#Interview

“Findet eure ‘Ride or Die’ Co-Gründer:in”

Bei Löwenzahn Organics dreht sich alles um "Bio-Babynahrung und Produkte für Mamas". Derzeit peilt das Team 10 Millionen Umsatz und Profitabilität an. "Jede Wachstumsphase hatte ihre eigenen Herausforderungen und Schwerpunkte", sagt Gründerin Liz Sauer Williamson.
“Findet eure ‘Ride or Die’ Co-Gründer:in”
Mittwoch, 19. Juni 2024VonAlexander Hüsing

Das Berliner Startup Löwenzahn Organics, 2016 von Liz Sauer Williamson und Alice Mrongovius gegründet, setzt auf “Bio-Babynahrung und Produkte für Mamas für die ersten 1.000 Tage”. In den vergangenen Jahren flossen bereits rund 8 Millionen Euro in das Unternehmen, das derzeit 15 Mitarbeiterinnen beschäftigt. Aktuell peilt das Team einen Umsatz in Höhe von rund 10 Millionen und Profitabilität an.

“Unsere größte Challenge war und ist das Fundraising. Wir suchen Investor:innen, die die Gesundheit von Müttern und Babys nicht als Nische empfinden, obwohl diese Industrie weltweit 75 Milliarden US-Dollar wert ist. Investor:innen, die anerkennen, dass wir in einer Industrie, die seit hundert Jahren in Deutschland von großen Säuglingsnahrungsherstellern geführt wird, immer wieder durch Marktneuheiten hervorstechen, kurz vor der Profitabilität stehen und international expandieren, obwohl – oder weil? – wir Mütter sind”, sagt Gründerin Sauer Williamson zum Stand der Dinge bei Löwenzahn Organics.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht die Jungunternehmerin außerdem über Geschäftschancen, Testsiege und Werte.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Löwenzahn Organics erklären?
Löwenzahn Organics unterstützt mit seinen innovativen Bio-Produkten die Ernährung von Mamas und Babys in den ersten 1.000 Tagen von der Schwangerschaft bis zum zweiten Lebensjahr des Kindes.

War dies von Anfang an euer Konzept?
Wir haben uns nicht umorientiert, aber jede Wachstumsphase hatte ihre eigenen Herausforderungen und Schwerpunkte und auch die Skalierung der Geschäftstätigkeit über mehrere Kanäle und Märkte hinweg ist natürlich eine Herausforderung für sich. Wir haben unser Konzept eher um einen elementaren Teil erweitert: Wir haben mit unserer Säuglingsmilch angefangen, weil es für uns kein zufriedenstellendes Vergleichsprodukt auf dem Markt gab. Doch nachdem wir mit unseren Ernährungswissenschaftlerinnen jahrelang Studien gewälzt hatten, stand für uns fest: Die Mutter und ihre Gesundheit sind der Schlüssel. Deshalb gibt es bei uns nun auch Produkte für Mamas Ernährung. Ein Feld, dem in Deutschland so gut wie keine Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Aber das ändert sich jetzt glücklicherweise.

Was waren die größten Herausforderungen, die Ihr bisher überwinden musstet?
Unsere größte Challenge war und ist das Fundraising. Wir suchen Investor:innen, die die Gesundheit von Müttern und Babys nicht als Nische empfinden, obwohl diese Industrie weltweit 75 Milliarden US-Dollar wert ist. Investor:innen, die anerkennen, dass wir in einer Industrie, die seit hundert Jahren in Deutschland von großen Säuglingsnahrungsherstellern geführt wird, immer wieder durch Marktneuheiten hervorstechen, kurz vor der Profitabilität stehen und international expandieren, obwohl – oder weil? – wir Mütter sind.

Ist das Fundraising alleine dadurch eine Herausforderung, dass die meisten klassischen Venture Capitalisten von Männern geführt werden?
Nein. Das Fundraising ist immer eine Challenge, für jedes Startup. Ist es für Frauen eine größere Herausforderung? Schauen wir uns doch einmal die Zahlen an: Im Jahr 2023 gingen 11 % des Venture-Kapitals in Europa an von Frauen geleitete oder von Frauen mitbegründete Unternehmen. Im Schnitt erhalten männliche Teams außerdem neunmal mehr Kapital als weibliche und diverse. Das kann jede*r für sich selbst aufschlüsseln, denke ich.

Wie hat sich Löwenzahn Organics seit der Gründung entwickelt?
Wir beschäftigen derzeit 15 Angestellte. 2024 peilen wir einen Umsatz von rund 10 Millionen Euro an – was ein Wachstum von 31 % gegenüber dem Vorjahr 2023 wäre.

Euer gesamtes 15 köpfiges Team besteht aus Frauen. War dies immer so geplant, oder hat es sich im Laufe der Jahre einfach ergeben?
Wir würden niemals jemanden ausschließen, auch in Zukunft nicht, das war also nicht so geplant. Die Ernährung von Babies und vor allem Müttern liegt aber immer noch hauptsächlich im Interessensgebiet von Frauen. Unsere Zielgruppe besteht ja auch zu 80 % aus Müttern. Deshalb sind wir nun ein hochqualifiziertes Team aus ausschließlich Frauen und Müttern, die sich nicht irgendwann zwischen Familie und Karriere entscheiden müssen/mussten und das feiern und leben wir auch.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schiefgegangen?
Wir haben das Privileg einer großen Nachfrage, aber ohne Finanzierung haben wir dadurch einige Geschäftschancen verpasst. Durch COVID-19 wurde unser internationales Geschäft in Asien unterbrochen. Das war natürlich bitter für uns. Jetzt starten wir dort aber wieder durch!

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
In den letzten Jahren haben wir zwei Marktneuheiten herausgebracht und für ein anderes Produkt sind wir zum Testsieger ernannt worden. Das ist nicht zuletzt die Arbeit eines engagierten, loyalen Teams. Zudem haben wir tolle Beziehungen zu unseren Lieferanten aufgebaut. Ihre Geduld mit uns als Startup war unglaublich und hat es uns ermöglicht, weiter zu wachsen.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Findet eure “Ride or Die” Co-Gründer:in. Jemanden, der hinter euch steht, die gleichen Werte teilt und für euch da ist – und natürlich umgekehrt.

Wie hast du deine “Ride or Die”-Mitgründerin gefunden?
In den Anfangstagen von Delivery Hero, damals im Jahr 2013, war diese temperamentvolle, über 1,80 m große Australierin kaum zu übersehen. Nach einigen Meetings bei Delivery Hero wusste ich, dass wir wieder zusammenarbeiten würden. Sie wusste das damals vielleicht noch nicht, aber ich schon, und deshalb ließ ich nicht locker. Ich bin froh, dass ich das nicht getan habe. Und jetzt, nach all den Jahren, die wir zusammenarbeiten, haben wir viele Höhen und Tiefen durchlebt, wie das eben in diesem Achterbahn-Zyklus der Startup-Szene so ist. Wir teilen eine brutale Ehrlichkeit, können uns gegenseitig die Meinung sagen und danach trotzdem wieder normal miteinander sprechen. Und wir haben dieses Gleichgewicht, in dem wir uns gegenseitig aufrichten, wenn es dem einen oder dem anderen schlecht geht.

Wo steht Löwenzahn Organics in einem Jahr?
Wir werden profitabel sein und global expandieren.

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Foto (oben): Löwenzahn Organics

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.