#Gastbeitrag
Zeit zu Skalieren – Growth Hacks für Jungunternehmen
Es hat sich inzwischen herumgesprochen, wie wichtig die kleinen Unternehmen für die hiesige Volkswirtschaft sind. Da ich die Zahl jedoch so beeindruckend finde, wiederhole ich sie gerne nochmal: Über 99 % aller deutschen Unternehmen zählen laut des Statistischen Bundesamtes in die Riege der KMU. Über die Hälfte aller Arbeitsplätze in Deutschland sind an sie gebunden.
Es ist für das Gemeinwohl also elementar, diese Unternehmensgruppe zu fördern. Wachsen sie, entstehen neue Arbeitsplätze, neue Einnahmen für den Staat und am Ende des Tages ein positiver Beitrag für die Gesellschaft.
Als operativer Geschäftsführer beim Tech-Unicorn Pipedrive kenne ich die Herausforderung, neue Wachstumsstufen zu erreichen und habe über die Jahre einige Learnings gesammelt, die ich im Folgenden teile.
Kern der DNA: Die Belegschaft
Viele Gründer:innen werden nicht müde zu betonen, wie gerade zu Beginn ein erstklassiges und homogenes Team elementar für das Unternehmenswachstum ist. Sind die gesuchten Fähigkeiten und Persönlichkeitsprofile definiert und erste Mitarbeitende gewonnen, fängt die Arbeit allerdings erst richtig an.
Denn – und das gilt nicht nur im gegenwärtigen Fachkräftemangel – mindestens genauso wichtig wie die Rekrutierung der Talente ist deren Wohlbefinden und damit eine perspektivisch langanhaltende Bindung an das Unternehmen. Zu Beginn gilt es also, Unternehmenswerte festzulegen und regelmäßig zu überprüfen, ob die aktuelle Mission und Vision damit in Einklang stehen. Die Ansprüche der Mitarbeitenden können ebenso schnell wechseln wie das eigene Geschäftsmodell und müssen deshalb regelmäßig transparent untersucht und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden. Drei Beispiele, von denen jedes Jungunternehmen profitieren kann:
Fortbildungsmöglichkeiten können nicht nur die Mitarbeitenden für ihre berufliche Karriere wappnen, sondern bringen auch unmittelbaren Nutzen innerhalb der aktuellen Funktion.
Flexible Arbeitsgestaltung ist hoch im Kurs, wenn auch noch längst nicht überall eingeführt. Jungunternehmen erhöhen die Chancen auf Fachkräfte deutlich, wenn Sie Homeoffice anbieten, und suggerieren gleichzeitig ein hohes Maß an Vertrauen gegenüber der Belegschaft.
Offene Feedback-Kultur: Wer in Jungunternehmen arbeitet, hat oft den Anspruch, Visionen zu realisieren und Projekte eigenverantwortlich voranzutreiben. Dies kann nur gelingen, wenn zwischen allen Hierarchie-Ebenen offen und konstruktiv diskutiert. Räume und Formate für Feedback schaffen hilft, Ideen zu sammeln und gleichzeitig sicherzustellen, dass alle Teammitglieder an gemeinsamen Zielen arbeiten.
Nie ausruhen und ständig hinterfragen
Aller Anfang ist schwer – und in der Startup-Branche oft von Pivots und Strategieschwenken geprägt. Viele Lebensläufe erfolgreicher Gründer:innen zeigen diese Parallele. Das weltweit bekannte Instagram beispielsweise, heute Teil des Meta-Konzerns, startete einst als App, um sich an bestimmten Orten mit Freunden zu treffen und dort Fotos von gemeinsamen Aktivitäten hochzuladen. Erst der Fokus auf das “digitale Fotoalbum” brachte den Durchbruch und den immensen Erfolg.
