#Interview
“Die Ursprungsidee, mit der ich gegründet habe, ist gescheitert”
Das Berliner Startup Everphone, 2016 vom ehemaligen Check24-Vorstand Jan Dzulko gegründet, wollte sich zunächst als “Rundum-Sorglos-Club” für Smartphone-Besitzer. Inzwischen ist everphone ein Anbieter für Firmen-Smartphones. “Im Kern kaufen wir Smartphones ein und vermieten diese an Unternehmen. Wir übernehmen alle Prozesse von Beschaffung über Staging, Austausch bis hin zur Rücknahme und Weiterverwertung der Geräte. Im Grunde also ein All-in-One-Paket für Geschäftskunden”, sagt Dzulko.
Derzeit arbeiten 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Unternehmen. 2022 erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz in Höhe von 50 Millionen Euro – nach auf 18,6 Millionen, 7,9 Millionen bzw. 4,1 Millionen in den Jahren zuvor. 2021 lag der Konzernfehlbetrag bei 12,2 – nach 7,3 Millionen bzw. 3,1 Millionen in den Jahren zuvor. Zahlen für 2022 nennt das Unternehmen leider nicht. Insgesamt kostete der Aufbau von Everphone bis Ende 2021 rund 25 Millionen.
Cadence Growth Capital (CGC) und Co. investierten zuletzt 32 Millionen Euro in everphone. Cadence Growth Capital (CGC), Deutsche Telekom, AlleyCorp und signals Venture Capital investierten zuvor bereits zudem 200 Millionen US-Dollar (Eigen- und Fremdkapital) in das Unternehmen. Geld für weitere verlustreiche Jahre wäre somit noch vorhanden. Aber auch bei everphone dreht sich in diesen schwierigen Zeiten alles um Profitabilität.
Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Everphone-Gründer Dzulko über Flexibilität, Wertschöpfung und Boardmeetings.
Wie würdest Du Deiner Großmutter Everphone erklären?
Everphone verwaltet die Handys von Unternehmen in einer Art und Weise, dass die interne IT des Unternehmens überhaupt keine Arbeit damit hat. Everphone bietet Angestellten von Unternehmen ein Handy, das sie flexibel beruflich und privat nutzen können. Wir übernehmen den Einkauf, Installation, Versand, Austausch und die Rücknahme der Geräte. Die Mitarbeitenden wählen selbst ihr bevorzugtes Modell und bekommen dann das gewählte Gerät mit eigener Rufnummer nach Hause geschickt.
Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Im Kern kaufen wir Smartphones ein und vermieten diese an Unternehmen. Dazu bieten wir den Unternehmen gemeinsam mit unseren Partnern zusätzliche Services wie Phone Plans, Mobile-Device-Management (MDM) und End-to-End-Security an. Wir übernehmen alle Prozesse von Beschaffung über Staging, Austausch bis hin zur Rücknahme und Weiterverwertung der Geräte. Im Grunde also ein All-in-One-Paket für unsere Geschäftskunden, welcher die interne IT um circa 2 Stunden pro Gerät entlastet.
Zum Start war Everphone eine Art “Rundum-Sorglos-Club für Smartphone-Besitzer”. Wie seid ihr zum jetzigen Modell gekommen?
Ausschlaggebend für unseren Pivot von B2C zu B2B war das Interesse einer großen Unternehmensberatung an einer Rundum-Sorglos-Lösung für ihre Business-Smartphones. Nach einem erfolgreichen Pilot sind wir dann komplett auf das Thema B2B geschwenkt. Wir haben schnell gemerkt, dass die Wertschöpfung in B2B wesentlich höher ist, da große Flotten und die Anforderungen an IT-Ausstattung in Unternehmen wesentlich komplexer ist als bei Endkunden.
Was waren in den vergangenen Monaten die größten Herausforderungen, die Ihr überwinden musstet?
Der Wechsel von starkem Wachstum zu Profitabilität fordert ein Umdenken in fast allen Geschäftsbereichen.
