Thomas Grimme von Bleywaren.de
„10.000 Euro sollte man für den Aufbau einplanen”
Mit Thomas Grimme (30) als Online-Chef ist die Firma Bley nun seit sechs Generationen in Familienhand. Gegründet 1827 war das Unternehmen bereits ein Landwirtschaftshandel, ein Schmiedebetrieb und wurde schließlich zum Fachgeschäft für Haushaltswaren und Wohnaccesssoires. Der 29-Jährige Ur-Ur-Urenkel soll es nun ins 21. Jahrhundert führen. „Mein Vater erkannte, wie wichtig das Internet für den Vertrieb geworden ist, gehört selbst aber nicht der Internet-affinen Generation an“, erzählt Grimme. Also musste der Sprössling ran.
Bisher sieht es mit der Entwicklung von Bleywaren.de gut aus: Im Dezember sei er das erste Mal auf Monatsbasis profitabel gewesen, freut sich Grimme. Das war nach einem dreiviertel Jahr. Bis zum endgültigen Break Even könnte es aber noch etwas dauern, Grimme rechnet mit insgesamt zwei Jahren. Wenn es soweit ist, wird kräftig gefeiert.
„Man kann sich doch in vieles reinarbeiten.“
Von seinen Qualifikationen her ist Grimme sicherlich nicht der geborene Onlineshop-Experte. Sein VWL-Studium in Amsterdam hat er abgebrochen, danach Geschichte und Politik in Berlin studiert. Gestört hat ihn sein Werdegang nie: „Man kann sich doch in vieles reinarbeiten. Im Studium lernt man immerhin, wie man sich die richtigen Informationen beschaffen kann.“
Ein bisschen überrascht waren er und sein Vater dann doch, wie anspruchsvoll der Aufbau eines Online-Shops ist: Was von außen aussieht, als hätte einfach jemand ein paar Produktbilder online gestellt, ist in Wirklichkeit ein komplexes Geschäft. Grimme hat sich in zahlreiche Bereiche hineingearbeitet, darunter Bildbearbeitung, Marketing, Social Media, Logistik, Kundenbetreuung, Google Adwords, Produktpflege und auch den Fachblog betreibt er selbst. Auf die Frage, ob er nicht doch besser BWL oder VWL studiert hätte, lacht er: „Dann würde ich heute keine guten Blogbeiträge schreiben.“
Wichtigeste Gründereigenschaft: den Überblick behalten
Knapp eineinhalb Jahre alt ist Bleywaren.de heute. Grimme ist selbst erstaunt, was er in dieser kurzen Zeit gelernt hat, „just learning by doing“. Da können die acht Jahre Studium nicht mithalten. Eines hat er aber bereits mitgebracht, der Neu-Berliner hält es für eine unerlässliche Gründereigenschaft: „Ich hatte immer einen guten Überblick, was zu tun ist und was nicht.“ Früher hat ihm das Arbeit im ABI-Komitee beschert, heute hilft ihm sein Orga-Talent dabei, als Shopbetreiber sämtliche Dinge auf dem Schirm zu haben und täglich Entscheidungen zu treffen.
Nicht schlecht wäre es gewesen, selbst programmieren zu können, räumt Grimme ein. Das meiste Geld werde in diesem Bereich verschlungen. Ein Freund riet ihm zum Shopsystem „Spreecommerce“, die Vorteile klangen überzeugend: kostenlos, Open Source, individualisierbar. Schnell zeigte sich aber, dass das System im deutschen Markt noch nicht verbreitet ist. Den meisten Logistikpartnern, Bezahldienstleistern und Wartenwirtschaftssystemen fehlte die entsprechende Schnittstelle, was wiederum Extra-Arbeit für die Programmierer bedeutete.
Grimme selbst hatte ein Budget von 15.000 Euro für den Aufbau des Shops zur Verfügung. Im Wesentlichen sei er damit klar gekommen, berichtet der Junggründer. Und rät: „10.000 Euro sollte man für den Aufbau eines Online-Shops auf jeden Fall einplanen. Letztendlich hängt die Kostenfrage stark am Umfang der Agenturleistung.“
Eine andere schwierige Frage war die nach der Produktauswahl. Grimme entschied sich, nicht in Konkurrenz zu den „Großen“ zu treten und über den Preis zu konkurrieren. Statt dessen werden im Shop nur etwas zehn Prozent des Ladensortiments abgebildet. Um aus der Vergleichbarkeit heraus zu kommen, bietet Bleywaren.de außerdem noch ein paar besondere Produkte von kleinen Manufakturen an.
Nächste Idee: Eine Schwangerschafts-App
Um Bleywaren.de aufzubauen, zog Grimme wieder zu seiner Familie nach Cloppenburg „in die Provinz“. Seit Anfang des Jahres operiert er nun wieder hauptsächlich von Berlin aus und pendelt. In der Hauptstadt findet er die richtigen Dienstleister und Ratgeber, darunter viele Kontakte aus Studienzeiten.
Alt werden will Grimme mit Bleywaren.de aber nicht: Wenn es läuft, wird er den Shop irgendwann auch wieder abgeben. Dann will er sich neuen Projekten widmen und ist schon im Gespräch mit einem seiner Brüder, der die Idee zu einem modernen Schwangerschaftsbegleiter in Form einer App entwickelt hat. Eine wirklich interessante Entwicklung.