Fünfzehn Fragen an Sebastian Sieglerschmidt von 7trends
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Ich kann etwas gestalten. In Kunst war ich nie gut; jetzt kann ich mich mit dem Aufbau von 7trends verwirklichen.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
7trends habe ich zusammen mit Jochen Heemann, meinem sehr guten Freund und damaligen Kollegen bei McKinsey gegründet. Durch unsere Arbeit bei McKinsey hatten wir viel mit Modeunternehmen zu tun. Schon seit einiger Zeit war uns aufgefallen, dass Freunde und Familie immer öfter von Fashion-Seiten wie net-a-porter oder stylebop sprachen. Dort gibt es die aktuellen Kollektionen angesagter Designer. Looks und Outfits werden sehr emotional präsentiert, und es gibt ständig aufregende neue Teile, so dass auch der Einkauf im Internet zu einem Shopping-Erlebnis für Fashionistas werden kann. Leider kann sich die Mode auf diesen Seiten kaum jemand leisten. Jochen und ich haben dann den Entschluss gefasst, einen hochwertig aufgemachten Onlineshop im mittleren Preissegment zu eröffnen. Wir möchten unsere Kundinnen beim Einkauf inspirieren und ihnen modische Looks bieten – ohne dass man gleich einige Hundert oder gar Tausend Euro für ein Outfit ausgeben muss. Bei den Überlegungen zu dieser Marktlücke kamen wir sehr schnell auf das Unternehmen asos, das den Fashionmarkt in UK erfolgreich erobert hat. Wir lassen uns von asos inspirieren. Wichtig ist uns aber vor allem, ein Unternehmen aufzubauen, das genau den Geschmack unserer deutschsprachigen Kundinnen trifft und ihnen etwas Besonderes bietet, das sie so nirgendwo anders finden können. Um dies zu erreichen, versuchen wir an vielen Stellen, unsere eigenen Wege zu gehen.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Mein Gründer-Kollege Jochen Heemann und ich haben privat investiert. Außerdem konnten wir einen im Bereich Internet sehr erfolgreichen VC-Geber gewinnen. Kürzlich haben wir einen weiteren VC-Fonds ins Boot geholt. Auf der Suche nach Kapital mussten wir erst lernen, dass die Entscheidungen auch in der VC-Branche vornehmlich von Risikoaversion und weniger von Unternehmergeist geprägt sind. Bei unseren jetzigen Investoren ist jedenfalls das Gegenteil der Fall. Daher möchte ich die Gelegenheit gerne nutzen, um mich bei unseren Investoren für die gute Zusammenarbeit zu bedanken und für das Vertrauen, das sie in uns setzen. Es wird sich (hoffentlich!) lohnen.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Eine erste Hürde war die Kündigung bei McKinsey. Es hat schon einige Überwindung gekostet, einen so geregelten und ja auch nicht unattraktiven Job hinter sich zu lassen. Die eigentliche Gründung ging überraschenderweise ziemlich reibungslos von Statten. Die größeren Stolpersteine sind uns erst nach der eigentlichen Gründung begegnet. Eine besonders große Herausforderung war es für mich, damit fertig zu werden, dass sich Frust und Freude in einem Start-up so schnell abwechseln können. Einen Tag sorgen wir uns über hohe Preise für Werbung oder über einen Ausfall unseres Webservers, den nächsten freuen wir uns über wachsende Umsätze oder E-Mails von zufriedenen Kundinnen. Erst langsam gewöhne ich mich an das “emotionale Auf und Ab”, das mit der Gründung eingesetzt und seitdem, ehrlich gesagt, nicht mehr aufgehört hat.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
