#Gastbeitrag
So baut man erfolgreich DeepTech-Teams auf
Idee, Funding, Team – das vielzitierte, perfekte Rezept für den Erfolg eines Startups. Eigentlich braucht es sogar nur ein gutes Team, denn das wird aus jeder Idee und unter allen (finanziellen) Umständen ein tragfähiges Geschäftsmodell kreieren können. Auch bei Deeptech-Startups ist das der Fall, in besonderem Maße sogar. Denn hier braucht es die smartesten Köpfe in der jeweiligen Fokustechnologie sowie in der Branche, für die eine Lösung geschaffen wird.
Aber wie werden erfolgreiche Deeptech-Teams gebaut? Welche speziellen Anforderungen an den Recruiting-Prozess gibt es? Diese Fragen stellen sich nicht nur einzelne Teams. Auch Company Builder und Venture Studios suchen nach der perfekten Lösung, um erfolgreiche Teams „on scale“ aufzubauen. Hier sind Tipps für alle (Deeptech)-Gründer:innen und die, die es werden wollen:
Networking, Networking, Networking
Die erste Herausforderung beim Recruiting: Wo kommen die Top-Leute her? Gerade im Deeptech-Bereich passiert – relativ gesehen – aktuell noch sehr viel auf Forschungsseite, weniger auf Unternehmensseite. Die größten Talente warten also noch an den Universitäten und Forschungsinstituten darauf, entdeckt zu werden oder selbst ihr Schicksal als Entrepreneure in die Hand zu nehmen.
Wer ein Deeptech-Unternehmen gründen will, sollte schon frühzeitig – weit vor einer möglichen Gründung! – sein Netzwerk in der Academia-Welt ausbauen. Das geht heutzutage ja ohne selbst um den Globus reisen zu müssen, LinkedIn und Zoom sei Dank.
Netzwerke lassen sich aber auch sehr gut offline bauen. Die Teilnahme an oder sogar Organisation von Events oder Meetups kann helfen, im ersten Schritt ganz unvoreingenommen mit Talenten in Kontakt zu kommen. Regelmäßige Veranstaltungen helfen, sich in die Community einzubringen und damit auf sich und das Vorhaben aufmerksam zu machen.
Interdisziplinäre Gründer:innen-Teams lösen das „Dual PhD Problem“
Wer im Deeptech-Bereich gründen will, sollte sich einer Sache bewusst sein: Um wirklich disruptive Unternehmen aufzubauen, muss man also nicht nur die Fokustechnologie, sondern auch weitere Domänen verstehen. Denn Technologie wird in der Regel ja dafür eingesetzt, um die Leistung oder Verfügbarkeit in sehr spezifischen Bereichen zu verbessern. Aber allein die Bereiche, in denen das größte Potenzial für die Auswirkungen von Deeptech liegt – zum Beispiel in der synthetischen Biologie, der Mobilität oder in der Medizin – erfordern aufgrund der schnellen Abfolge von Innovationssprüngen eine hohe Aufmerksamkeitsspanne auf Doktorand:innen-Niveau.
So entsteht das „Dual PhD Problem“: Für eine Person ist es heutzutage unmöglich, in zwei verschiedenen Feldern exzellent zu sein, akademisch und/oder operativ. Das müsste sie aber, um erfolgreich zu gründen. Aus diesem Grund ist Interdisziplinarität im Gründer:innen-Team ein entscheidendes Erfolgskriterium für Deeptech-Startups. In einem idealen Setup kommen dann Expert:innen aus bestimmten Domänen und technologisch Versierte als Co-Gründer:innen zusammen – und das „Dual PhD Problem“ wird gelöst. Diesen Aspekt sollte man immer im Hinterkopf haben, wenn man ein erfolgreiches Unternehmen aufbauen will.
Recruiting ist Teamwork
Als Gründer:in ist man selbst gerade anfangs immer der:die beste Recruiter:in. Schließlich geht es darum, andere für eine Vision zu gewinnen, die noch nicht greifbar ist. Sobald wie möglich aber sollten Hiring und Recruiting kollaborativ angegangen werden. Am besten mit einer Person, die in Sachen HR sowie „People & Culture“ schon Erfahrungen hat — so professionalisiert man die Prozesse schneller.
Der Einsatz von speziellen HR-Tools erleichtert die Zusammenarbeit mit anderen Kolleg:innen, weil so auch bei mehrstufigen Rekrutierungsprozessen Informationen zum Potential nicht verloren gehen.
Praxis-Tests für IQ und EQ
Wenn die Gespräche in den Interviewrunden gut laufen und es konkreter wird, dann muss geschaut werden, ob ein:e Bewerber:in ins Team passt. Kandidat:innen im Engineering sollten zudem schon einen Online-Test machen, um ihre Skills zu beurteilen. Ein essentieller Baustein im Recruiting, gerade bei Deeptech-Startups bei denen es in besonderem Maße auf technische und fachliche Expertise ankommt, sind „Onsite Days“. Dabei arbeiten die Kandidat:innen – sofern möglich – vor Ort im Team an einem Projekt, das sie dann präsentieren.
Dieser Prozessschritt ist deswegen so wertvoll, weil so neben fachlicher Expertise, inhaltlichen und methodischen Kompetenzen (IQ) auch der „cultural fit“ und zwischenmenschliche Fähigkeiten (EQ) sichtbar werden. Der Fit zum Wertesystem eines Teams ist nämlich enorm wichtig, etwa wenn die Dinge mal nicht so laufen, wie geplant. Wenn die Skills zwar passen, aber sich schon anfangs kulturelle Probleme andeuten, muss es im Zweifel ein klares „Nein“ für die jeweilige Person geben. Das ist für beide Seiten besser so, denn dann weiß jede:r genau, woran sie:er ist.
Die Suche nach geeigneten Teammitgliedern für ein Deeptech-Startups ist schwierig, weil das Umfeld besonders komplex und damit anspruchsvoll ist. Um Top-Talente anzuziehen, braucht es ständig neue Strategien. Deshalb sollten alle Recruiting-Ansätze fortwährend optimiert und verfeinert werden.
Über den Autor
Adrian Locher ist Co-Gründer und CEO des Venture Studios Merantix, das den Transfer von KI-Forschung zur Anwendung forciert. Merantix unterstützt die Gründung von KI-Startups durch Ideenfindung und Marktvalidierung, Team-Aufbau und Finanzierung. Locher ist seit mehr als 15 Jahren als Seriengründer und Angel-Investor in Europa und den USA aktiv.
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