#Interview

“NewSpace sollte eigentlich Commercial Space heißen”

Das junge NewSpache-Startup constellr misst Temperaturen aus dem Weltraum. Insgesamt flossen bereits rund 20 Millionen Euro in das Unternehmen aus Freiburg. In den kommenden Monaten geht das Unternehmen nun "in die operative Phase über".
“NewSpace sollte eigentlich Commercial Space heißen”
Montag, 6. Mai 2024VonAlexander Hüsing

Das Freiburger SpaceTech constellr, 2020 von Max Gulde, Christian Mittermaier und Marius Bierdel gegründet, entwickelt ein “skalierbares System zur Überwachung des Wasserbedarfs pro Parzelle im Agrar-Sektor”. Dabei setzt die Jungfirma auf Mikrosatelliten in Kühlschrank-Größe. Investoren wie Lakestar, VSquared Ventures, Karista und Einstein Industries Ventures investierten in den vergangenen Jahren bereits 17 Millionen US-Dollar in constellr. Insgesamt flossen bereits rund 20 Millionen Euro in das Unternehmen.

Durch Pilotprojekte erwirtschaftete das constellr-Team bisher 1 Million Euro Umsatz. In den kommenden Monaten geht das Unternehmen nun “in die operative Phase über”. “Bisher haben wir in etwa 60 Millionen Euro an kommerziellen Buchungsoptionen für unsere Daten erhalten sowie etwa 8 Millionen Euro an rechtsverbindlichen Buchungen”, sagt Gründer Gulde zum Stand der Dinge bei constellr.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht der Jungunternehmer außerdem über Entwicklungszeiten, bange Stunden und Kultur.

Wie würdest Du Deiner Großmutter constellr erklären?
constellr misst Temperaturen aus dem Weltraum, um dadurch die Ernährungssicherheit zu unterstützen. Temperatur ist entscheidend für Wasserverfügbarkeit, Wachtstumsgeschwindigkeit und Kohlenstoffbindung und kann helfen, Bewässerung zu optimieren, den richtigen Zeitpunkt für Düngemittelausfuhr zu finden oder die Saatsguttiefe einzustellen.

Wie hat sich constellr Unternehmen seit der Gründung entwickelt?
Wir sind inzwischen vier Jahre alt, haben in etwa 75 Mitarbeitende und etwa 1 Million Euro Umsatz durch Pilotprojekte, sind also quasi Pre-Revenue. Bisher haben wir etwa 20 Millionen Euro geraised und gehen in den nächsten 12 Monaten in die operative Phase über, wo dann zum ersten Mal größere Umsätze gezeichnet werden. Bisher haben wir in etwa 60 Millionen Euro an kommerziellen Buchungsoptionen für unsere Daten erhalten sowie etwa 8 Millionen Euro an rechtsverbindlichen Buchungen.

Wie seid Ihr mit euren Investor:innen in Kontakt gekommen?
Zumeist auf Konferenzen und per Cold Outreach – in beide Richtungen.

NewSpace ist derzeit ein ziemlicher Trend mit vielen neuen Unternehmen und Millioneninvestments. Wann und wie wird aus diesem Trend ein nachhaltiges Geschäft?
NewSpace sollte eigentlich Commercial Space heißen. Bisher war Space vor allem gekoppelt an große Missionen von Regierungen, die entweder wissenschaftlichen oder militärischen Nutzen haben sollten. Wir sehen seit ein paar Jahren, dass es eine deutliche Reifung des Marktes gibt, was daran liegt, dass spezialisierte Systeme nun den Anforderungen genügen, echte Probleme von Kunden zu lösen. Das konnte die Regierungs-Allrounder eher nicht. Getrieben wird der Markt von dem immer einfacheren und günstigeren Zugang zum Weltraum und den kürzeren Entwicklungszeiten der Hardware, aber auch durch den weltweiten Klimawandel und die damit verbundene Notwendigkeit, auf globaler Ebene verlässliche Daten zu sammeln. Alle Faktoren zusammen sorgen dafür, dass heutige Firmen nachhaltig operieren können. 

Blicke bitte einmal zurück: Was ist seit der Gründung so richtig schief gegangen?
So richtig schief nichts, sonst wären wir nicht mehr hier. Irgendwie konnten wir es dank unseres tollen Teams immer retten. Die brenzligste Situation war wohl, als unser Demonstrator LisR auf der ISS nicht ansprang. Das waren bange Stunden, die sich aber – wie auch am Boden – durch einen Neustart des WiFis haben lösen lassen – lag nicht an uns, war das WiFi der ISS.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Schlüssel sind die richtigen Leute und die richtige Kultur. Wir sind nicht perfekt, ganz klar, aber hier sehe ich, dass wir sehr gut gehandelt haben.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Hab’ Spaß, freu dich, wenn etwas klappt, kämpfe weiter, wen es mal nicht klappt, und behalte dein Ziel in den Augen. Erzähle nichts, von dem du nicht selbst überzeugt bist. Und stelle sicher, dass die ersten 10 Hires die besten Leute sind, die du bekommen kannst.

Wo steht constellr in einem Jahr?
Wir sind voll operationell, haben einen Satelliten im Orbit und sehen als Organisation ganz anders aus als heute. Es wird dann nur noch um die Skalierung gehen und wir werden das erste Mal ein Gefühl für den Impakt bekommen, den wir erzeugen können.

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Foto (oben): constellr 

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.