#Interview

“Die größte Hürde war es, das eigene Bauchgefühl gegen die Vernunft gewinnen zu lassen”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Findet die richtigen Mitgründer. Gegenseitiges Vertrauen und ein gemeinsamer Glaube an die Vision sind unerlässlich", gibt Torsten Born von Tronity anderen Gründer:innen mit auf den Weg.
“Die größte Hürde war es, das eigene Bauchgefühl gegen die Vernunft gewinnen zu lassen”
Freitag, 19. Juli 2024VonTeam

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Dieses Mal antwortet Torsten Born, Gründer von Tronity. Das Startup aus Mannheim bietet mit seiner App eine “innovative Lösung für alle E-Autobesitzer:innen”.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Mein Tag beginnt früh als zweifacher Familienvater und Geschäftsführer. Bereits auf dem Weg ins Büro widme ich mich den aktuellen Unternehmenszahlen. Im Büro angekommen, setzen wir uns zu schnellen Abstimmungsrunden zusammen, fokussieren uns auf Produktentwicklung und Vertrieb. Der restliche Tag ist geprägt von Meetings mit Kunden, dem Management verschiedener Stakeholder und der Vorbereitung von Terminen. Bleibt dann noch Zeit, unterstütze ich das Team, wo aktuell der größte Bedarf besteht.

Wie schaltest Du nach der Arbeit ab?
Nach der Arbeit genieße ich die Zeit mit meiner Familie. Sie hilft mir beim Abschalten vom hektischen Startup-Alltag. Hier haben andere Themen Priorität und das ist gut so. Das hilft manchmal sogar im Job. Wir genießen es, als Familie gemeinsam zu kochen und am Wochenende gibt es ab und an ein Barbecue mit Freunden. Bei regnerischem Wetter erkunde ich gerne gemeinsam mit meinen Kindern das Technikmuseum in Mannheim. Das begeistert nicht nur mich, sondern auch meine Familie.

Was über das Gründer:innen-Dasein hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Ein Startup zu führen, ist vergleichbar mit einer wilden Achterbahnfahrt. Und zwar jeden Tag. Dafür braucht es gute Nerven und ein Team, das zusammenhält. Auf der einen Seite steht die Freude über Erfolge, Vertragsabschlüsse, Fortschritte oder auch positive Feedbacks, aber einen Augenblick später warten schon die nächsten, manchmal unüberwindbar wirkenden, Herausforderungen. Das ist nicht nur inhaltlich, sondern auch emotional wirklich anspruchsvoll.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstest?
Die größte Hürde war es, das eigene Bauchgefühl gegen die Vernunft gewinnen zu lassen. Ich hatte einen guten Job und Verantwortung gegenüber meiner Familie. Der Schritt raus aus der Komfortzone der vertrauten Corporate-Welt ins Unbekannte war schon groß. Ich kann aber nur jedem raten: Glaubt an Eure Vision und zieht es durch. Egal wie die Reise endet, der Weg dorthin bringt so viele neue Erfahrungen und fördert das persönliche Wachstum. Eine große Herausforderung waren auch die sehr unterschiedlichen Förderstrategien in den einzelnen Ländern. Aber heute ist Tronity in mehr als 45 Ländern vertreten.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Ich hätte früher meine Visionen und Ideen verwirklichen sollen. Ich habe gelernt, dass es wichtig ist, den richtigen Zeitpunkt für Veränderungen zu erkennen. Dabei muss man auch mutig sein und entschlossen für seine Ideen einstehen. Eine gewisse Risikobereitschaft gehört zum Gründen dazu, denn wer sich nicht traut, groß zu denken, wird schnell scheitern. Als wir unsere ersten Gespräche mit den Autoherstellern geführt haben, kannte uns keiner. Aber wir waren gut vorbereitet und wurden mit jeder Präsentation sicherer. Heute kooperieren wir mit 20 Marken, darunter Hersteller wie Ford, Mercedes, Opel, Peugeot, Volkswagen oder Porsche.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter:innen für sein Startup?
Der Arbeitsmarkt hat sich massiv verändert. Mitarbeitende suchen nach sinnstiftenden Aufgaben, nach einer Identität, einem Wertekodex, der dem ihren entspricht. Deshalb ist es heute wichtig, eine klare Vision zu haben, die auf diese Werte einzahlt. Wir stellen immer wieder fest, dass der Wunsch nach Veränderungen und Nachhaltigkeit ein großer Motivator ist. Dazu zählt auch der Wunsch nach Mitsprache. Mitarbeitende wollen mitgestalten und nicht einfach nur Aufgaben ausführen. Wer das berücksichtigt, zieht nicht nur die richtigen Talente an, sondern bindet sie auch langfristig. Menschen, die sich für dieselbe Vision einsetzen wollen, sind motiviert, gemeinsam für ihre Verwirklichung zu kämpfen.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Findet die richtigen Mitgründer. Gegenseitiges Vertrauen und ein gemeinsamer Glaube an die Vision sind unerlässlich. Wenn dann noch unterschiedliche Fähigkeiten
zusammenkommen, kann man sich ergänzen, fordern, motivieren und gemeinsam wachsen. Im Idealfall habt ihr dann eine Zusammensetzung, die Euch einzigartig und vor allem resilient macht.

Ohne welches externe Tool würde Dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Ein unverzichtbares externes Tool für unser Startup ist Stripe. Es bildet die Basis unseres SaaS-Angebots und ist somit entscheidend für unseren Betrieb, um ein globales Angebot zu schaffen.

Wie sorgt Ihr bei Eurem Team für gute Stimmung?
Bei Tronity organisieren wir unser Unternehmen entlang von quartalsweisen Releases. Zum Abschluss eines jeden Quartals und zur Vorbereitung auf das Nächste treffen wir uns als verteiltes Team für eine Woche an einem neutralen Ort. Diese Zeit nutzen wir nicht nur intensiv für die Überprüfung des vergangenen Releases und die Planung des kommenden Releases, sondern auch für den persönlichen Austausch und Teambuilding. Bei jedem dieser Treffen organisieren wir ein besonderes Event, das die Teammitglieder einander näherbringt und unvergessliche Momente schafft.

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
IAA 2021: An unserem kleinen Startup-Stand waren wir gerade in ersten Verhandlungen mit einem Autohersteller über die Datenintegration in Tronity. Plötzlich tauchte eine Gruppe von Leuten auf, die sich sehr lautstark positiv über unser Unternehmen äußerte und dies mit spontanen “High Fives” bestätigte. Der Autohersteller war etwas perplex und suchte nach Bestätigungen: “Das ist Eure Community?” Ich denke, das hat den Vertragsabschluss etwas beschleunigt. ;-)

Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag aus? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.

Foto (oben): Tronity