#Interview
“Nicht zu lange zu zögern – manchmal muss man einfach handeln!”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker:innen gerne gewusst, bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Dieses Mal antwortet Fabian Mischler, CEO von ooblee. Das Berliner Startup bietet mit seiner Social-Commerce-Plattform eine “Local Shopping Community”.
Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Nach dem Aufstehen prüfe ich zunächst die News und meine E-Mails und absolviere dann meine Morgenroutine. Anschließend übernimmt mein Kalender das Kommando – Meetings, Calls, Partner:innen- und Investor:innen-Termine bestimmen meinen Tag.
Wie schaltest Du nach der Arbeit ab?
Meine Devise ist: Beim Aufbau eines Unternehmens gibt es keinen Feierabend. Es gibt immer etwas zu tun. Dabei ist es mir besonders wichtig, Arbeit und Privatleben nicht strikt voneinander zu trennen. Meine Familie möchte auch wissen, was ich den ganzen Tag über tue. Ich versuche lediglich zu vermeiden, dass die Arbeit mich antreibt, anstatt dass ich sie kontrolliere. Es ist mir besonders wichtig, ausreichend Raum für private Angelegenheiten zu schaffen – zu jeder Zeit. Wem das nicht zumindest regelmäßig gelingt, der sollte sich im Interesse aller Beteiligten und auch zum eigenen Wohl besser nicht auf das Abenteuer Startup einlassen.
Was über das Gründer:innen-Dasein hättest Du gerne vor der Gründung gewusst?
Durch verschiedene Startups mit unterschiedlichen Gründerpersönlichkeiten habe ich über viele Jahre hinweg sehr umfangreiche Erfahrungen gesammelt. Dadurch
erhielt ich einen tiefen Einblick in das Thema und erkannte, dass Geschwindigkeit von großer Bedeutung ist. Es ist wichtig, nicht zu lange zu zögern – manchmal muss man einfach handeln! Allerdings war es für mich auch intensiv und neu zu erkennen, dass sogar die Vision selbst von Anfang an einem unglaublichen Anpassungsdruck unterliegt. Zudem musste ich mich daran gewöhnen, dass Investor:innen selten zuvor an Gründungen beteiligt waren und daher manchmal recht abwegige Vorstellungen von Gründer:innen haben. Ich habe auch festgestellt, dass der Fragenkatalog der Investor:innen zum Pitch Deck an genau den Stellen Lücken aufweist, die aus Sicht eines Gründers oder einer Gründerin besonders spannend sind. Dies habe ich erst durch meine eigene Erfahrung im Unternehmertum gelernt.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstest?
Es erfordert großen Mut, die gute Idee einer Startup-Gründung über die vermeintliche Sicherheit eines Angestellten-Jobs zu stellen. Diesen Mut für das Neue und Ungewisse aufzubringen ist die erste wirkliche Herausforderung für Personen, die gründen und ein Unternehmen aufbauen möchten.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Mein Blick auf die Learnings aus meinen Fehlern ändert sich tatsächlich ständig. Ob dies nun bedauerlich oder glücklicherweise so ist, da bin ich mir unsicher. In einigen
Angelegenheiten habe ich mich zu schnell und bereitwillig auf die vermeintliche Expertise anderer verlassen, während ich in anderen Fällen im Nachhinein lieber besser zugehört und einen ungewohnten Weg eingeschlagen hätte. Rückblickend hat sich jedoch stets eines für mich als richtig erwiesen: Sammle so viele Informationen wie möglich, triff dann deine eigene Entscheidung – und zögere nicht allzu lange.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter:innen für sein Startup?
Wenn man Glück hat, bringt man gute Kolleg:innen direkt mit. Alles andere erfordert harte Arbeit – oft sieht man lange Zeit kein Licht am Ende des Tunnels. Besonders das Bewusstsein für Verantwortung gegenüber dem Produkt, den Prozessen und natürlich auch dem Unternehmen insgesamt ist keineswegs selbstverständlich. Meine Beobachtung zeigt außerdem, dass gute Leute im Team der beste Magnet für weitere gute Talente sind.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer:innen?
Es gibt drei grundlegende Prinzipien, die für mich wichtig sind und die ich anderen Unternehmer:innen mitgeben möchte. Erstens: Ohne eine Vision hast du nichts anzubieten. Die Vision eines Unternehmens ist vom ersten Tag an entscheidend für den Erfolg. Zweitens: Sei schnell – es ist besser, Dinge falsch zu machen, als sie gar nicht anzugehen. Eine gute Fehlerkultur ist ein wesentlicher Bestandteil des Gründens und der Unternehmensführung. Und drittens: Lerne verkaufen. Niemand wird dein Produkt oder deine Idee jemals besser verkaufen können als du selbst.
Ohne welche externe Tools würde Dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Unser gesamtes Team arbeitet viel remote aus verschiedenen europäischen Städten – und auch in Montenegro haben wir viele Kolleg:innen, mit denen wir tagtäglich kommunizieren. Tools wie Slack und Zoom zur internen Kommunikation sind daher unverzichtbar. Darüber hinaus arbeiten wir viel mit Excel: Kalkulationen, Kostenaufstellungen, Prognosen und zukünftige Planungen sind ohne Excel nicht denkbar, besonders in der Wachstumsphase. Außerdem haben wir für das gesamte Unternehmen Pliant eingeführt, eine Firmenkreditkartenlösung. Besonders aus buchhalterischer Sicht, wenn es um Reisekosten oder Belegerfassungen geht, erweist sich die Business-Kreditkarte als äußerst nützlich. Am Ende ist es aber unsere Microsoft-Lösung um MS Dynamics, in welcher alles zusammenläuft und welche die Schnittstellen zu den spezifischen Tools der Abteilungen bietet: von Finance, über Partnermanagement und Sales bis hin zu Business Intelligence. So sind wir optimal skalierfähig.
Wie sorgt Ihr bei Eurem Team für gute Stimmung?
In unserer Kommunikation gibt es keine hierarchischen Grenzen. Wir legen Wert auf persönliche Treffen, um echte gemeinsame Zeit zu verbringen und schaffen viel Freiraum für eine kooperative Zusammenarbeit der Teams. Dabei nutzen wir KPIs, wo sie helfen können und stellen sicher, dass sie leicht verständlich und transparent
sind. Jedoch verwenden wir sie nicht nur zum Selbstzweck der Erfassung.
Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Meine Zeit bei CityDeal/Groupon im Jahr 2010/11 ist geprägt von einem grenzenlos erscheinenden Markt, einem unglaublichen Wachstum und kaum vorhandenen
Einschränkungen. Ich denke, wilder kann es nicht werden. Bei ooblee hingegen war es ein eindrucksvoller Moment, als ich erkannte, dass wir tatsächlich in der Lage sind, mehrmals pro Woche Updates der App umzusetzen, falls erforderlich. Das Team ist super aufgestellt, versteht sich blind und ist von Erfolgswillen positiv getrieben. Auch für mich persönlich ist dies immer noch jeden Tag sehr beeindruckend. Ich freue mich daher sehr auf die Zukunft von ooblee.
Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag aus? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.