen jederzeit seinen eigenen Zahlungsverpflichtungen frist- und vertragsgerecht nachkommen kann. Eine Planung der Umsätze und Kosten reicht dazu nicht aus. Bezogen auf die Umsätze ist zusätzlich zu fragen, wann die geplanten Umsätze tatsächlich auch wirksam werden, das heißt, wann und in welcher Höhe dem Unternehmen durch den Umsatzprozess Geld (liquide Mittel) zufließt. Hierzu sind Informationen zur Zahlungsfähigkeit und zum Zahlungsverhalten der Kunden erforderlich. Auch bezogen auf die Kosten ist es wichtig festzustellen, wann das Unternehmen welche seiner Verbindlichkeiten und in welcher Höhe zu begleichen hat, das heißt also, wann dem Unternehmen durch den Leistungserstellungsprozess liquide Mittel abfließen. Um diesen Überblick über die tatsächlichen Zahlungsströme des Unternehmens zu bekommen, werden Ein- und Auszahlungen des Unternehmens einander gegenüber gestellt. Dies geschieht i.d.R. sowohl jährlich wie auch unterjährig (z.B. pro Monat oder pro Quartal). Die Ein- und Auszahlungen werden saldiert und ein eventuell sich ergebender negativer Saldo ist auszugleichen.
3. Maßnahmen bei Liquiditätsengpässen: Zum Ausgleich möglicher Liquiditätsengpässe kann zum einen versucht werden, die Einzahlungen zu erhöhen (z.B. durch Verkauf von nicht notwendigen Betriebsvermögen oder Inanspruchnahme von zusätzlichen Krediten) oder die Einzahlungen zeitlich nach vorne zu verlagern (z.B. durch den Forderungsverkauf an ein Factoring-Unternehmen oder die Vereinbarung von Mindestanzahlungen mit den Kunden). Zum anderen können Unternehmen auf Liquiditätsengpässen reagieren, indem sie versuchen, ihre Auszahlungen zu reduzieren (z.B. durch Verringerung der persönlichen Entnahmen) oder die Auszahlungen nach hinten zu verlagern (z.B. durch das Verschieben von geplanten Investitionen auf spätere Perioden). Treten Liquiditätsprobleme häufiger oder längerfristig auf, so werden diese Einzelmaßnahmen i.d.R. nicht mehr ausreichen. Unternehmen sollten in solchen Situationen ihren gesamten Leistungserstellungsprozess kritisch analysieren und darüber nachdenken, ob z.B. Veränderungen am Produktionsprozess (u.a. neue Produktionstechnologien oder neue Produktionsstandorte) notwendig sind, oder noch grundsätzlicher, ob das Unternehmen überhaupt die richtigen Produkte auf den richtigen Märkten anbietet. Auch die Kundenstruktur sollte in diesem Zusammenhang überprüft werden. Ist das Unternehmen z.B. abhängig von der Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit weniger Großkunden oder von Kunden, die überwiegend in der gleichen Branche tätig sind?
4. Konsequenzen fehlender Liquidität: Fehlende Liquidität (Illiquidität) ist ein Signal, dass prinzipiell der Fortbestand des Unternehmen gefährdet ist. Bei einer zeitweiligen (temporären) Illiquidität wird dieses erhöhte Unternehmensrisiko häufig steigende Finanzierungskosten zur Folge haben, weil z.B. Investoren mehr Kreditsicherheiten und/oder höhere Zinsen verlangen. Eine temporäre Illiquidität wird aber unter Umständen nicht nur negative Auswirkungen auf die direkten Finanzierungskosten haben, sondern kann auch zusätzliche Kosten verursachen. Z.B. könnten Lieferanten aufgrund des gestiegenen Unternehmensrisikos ihre Zahlungsmodalitäten gegenüber dem Unternehmen verschlechtern. Liegt keine temporäre, sondern eine permanente Illiquidität vor, so ist i.d.R. ein Insolvenzverfahren zu eröffnen, das zu einem Konkurs, zu einem Vergleich oder zu einer Restrukturierung des Unternehmens führt.
5. Liquiditätssteuerung: Ein Unternehmen sollte zur Sicherung seines finanziellen Gleichgewichts bestimmte Liquiditätsreserven aufbauen. Die optimale Dimensionierung dieser Reserven sollte vor dem Hintergrund gesehen werden, dass durch zu niedrige Reserven das Liquiditätsrisiko steigt, umgekehrt aber durch zu hohe Reserven die Rentabilität negativ beeinflusst wird. Einfluss auf die Höhe und Struktur der Liquiditätsreserven haben dabei neben den Finanzierungszielen und der Risikobereitschaft des Unternehmens u.a. auch die Stabilität und Struktur der Zahlungsströme, die Branche und die allgemeine Konjunkturlage. Liquiditätskennzahlen helfen das finanzielle Gleichgewicht zu erhalten bzw. die Bedrohung der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens rechtzeitig zu erkennen. Gebräuchlich sind die drei folgenden Liquiditätskennzahlen. Bei der Liquidität 1. Grades (Cash Ratio) werden die Zahlungsmittel auf der einen und die kurzfristigen Verbindlichkeiten auf der anderen Seite zu einander in Relation gesetzt. Die Liquidität 2. Grades (Quick Ratio) bildet den Quotienten aus Zahlungsmittel plus kurzfristige eigene Forderungen des Unternehmens und kurzfristigen Verbindlichkeiten. Die Liquidität 3. Grades (Current Ratio) setzt das Umlaufvermögen ins Verhältnis zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten.
6. Abschließende Beurteilung: Der Liquiditätsplan komplettiert die finanzwirtschaftliche Planung und ist daher für jedes Unternehmen eine zwingend notwendige Aufgabe. Er ist stetig aufzustellen, damit ein Unternehmen immer einen realistischen und aktualisierten Überblick über seine zu erwartenden Geldströme hat. Unterstützt werden sollte die Liquiditätsplanung durch ein systematisches Controlling und ein gut funktionierendes Forderungsmanagement.
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