Von Team
Mittwoch, 29. November 2023

So habe ich in Krisenzeiten 17,5 Millionen eingesammelt

Gründer:innen müssen derzeit beweisen, dass sich ihre Geschäftsidee auch trägt. Entsprechend hat sich die Strategie für ein erfolgreiches Funding verändert. Für mein Startup konnte ich zuletzt 17,5 Millionen einsammeln. Dafür habe ich mit über 300 Investor:innen gesprochen.

Eine schwache Konjunktur, Inflation und zurückhaltende Wagniskapitalgeber machen Funding seit Monaten zu einer sehr herausfordernden Aufgabe. Laut dem Deutschen Startup Monitor 2023 sind die Finanzierungen im Vergleich zu 2022 weiter gesunken und liegen jetzt deutlich unter dem Niveau des Rekordjahres 2021. Damals sah die Welt noch ganz anders aus. Alle Zeichen standen auf Wachstum und entsprechend konnte man mit einer guten Idee und großen Plänen schnell sehr viel Geld einsammeln. Das wurde mit der globalen Rezession von einem neuen Mantra der VCs abgelöst: dem “Path to Profitability”. Jetzt müssen Gründer:innen beweisen, dass sich die Geschäftsidee auch trägt. Entsprechend hat sich auch die Strategie für ein erfolgreiches Funding sehr verändert. Für mein Startup konnte ich trotz eines einbrechenden Marktes 17,5 Millionen Euro in einer Series-A-Runde einsammeln. Dafür habe ich mit über 300 Investor:innen gesprochen. Die wichtigsten Tipps möchte ich gerne teilen, auch um anderen Gründer:innen Mut zu machen, dass die Lage herausfordernd, aber nicht aussichtslos ist.

Investiere in dich selbst

Die Vorbereitung einer Finanzierungsrunde ist sehr zeitaufwändig und nervenaufreibend, dafür sollte man als Gründer:in bereit sein. Für mich gehören dazu aber nicht nur ein gutes Pitch-Deck und eine Liste an relevanten VCs, sondern eben auch ein aufgeräumtes Selbst. Wagniskapitalgeber prüfen nicht nur deine Idee und wichtige Kennzahlen, sondern auch ob du als Gründer:in in der Lage bist, das Startup zum Erfolg, also zum erfolgreichen Exit zu führen. Es ist also von großem Vorteil, sich aufgeräumt, fit und professionell zu präsentieren. Ich achte generell auf einen gesunden Lebensstil, aber in der Phase des Fundings hat es sich besonders ausgezahlt, dass ich mich körperlich und mental fit halte. Auch wenn der Gedanke nahe liegt, das alles zu streichen, um Zeit zu sparen – es lohnt sich nicht. Wenn ihr wollt, dass andere in euch investieren, macht es selbst auch.

Mach es potentiellen Investor:innen so leicht wie möglich

Vor der Krise wurden Finanzierungsrunden in wenigen Wochen, manchmal sogar Tagen abgeschlossen. Jetzt aber lassen sich VCs wieder mehr Zeit und prüfen sehr genau. Um den Prozess nicht in die Länge zu ziehen, ist es deshalb entscheidend, einiges vorzubereiten.

Der Elevator Pitch: Es sind nur zwei bis drei Sätze, aber sie entscheiden, ob jemand dein Pitch Deck öffnen und dir Aufmerksamkeit schenken wird.

Pitch Deck: Am besten kurz halten und auf zwölf bis fünfzehn Folien eingrenzen. Die meisten Gründer:innen verzetteln sich hier und langweilen potentielle Investor:innen.

Data-Room: Hier listest du alle wichtigen Informationen für VCs sauber auf. Dazu zählen beispielsweise Links zum Finanzmodell, zum Organigramm, zu einer Partnerliste, einer groben Ausgabenplanung und zu allen relevanten sozialen Kanälen sowie Presse-Artikeln zu deinem Startup. Mach dem Analysten die Hausaufgaben so einfach wie möglich.

