#Interview
“Ich versuche, um Punkt 18:00 Uhr Feierabend zu machen”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Dieses Mal antwortet Sebastian Kroth, Gründer von Alrighty. Das Münchener Startup produziert Kaffee in “Spitzenqualität, der nicht nur fair, sondern auch noch Caretrade ist”.
Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Jeder Tag sieht in meinem Alltag anders aus. Den Morgen geben meine Kinder vor, bis zum Kitadrop ist Familienzeit. Danach wechseln meine Themen als Gründer und CMO konstant, von Teammeetings über Konzeption bis hin zu Business Development. Um die Komplexität zu wuppen, geht für mich nichts über eine Struktur und Prioritäten setzen. Dafür plane ich meine Woche am Sonntagabend und schaue jeden Morgen, ob ich etwas am Plan ändern oder verschieben muss. Ich bin ein klassischer To-Do-Listen-Typ, auch wenn ich ständig zwischen digitalen Tools und einem Blatt Papier hin und her wechsle. Auch wenn alles digital vermutlich effizienter wäre, liebe ich es einfach, physisch einen Tick hinter ein To-Do zu setzen.
Wie schaltest Du nach der Arbeit ab?
Es ist vielleicht nicht das klassische “Abschalten”, aber ich versuche, um Punkt 18:00 Uhr Feierabend zu machen, um dann gemeinsam mit meiner Frau zu kochen und den Abend mit den Kindern und ihr zu verbringen. Wenn ich etwas mehr Zeit finde, dann verbringe ich gerne Zeit mit Freunden oder mache eine Runde Sport. Wenn ich mal ein Thema ganz in Ruhe abarbeiten will, dann setze ich mich auch nochmal an den PC, wenn alle Kids im Bett sind.
Was über das Gründer:innen-Dasein hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Ich habe unterschätzt, wie kompliziert und langwierig der eine oder andere bürokratische Prozess sein kann, besonders wenn man einen produzierenden Betrieb führt. Denn wir betreiben neben unserem Online-Shop alrighty.coffee auch eine eigene Alrighty Rösterei mit angeschlossenem Café. Was ich zudem in Theorie wusste, aber jetzt erst richtig fühle, ist, dass man die Vor- und Nachteile des Corporate Lebens im Gegensatz zu denen des Startup Lebens ständig widergespiegelt bekommt. Zum Beispiel im Hinblick auf Prozesse, Entscheidungsfreiheit bzw. -pflicht, verfügbare Budgets, Politics etc. Ich bin sehr froh, beides erlebt zu haben bzw. erleben zu dürfen und zu lernen, eine gelebte Balance zu den Themen und ihren positiven und negativen Seiten zu finden. Denn am Ende kommt es immer auf die Perspektive an.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstest?
Wenn wir mal alles wie Funding und Bürokratie, wie eben bei der Eröffnung unserer Alrighty Rösterei, außen vor lassen, dann ist es bei mir vor allem die eigene Überwindung gewesen, aus der gefühlten Komfortzone Konzernleben und -karriere auszusteigen, mit einem etablierten Netzwerk und allen Vorteilen, die es zu bieten hat.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Beim Startup hast du ehrlich gesagt nicht viele Chancen, bei Angestellten danebenzuliegen. Daher ist es umso wichtiger, den richtigen Fit zu finden. Da ist Vertrauen im Zweifel wichtiger als fachspezifische Kompetenz. Unser Alrighty Team besteht neben meinen Mitgründern Volker Meyer-Lücke und Daniel Rizzotti, die jahrzehntelange Erfahrung in der Kaffeebranche mitbringen, vor allem aus Personen aus unserem erweiterten Netzwerk.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Durchatmen. Es ist ein Marathon, kein Sprint. Netzwerken. Es gibt immer jemanden in deinem Umfeld, der dein Problem schon dreimal hatte.
Ohne welches externe Tool würde Dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Es gibt nicht das eine Tool wie MS Teams, Trello, Asana, Slack etc., das für uns entscheidend ist. Ich würde die Frage gerne anders beantworten. Die Qualität unserer Produkte steht für mich an oberster Stelle – nicht nur geschmacklich, sondern vor allem in Bezug auf unsere Philosophie, wie wir unseren Rohkaffee beziehen wollen. Unsere Fragestellung war nicht, wie wir mit “was auch immer” viel Geld verdienen können, sondern wie wir das, was wir machen, wirklich gut machen und damit gleichzeitig erfolgreich sein können. Immer wieder auf die Dinge zu schauen und zu wissen, dass sie gut gemacht sind, mit guten Leuten, einer guten Lieferkette, guten Rohstoffen etc. Das sind für mich die Treiber, jeden Morgen wieder weiterzumachen, auch wenn es mal nicht läuft. Ohne die Menschen, Kollegen und Freunde, die bei Alrighty diesen Ansatz mit uns verfolgen, würde das Startup nicht existieren.
Wie sorgt Ihr bei Eurem Team für gute Stimmung?
Ich glaube, neben den Klassikern wie gemeinsam etwas zu unternehmen, sind die wichtigsten Themen, wie in allen Bereichen des Lebens, Transparenz, wirklich Zuhören und Verlässlichkeit. Zumindest sind das die Leitlinien, die ich für mich habe, um egal wem auf Augenhöhe zu begegnen.
Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Das Beeindruckendste für mich war zweifelsohne, Zeit mit unserer Schirmherrin Jane Goodall verbringen zu dürfen. Unsere Themen mit ihr zu diskutieren und neben ihrer Meinung und ihrer Ratschläge vor allem ihre Aura zu fühlen. War das wild? Ich würde sagen, ziemlich wild.
Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag aus? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.