So übel sind wir gar nicht gestartet. Aber wie schon der eine oder andere an dieser Stelle gesagt hat: Hinterher ist man immer schlauer. Wenn wir etwas hätten anders machen müssen, dann hätten wir vermutlich von Anfang an noch mehr in den Aufbau eines breiteren Sortiments investiert. Fashion-Victims wollen Auswahl.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Das britische asos wurde bereits im Jahr 2000 gegründet. Interessanterweise hat asos in den ersten Jahren fast ausschließlich in Offline-Marketing und PR investiert. Eines der wichtigsten Marketing-Instrumente war und ist das gedruckte Kundenmagazin mit einer monatlichen Auflage von etwa 500 Tsd. Exemplaren. Allerdings ist asos auch sehr langsam gewachsen. Wir möchten den Erfolg von asos beim Aufbau einer Marke mit einem schnelleren Wachstum verbinden, und setzen daher auf eine Mischung von Performance-Marketing (vor allem unser Affiliate-Programm) und “klassischen” Maßnahmen wie PR oder TKP-basierter Werbung.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Es waren mehrere Personen, darunter vor allem meine Frau und meine Eltern. Praktisch war es, dass ich mit meinem Vater einen erfahrenen Juristen an der Seite hatte. Das hilft immer. Noch viel wichtiger war es aber, dass wir im Gründerteam zu zweit waren bzw. sind. Ohne das gegenseitige Anspornen gäbe es das Unternehmen nicht.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Plant langfristig. Nur so ist man in der richtigen Startposition, wenn die Finanzkrise vorbei ist. Man kann ein Unternehmen auch “kaputtsparen”.
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Ich würde mir wünschen, dass man keine Vollzeitkraft einstellen muss, um die Formular-Berge für die Beantragung von Start-up-Zuschüssen auszufüllen. Genau genommen richtet sich das in unserem Fall aber vor allem an den Berliner Wirtschaftssenator. Da wird viel mit Gründerfreundlichkeit und Subventionen geworben. Wenn man tatsächlich versucht, an das Geld zu kommen, erlebt man mit dem erheblichen Verwaltungsaufwand nicht selten eine unangenehme Überraschung. Konzepte wie “kurzer Dienstweg” oder “Kulanz” existieren in der Verwaltung leider (oder doch zum Glück?) nicht.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ich wäre weiter Berater bei McKinsey geblieben und würde weiter permanent mit dem Gedanken spielen, ein Unternehmen zu gründen.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
brands4friends. Es interessiert mich sehr, wie ein gerade gegründetes Unternehmen mit einem so schnellen Wachstum fertig wird und welche Pläne bestehen, den Spagat zwischen umsatzfördernden “Ramschpreisen” und einer vernünftigen Marge hinzubekommen.
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
In das Jahr 2003 – dann hätte ich 7trends direkt nach der Uni gründen können. Andererseits: Die Erfahrungen, die ich als Berater gemacht habe, möchte ich vielleicht doch nicht missen.
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Die eine Hälfte investiere ich bei 7trends. Ein Viertel investiere ich in ein oder zwei weitere Geschäftsideen, die mir schon länger im Kopf herumschwirren. Und vom letzten Viertel kaufe ich mir eine Wohnung.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Als ausgemachter Naturfan verbringe ich meine Freizeit am liebsten im Grünen. Seit der Gründung von 7trends natürlich nicht, ohne ab und zu über das Handy den Tagesumsatz zu überprüfen.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mit Nick Robertson, CEO von asos.
Zur Person
Sebastian Sieglerschmidt, Jahrgang 1978, studierte BWL an der WHU sowie in Los Angeles und Toulouse. Nach dem Studium arbeitete er fünf Jahre bei der Unternehmensberatung McKinsey, vor allem auf Projekten für Konsumgüterunternehmen. In dieser Zeit promovierte er außerdem im Fach Psychologie zum Thema Werbewirksamkeit. Im Herbst 2008 gründete er zusammen mit seinem McKinsey-Kollegen Jochen Heemann 7trends (www.7trends.com). Sein Ziel: Einen der führenden Online-Stores im Bereich Fashion aufzubauen.