#Interview

“Wir werden als robustes Unternehmen aus der Wirtschaftskrise hervorgehen”

"Wir haben gezeigt: Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit funktionieren zusammen", sagt David Löwe, Gründer von everdrop. Derzeit arbeiten 150 Mitarbeiter:innen für das E-Commerce-Startup, das bereits auf "Jahresumsätze im zweistelligen Millionenbereich" kommt.
“Wir werden als robustes Unternehmen aus der Wirtschaftskrise hervorgehen”
Montag, 17. April 2023VonAlexander

Das Münchner Startup everdrop, das 2019 von Christian Becker, Daniel Schmitt-Haverkamp und David Löwe gegründet wurde, vertreibt nachhaltig produzierte und vegane Haushaltsprodukte. Der belgische Growth-Investor Sofina, der Impact Fund der Schweizer Bankengruppe Lombard Odier und TriplePoint Capital sowie die Altinvestoren Felix Capital, HV Capital und Vorwerk Ventures investierten zuletzt 80 Millionen Euro (Equity und Venture Debt) in das Unternehmen.

“Wir haben in den letzten Jahren gezeigt: Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit funktionieren zusammen. Wir sind von drei auf heute rund 150 Mitarbeiter:innen gewachsen, haben über 40 Produkte auf den Markt gebracht, sind mittlerweile in fünf Ländern aktiv – online aber auch im Einzelhandel und konnten Jahresumsätze im zweistelligen Millionenbereich erzielen”, sagt everdrop-Gründer David Löwe zum Stand der Dinge in seinem Unternehmen.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der everdrop-Macher außerdem über Treibhausgase, Prozesse und Werte.

Wie würdest Du Deiner Großmutter everdrop erklären?
Wir stellen Produkte her, die man in den eigenen vier Wänden alltäglich benutzt und braucht, vom Haushaltsreiniger über Spülmittel und Waschpulver bis hin zu Naturkosmetik. Das Besondere ist, dass sie keinen Plastikmüll erzeugen, weil man die Flaschen und Behälter immer wieder verwendet. Außerdem stecken nur umweltverträgliche Inhaltsstoffe drin und die Pulver- und Tab-Produkte erzeugen im Vergleich zu herkömmlichen Flüssig-Produkten sehr viel weniger Treibhausgase.

Die ersten Monate des Jahres 2023 ziehen ins Land. Was war bisher das Highlight bei Euch?
Zwei Highlights, auf die ich persönlich stolz bin: Wir haben unsere erste Petition ins Leben gerufen – für Warnhinweise auf allen Einwegplastik-Produkten. Wegwerf-Plastik ist eine ökologische Katastrophe. Es ist wirklich erschreckend: Die Recyclingquote von Kunststoffen liegt bei 15,6 % in Deutschland und 9% weltweit. Zusätzlich steigt die Kunststoffproduktion seit Jahren kontinuierlich an und setzt dabei gefährliche Treibhausgase frei und heizt so weiter das Klima an. Deswegen ist uns diese Petition so wichtig und ein essentieller Schritt. Wir waren zudem Testsieger der Süddeutschen Zeitung: “Ein Gewinn für Natur und Geldbeutel” – wurde unser everdrop Badreiniger genannt und hat 9 von 10 Punkte abgeräumt – und das inmitten von wirklich großen und namhaften Konkurrenten.

Was waren zuletzt die größten Herausforderungen, die Ihr überwinden musstet?
Wir haben SAP eingeführt, um unsere Prozesse schneller zu machen. Für ein junges Unternehmen wie uns eine Besonderheit und natürlich ein Riesenprojekt, das viele Abteilungen sehr in Beschlag genommen hat. Und wie es halt im Leben so ist: Nicht alles funktioniert auf Anhieb. Vor allem unser Customer Support hat das gespürt: Es gab anfangs Bugs bei der Zuordnung von Bestellungen und einige Kund:innen mussten wahnsinnig lang warten, bis wir uns bei ihnen zurückmelden konnten. Das tut uns immer noch sehr leid. Aber langsam spielt sich alles ein.

Es herrscht derzeit Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Was ist Deine Sicht auf diese Eiszeit?
Natürlich bleiben auch wir nicht von den Ungewissheiten und Problemen inmitten dieser Wirtschaftskrise verschont. Aber wir wissen auch, wie man Krisen meistert und wie daraus auch neue Chancen entstehen können – schließlich sind wir mit everdrop gestartet, als die Corona-Pandemie losbrach. Wir hatten aber auch das große Glück, letztes Jahr unsere Series B abzuschließen. Ich bin überzeugt: Innovative, nachhaltige Ideen verlieren nicht an Bedeutung, weil eine Krise herrscht – im Gegenteil.