Der gesprochene Pitch muss sitzen

Du wirst deinen Pitch sehr oft halten. Das ist einerseits von Vorteil, denn du bekommst Übung, wirst sicher und hast kontinuierlich die Gelegenheit, dich und das Deck noch zu verbessern. Aber es ist auch nicht einfach, jedes Mal mit der gleichen Energie zu präsentieren und auch beim 282. Mal noch frisch zu wirken. Im Verlauf des Fundraising habe ich gelernt, dass die Aufmerksamkeitsspanne von VCs, die sich von morgens bis abends Pitches anhören, sehr kurz ist. Es kann helfen, den eigenen Pitch aufzunehmen und so die Zeit zu stoppen. Dann würde ich kürzen: Nimm unnötige Wörter raus, um klar aufzuzeigen, warum, was, und wie die Company etwas macht.

Ich habe im Laufe des Fundraisings radikal gekürzt. Begonnen habe ich mit fünf bis zehn Minuten. Am Ende waren es noch zwei bis drei Minuten. Im Rückblick würde ich gleich versuchen, mein Startup so prägnant vorzustellen.

Auch wenn es hektisch und zäh wird, checke die Basics

Fehler passieren und gehören dazu, aber in der Phase des Fundings kann dich das eben viel Geld kosten. Mir ist aufgefallen, dass es darauf ankommt, nicht nachzulassen und diese Basics zu beachten.

Checke dein Mikrofon, Licht und Kamera vor jedem Gespräch mit potentiellen Investor:innen, so dass nichts von deinem Pitch ablenkt.

Sei pünktlich, höflich und nützlich. Die Arroganz, mit der manche Gründer:innen im Rekordjahr 2021 aufgetreten sind, fand ich schon damals nicht angebracht. Jetzt kann sie geschäftsschädigend sein.

Gewöhne dich an Absagen und nimm sie nicht persönlich, überlege stattdessen, aus welchen Quellen du Kraft und Bestätigung schöpfen kannst, um einen Ausgleich zu schaffen.

Triff so viele Investor:innen wie möglich, aber gehe strategisch vor

Es ist wichtig zu wissen und gut zu recherchieren, mit wem du sprechen möchtest. Du hast die Wahl zwischen hoch spezialisierten Fonds und generalistischen Fonds mit einem großen internationalen Netzwerk. Ich finde es einen guten Anhaltspunkt zu schauen, wer bereits in deinem Bereich investiert hat. In der frühen Phase, zahlen sich spezialisierte Fonds aus, die häufig ein wenig kleiner sind. Hier kann das eingebrachte Know-How wirklich noch einen Unterschied machen und das mitgebrachte Netzwerk, öffnet euch wertvolle Türen. Das Wichtigste aber ist dann zu überlegen, wer eine Intro zu den potentiellen VCs machen könnte, denn auf Kaltakquise würde ich verzichten. Ich bin wie folgt vorgegangen und habe diese Quellen genutzt:

Nach den Kontakten ersten Grades, zu denen ihr einen direkten Draht habt, kommen Kontakte zweiten Grades: Wen kennt dein Netzwerk? Laut dem Deutschen Startup Monitor 2023 kennt jeder Gründer durchschnittlich 7,3 Gründer:innen. Nutze dieses Potential und bitte dein Netzwerk dir relevante Intros zu machen.

Neue Kontakte: Nimm an Hackathons und Events deiner Branche teil: Hier ist es wichtig, bereits im Vorfeld herauszufinden, ob und wenn ja, welche VCs anwesend sein werden. So kannst du dich noch gezielter vorbereiten und dich vom Veranstalter vorstellen lassen, manchmal sogar im Nachhinein per E-Mail.

Über den Autor
Philipp Zentner ist CEO und Co-Gründer von LI.FI. Das Berliner FinTech möchte “traditionellen Finanzunternehmen den Zugang zu DeFi erleichtern”.

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Foto (oben): Shutterstock