#Interview

“Mein Laptop bleibt grundsätzlich im Büro”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Ich wünschte, ich hätte verstanden, dass man nicht das Rad neu erfinden muss, um erfolgreich zu sein", antwortet Sebastian Steinmeier von Nahtstelle auf die Frage, was er bereits gerne vor seiner Gründung gewusst hätte.
“Mein Laptop bleibt grundsätzlich im Büro”
Freitag, 12. Juli 2024VonTeam

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Dieses Mal antwortet Sebastian Steinmeier, Gründer von Nahtstelle, einem Handball-Modelabel aus Bielefeld.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Mein Tag beginnt ohne klassische Morgenroutine, was mir erlaubt, direkt in den Tag zu starten. Kalte Dusche, Kaffee und ein Spaziergang ins Büro. Stattdessen habe ich den Wert einer Abendroutine kennengelernt: Frühes Abendessen, Sport, ‘Digital Detox’ und wenig Lichteinfluss für eine gute Schlafhygiene.

Wie schaltest Du nach der Arbeit ab?
Mein Laptop bleibt grundsätzlich im Büro, sodass ich außerhalb des Arbeitsplatzes keine Verbindung zum Workload habe. Ich bleibe lieber lange im Büro, als meine Arbeit mit nach Hause zu nehmen. Jeder Arbeitstag bei Nahtstelle endet mit einer Runde Mario Kart mit dem Team, danach wird gekocht und anschließend geht es zum Sport, um mental komplett abzuschalten.

Was über das Gründer:innen-Dasein hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Ich wünschte, ich hätte verstanden, dass man nicht das Rad neu erfinden muss, um erfolgreich zu sein. Oft reicht es, bestehende Prozesse in traditionellen Branchen wie der Modeindustrie mit modernen, technologischen Lösungen zu verbessern. Durch viel Marktverständnis, Engagement und eine super Team-Chemie kann man vieles erreichen. Gerade unsere Generation hat diese Möglichkeiten und kann auf den heutigen Anspruch reagieren.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstest?
Es ist schon eine Herausforderung ein Modelabel ohne tiefgreifendes Mode-Know-how zu gründen. Dazu kommt noch die Finanzierung von Ware, das E-Commerce Setup rund um einen Online-Shop und einem Logistikpartner, hochwertige Fotoshootings und natürlich die Bekanntheit innerhalb unserer Zielgruppe als Handball Modelabel. Bis heute stellt unser hoher Anspruch an Qualität und Nachhaltigkeit zu einem bezahlbaren Verkaufspreis eine Herausforderung dar. Aber es motiviert uns täglich, unsere Prozesse durch Effizienz zu steigern und dadurch unnötige Kosten einzusparen.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
In der Retrospektive war es ein großer Fehler, zu viele Teammitglieder zu schnell ins Boot zu holen. Das war im ersten Moment eine attraktive Wachstumsstrategie, im späteren Verlauf jedoch der Grund, dass unsere wichtigste Personalie – das Gründerteam – sich zu stark auf Teammanagement statt auf das Vorantreiben unseres Projekts konzentrieren musste. Wir haben daraus gelernt, dass Qualität vor Quantität geht, vor allem bei der Teamzusammenstellung.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter:innen für sein Startup?
Grundsätzlich versuchen wir, jeden manuellen Prozess durch Automatisierungen und Technologien zu ersetzen, um weniger auf neues Personal angewiesen zu sein. Bei der Suche neuer Mitarbeiter:innen verfolgen wir einen Ansatz: Unsere ‘Company Culture’ leben und darüber reden. Man könnte es mit Inbound Marketing vergleichen.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Mein Motto für jede unternehmerische Reise: ‘Do less, but better’. Wenn man gründet, ergeben sich plötzlich unzählige neue Chancen und ebenso Risiken. Mir hat es geholfen, sehr verantwortungsvoll mit meiner Zeit und meinem Workload umzugehen. Der gesunde Minimalismus hat dazu geführt, dass ich mich auf die wesentlichen Themen meiner Unternehmensentwicklung konzentrieren kann.

Ohne welches externe Tool würde Dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Shopify und Zoho sind unverzichtbar für uns. Diese Tools steuern nahezu unseren gesamten Vertrieb und sind durch ihre Schnittstellenfähigkeit zentral für unser Wachstum und unsere Skalierung.

Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Wir haben flexible Arbeitszeiten und keinen festen Arbeitsort, bieten aber genug Anreize, sich regelmäßig zu treffen. Von Mario Kart-Sessions über gemeinsame Kochabende bis hin zu jährlichen Workations – all das stärkt den Teamgeist und hält die Motivation hoch. Es ist wichtig, dass wir uns neben der Arbeit auch auf anderen Ebenen austauschen können und der Alltag uns nicht unter Druck setzt.

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Die wildesten Erlebnisse sind wahrscheinlich bei unseren Workations auf Mallorca oder in Alicante passiert. Aber das bleibt unter Verschluss! Ein sehr besonderes Erlebnis war tatsächlich meine erste Begegnung in der Stadt mit einer mir fremden Person, die einen unserer Hoodies getragen hat. Seit dem ist es grad beim Handball schon häufiger vorgekommen, aber an diese Situation kann ich mich noch genau erinnern.

Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag aus? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.

Foto (oben): Nahtstellle