Es herrscht derzeit Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Was ist Deine Sicht auf die aktuelle Eiszeit?
Die Krisenstimmung macht sich in der Startup-Szene vielfach bemerkbar, besonders sichtbar waren natürlich die vielen Massenentlassungen und Insolvenzen innerhalb der letzten zwölf Monate. Investoren sind allgemein kritischer bei Beteiligungen und schauen noch genauer auf Rentabilität und Profitabilität. Bei Everphone konnten wir zum Glück weiter wachsen und waren nicht gezwungen, Mitarbeitende massenhaft zu entlassen, das machte sich auch in der Stimmung der Teams bemerkbar. Auch wenn wir natürlich gerne schnell wachsen wollen, ist es uns immer wichtig, dies auch verantwortungsvoll und vorausschauend zu tun. Ich erinnere mich an ein Boardmeeting mit Investoren, in dem wir bereits kurz nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs über die möglichen Folgen und damit verbundenen Herausforderungen gesprochen haben.
Wie hat sich Everphone seit der Gründung entwickelt?
Everphone ist seit der Gründung extrem gewachsen. Inzwischen zählen wir mehr als 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, erwirtschaften einen Umsatz von über 50 Millionen Euro und EBITDA von 15 Millionen Euro – gegenüber 5 Millionen Euro in 2022. In der aktiven Vermietung befinden sich inzwischen über 330.000 Geräte. Das sind sehr gute Zahlen und zeigt, dass unser Geschäftsmodell auch in der Krise resilient ist. Am meisten aber freue ich mich über unser Mitarbeiterwachstum. Es ist toll zu sehen, dass unser Team kontinuierlich wächst und wir nicht gezwungen waren massenhaft Angestellte zu entlassen.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist seit dem Start so richtig schief gegangen?
Wenn du so willst, ist eigentlich die Ursprungsidee, mit der ich Everphone gegründet habe, gescheitert. Ich wollte ein B2C-Modell aufbauen, das ist bekanntlich nichts geworden. Stattdessen sind wir heute ein führender Device-as-a-Service Anbieter und arbeiten mit namhaften Partnern wie Telekom, Google und Microsoft eng zusammen. Tatsächlich ist dieser Verlauf charakteristisch für unseren Unternehmenswert: “Make Mistakes and Learn”. Das Learning aus unserer Anfangsidee ist der Grundstein für unseren heutigen Erfolg.
Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Alles richtig gemacht, ist natürlich schwierig zu sagen: Aber die Entscheidung, vom ersten Tag auf eine intern entwickelte Softwarelösung zu setzten, hat uns später sehr geholfen zu skalieren und uns den komplexen Anforderungen in großen Unternehmen anzupassen. Gerade zu Beginn gab es mehrere große Unternehmen, die unser Produkt sehr interessant fanden, aber kritisch waren, ob wir als junges Unternehmen ihren hohen Anforderungen gewachsen waren. Dabei zeichnet uns genau das aus, was unsere Großkunden vielleicht nicht immer bieten können: Flexibilität. Wir sind immer offen für neue Ansätze und kreative Lösungen. Zum Beispiel haben wir im Jahr 2021 Henkel als Neukunden gewonnen und direkt einen Auftrag für 5.000 iPads gewonnen, um auch Tarifmitarbeiter*innen mit smarten Geräten auszustatten. Damals waren 5.000 iPads eine große Nummer für uns. Am Ende haben wir gemeinsam mit Henkel und der Telekom in unserem Berliner Warehouse innerhalb von einer Woche alle Geräte vorbereitet und verschickt. Gerade erst letzte Woche kam es dann zur Neuauflage der Partnerschaft und dem Austausch der Geräteflotte.
Wo steht Everphone in einem Jahr?
Ich möchte, dass Everphone weiter nachhaltig wächst und den nächsten Schritt in Richtung Profitabilität gehen kann! Besonders freue ich mich darauf, wenn unser Team weiter wächst.
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