Wie ist überhaupt die Idee zu everdrop entstanden?
Meine Mitgründer und ich waren auf der Suche nach einer Idee, mit der wir den Alltag in unserer Gesellschaft ein bisschen nachhaltiger machen können. Also haben wir uns in unseren eigenen vier Wänden umgeschaut: Und das Problem, das uns da ins Auge sprang, kennt wohl jeder: Ein Putzmittelschrank voller Einwegplastikflaschen. Die nicht nur völlig unnötig für Müll sorgen, sondern in den meisten Fällen auch noch eine ästhetische Folter sind. So kamen wir auf die Idee, Tabs zu produzieren, die man selbst zu Hause in immer wieder verwendbaren, stylischen Flaschen auflöst.

Wie hat sich everdrop seit der Gründung entwickelt?
Wir haben in den letzten drei Jahren gezeigt: Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit funktionieren zusammen. Wir sind von drei auf heute rund 150 Mitarbeiter:innen gewachsen, haben über 40 Produkte auf den Markt gebracht, sind mittlerweile in fünf Ländern aktiv – online aber auch im Einzelhandel, haben im Juli 2022 erfolgreich eine Series B in Höhe von 80 Millionen Euro abgeschlossen und konnten Jahresumsätze im zweistelligen Millionenbereich erzielen. Dazu kommt unser positiver Impact: In den letzten drei Jahren konnten wir gemeinsam mit unserer Community knapp 9 Millionen Einwegplastikflaschen, 1.300 Tonnen chemische Rohstoffe und 150.000 Quadratmeter Plastikfolie einsparen.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Als junge Firma ist es ganz normal, dass immer wieder etwas schief läuft. Innovative Lösungen sind anfangs einfach nicht perfekt. Deswegen verstehen wir unsere Produkte wie eine Software in ständiger Verbesserung. Und es ist schon viel schief gegangen. Ob es Produkte waren, die kaputt bei unseren Kund:innen angekommen sind, Papier-Sachets, die bei der Lagerung feucht geworden sind oder Inhaltsstoffe die noch nicht zu 100 % unseren Vorstellungen entsprechen. Das Wichtigste für uns ist es, Misserfolge offen zu kommunizieren. Wir berichten über unsere Wins & Fails auf unserer Website. Was noch nicht so läuft, wie wir es uns wünschen. Woran wir gerade arbeiten, um noch besser und nachhaltiger zu werden. Und welche Probleme wir schon lösen konnten.

Wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Definitiv bei unserem wundervollen Team, ohne das wir heute nicht da wären, wo wir sind. Wir sind wahnsinnig stolz auf alle Menschen, die diesen ganzen Weg mit uns gehen. Wir alle sind auf einer gemeinsamen Mission und können uns zu 100 Prozent aufeinander verlassen. Wir möchten ein Arbeitgeber sein, der die Werte der Mitarbeiter:innen teilt, der sie inspiriert, der einen Sinn bietet und eine Arbeitsumgebung, die Raum zur Selbstverwirklichung lässt.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Verliert nie das Ziel aus den Augen! Wenn man als junge Firma frischen Wind in eine Branche bringt, dann begegnen einem so einige Hürden. Ob es Menschen sind, die anfangs nicht an einen glauben oder einem Steine in den Weg legen, ob es Fehler sind, die einem als junges Unternehmen passieren oder es die rasante Geschwindigkeit ist, mit der man entscheiden muss und wächst – wichtig ist, sich immer daran zu erinnern, warum man losgegangen ist.

Welches Projekt steht bei Euch in den kommenden Monaten ganz oben auf der Agenda?
Weiter den stationären Handel erobern – auch in den internationalen Märkten.

Wo steht everdrop in einem Jahr?
Wir werden als robustes und flexibles Unternehmen aus der Wirtschaftskrise hervorgehen. Unser Umsatz und damit gleichzeitig auch unser positiver Impact wird weiter wachsen. Wir werden präsenter im stationären Handel sein und so nachhaltigere Alltagsprodukte noch mehr in der Gesellschaft etablieren. Außerdem wollen wir auch international echten Impact haben und den Menschen noch viel mehr innovative, nachhaltigere Produktalternativen anbieten.

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Foto (oben): everdrop

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.