Eine Gemeinsamkeit teilen dabei alle heute erfolgreichen Gründer:innen: Auch wenn viele der Unternehmen mit der Ursprungsidee bereits Umsätze generierten, der Status Quo wurde ständig kritisch hinterfragt. Gibt es Produkte oder Services, die in der aktuellen Marktlage gefragter sind? Passen die Skills unseres Teams in das angedachte Business-Modell? Oder können wir in einem anderen Segment eine höhere Nachfrage generieren, größere Margin erzielen oder unsere Fähigkeiten besser zur Geltung bringen? In regelmäßigen – und vor allem konstruktiven – Workshops sollten diese und ähnliche Fragen im Führungsteam diskutiert werden. Denn einer der vielen Vorteilen von Jungunternehmen ist die, gegenüber starren Konzernen, ausgeprägte Flexibilität. Anpassungen sind in der Frühphase wesentlich leichter durchzuführen. Und entscheiden am Ende oftmals über Erfolg oder Misserfolgs der Unternehmung.
Volle Fahrt voraus: Mit dem Start-up auf den KI-Zug aufspringen
Zu Beginn eine Klarstellung: Selbstverständlich muss nicht jedes junge Unternehmen in irgendeiner Weise KI-Tools entwickeln. Jedoch sollten sich die Führungskräfte von Start-ups mit der Technologie und seinen Möglichkeiten lieber heute als morgen auseinandersetzen. Denn die angesprochene Flexibilität erlaubt es Start-ups, eventuelle Anwendungsfälle von KI im eigenen Unternehmen vergleichsweise einfach zu implementieren. Einige KI-Lösungen haben dabei das Potenzial, Prozesse zu optimieren, Mitarbeitende zu entlasten und Qualitätssprünge zu ermöglichen.
Zu den typischen Anwendungsfällen zählen zum Beispiel der Vertrieb und das Marketing. Ausgewählte CRM-Tools verfügen schon heute über intelligente Sales-Assistenten, die auf Basis zurückliegender Daten die Gewinnwahrscheinlichkeiten von Deals errechnen und Empfehlungen für die nächsten Schritte der Vertriebsteams geben können. Zudem ermöglichen intelligente Chatbots die Kundeninteraktion auf ein neues Level zu hieven, in dem diese den Kund:innen immer und überall passgenaue Antworten liefern können.
Dabei ist wichtig hervorzuheben, dass die KI-Technologie nicht nur für zahlungskräftige Großkonzerne, sondern von vielen Anbietern bewusst den KMU zur Verfügung gestellt wird. Wer sich schon heute entsprechend fortbildet, kann auf verschiedene Weisen der Konkurrenz enteilen und Marktanteile sichern.
Marketing entgegen der Wirtschaftslage
In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten kappen Start-ups oftmals ihre Marketingausgaben, ohne sich der Folgen bewusst zu machen. Denn Visibilität und damit der Aufbau und das Halten des überlebenswichtigen Kundenstammes sind Grundvoraussetzungen für langfristigen Erfolg. Wenn entgegen dem allgemeinen Trend in Marketing investiert wird, sprechen Expert:innen von Antizyklismus. Und dieses antizyklisches Marketing offenbart Wachstumschancen.
Wenn die Mehrheit der Unternehmen ihre Marketingbudgets kürzen, entsteht nicht nur ein neues Verhältnis von Angebot und Nachfrage und damit günstigere Werbeoptionen, es schafft ebenfalls neue Möglichkeiten, aus der Masse herauszustechen. Selbst wenn die Gesamtausgaben im Marketing gedrosselt werden müssen, lohnt sich ein zweiter Blick auf alternative Marketing-Initiativen. Kosteneffizient können Start-ups beispielsweise ihre eigenen Kanäle bespielen und mit erfrischendem “Behind the Scenes” Content oder neuartigen Interaktionsmöglichkeiten das Verhältnis zu (Neu-)Kund:innen aufrechterhalten.
Mikro-Influencer, die oft über wenige Tausende bis Zehntausende Follower verfügen, sind ein weiteres interessantes Mittel der Wahl: Ob der geringeren Reichweite sind sie wesentlich günstiger für Kooperationen zu haben als ihre prominenten Counterparts, sprechen dabei aber oft eine treue und spezielle Followerschaft an, die sich ideal mit der Zielgruppe eines Start-ups decken kann.
Über den Autor
Peter Harris ist Chief Operating Officer (COO) bei Pipedrive. Für das Unternehmen verantwortet Peter die strategische Geschäftsplanung, darüber hinaus leitet und organisiert er Pipedrives Expansion und unterstützt im Partnermanagement. Zuvor war Peter unter anderem bei Deloitte und bei Intuit, zuletzt als Head of Global Business Development and Global Partnerships, tätig.
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