#Interview
“Wir haben mit wenig Ressourcen sehr viel bewegt”
Das Münchner Startup tanso, das 2021 von Gyri Reiersen, Till Wiechmann und Lorenz Hetz gegründet wurde, kümmert sich um die “Erfassung, Verwaltung und Berichterstattung von CO2-Emissionen”. 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirken bereits für das Unternehmen. Investoren wie Capnamic Ventures, UVC Partners, Picus Capital, Possible Ventures und mehrere Business Angels investierten bereits über 5 Millionen Euro in tanso.
“Viele unserer Unterstützer kommen aus dem Münchner Startup-Ökosystem. Einige der bei uns investierten Business Angels haben selbst VC-finanzierte Startups und konnten und mit Kontakten helfen. Dass ich selbst vor der Gründung im VC-Umfeld gearbeitet habe, hat uns dann auch damit geholfen, bereits in der Bootstrapping-Phase Kontakt zu VC-Investoren aufzunehmen, die uns mit Feedback unterstützt haben”, sagt Gründer Till Wiechmann zur Kontaktaufnahme mit Geldgebern.
Im Interview mit deutsche-startups.de spricht tanso-Macher Wiechmann außerdem über Standardprozesse, Vertrauen und Produktinnovationen.
Wie würdest Du Deiner Großmutter tanso erklären?
Wir helfen produzierenden Unternehmen dabei, die Auswirkungen Ihrer Unternehmensaktivitäten auf die Umwelt besser zu verstehen und nach wissenschaftlichen Standards vergleichbar zu machen. Damit ermöglichen wir einen schrittweisen Übergang zu einer nachhaltigeren Industrie, die Firmen dazu incentiviert, weniger Treibhausgase zu emittieren.
Wie wollt Ihr Geld verdienen, also wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
Wir verdienen unser Geld mit Software-Lizenzen – je langfristiger ein Kunde mit uns zusammenarbeitet und dabei Tanso als Standardprozess etablieren will, desto besser.
Wie ist die Idee zu tanso entstanden?
Unsere Mitgründerin Gyri Reiersen war bereits viele Jahre in der Klimabewegung und -Forschung aktiv, bevor wir gestartet sind. Wir haben uns nach einem Forschungsprojekt Gyris zur Effizienz von Carbon Offsetting Projekten an der ETH Zürich und MIT den gesamten Markt für CO?-Bilanzierung, Zielsetzung, Reduktion und Offsetting genau angesehen und schnell gemerkt, dass noch niemand eine zufriedenstellende Lösung zur CO?-Bilanzierung in fertigenden Industrieunternehmen gebaut hat. Gleichzeitig stehen diese Unternehmen vor einem besonders starken Druck, Emissionen zu reduzieren. Nach einigen Monaten weiterer Recherche und ersten Piloten mit Industrieunternehmen waren wir uns sicher, dass es hier eine spannende Möglichkeit gibt, mit einem datenzentrierten Softwareprodukt Mehrwert für die Industrie zu schaffen.
Was waren die größten Herausforderungen, die Ihr bisher überwinden musstet?
Sicher die größte Herausforderung war es, in der ganz frühen Phase die ersten Entwicklungspartner von unserem Produkt zu überzeugen. Ich verstehe das aus Corporate-Sicht auch – mit einem Startup zu arbeiten, wird in der frühen Phase oft noch als Risiko angesehen. Umso dankbarer bin ich den Kunden der ersten Stunde und unsern Partnern zum Beispiel in Verbänden wie dem VDMA, die uns früh die Möglichkeit gegeben haben, zu zeigen, wie hart und schnell wir arbeiten, um ein gutes Produkt für die Industrie zu entwickeln. Ein bisschen Vertrauen gehört dazu, aber dann kann aus der Zusammenarbeit von Industrie und Startups viel Gutes entstehen.
Wie oder wo hast Du Deine Mitgründer:innen kennengelernt?
Wir haben uns während des Studiums am Center for Digital Technology & Management (CDTM), der TU München sowie an der ETH Zürich kennengelernt und haben dort schon sehr gerne zusammengearbeitet. Wir sind alle drei sehr unterschiedlich – in unserem fachlichen Hintergrund, wie wir denken und auch, wie wir unsere Freizeit verbringen. Ich glaube, das ist aber auch eine große Stärke, solange man das gleiche grundliegende Wertgerüst hat.
Seit eurer Gründung konntet ihr bereits mehrere Millionen Venture Capital einsammeln. Wie seid ihr mit euren Geldgebern in Kontakt gekommen?
Viele unserer Unterstützer kommen aus dem Münchner Startup-Ökosystem. Einige der bei uns investierten Business Angels haben selbst VC-finanzierte Startups und konnten und mit Kontakten helfen. Dass ich selbst vor der Gründung im VC-Umfeld gearbeitet habe, hat uns dann auch damit geholfen, bereits in der Bootstrapping Phase Kontakt zu VC-Investoren aufzunehmen, die uns mit Feedback unterstützt haben. Unseren neuen Seed Investor Capnamic haben wir von mehreren anderen Gründern empfohlen bekommen und haben schnell gemerkt, dass es zwischen uns klickt und wir gerne mit ihnen zusammenarbeiten wollen.
Es herrscht derzeit Krisenstimmung in der deutschen Startup-Szene. Was ist Deine Sicht auf diese Eiszeit?
Ich bin ganz froh, dass wir unser Unternehmen nachhaltig aufgebaut haben und uns diese Krise zu einer Phase trifft, in der wir im Vergleich zum Wettbewerb mit wenig Ressourcen sehr viel bewegt haben. Das Thema Kapitaleffizienz wird die nächsten Jahre sicher wichtig bleiben und ich glaube, das tut uns als Startup-Szene sogar ganz gut. Dass Operations Modelle mit schlechten unit economics nicht mehr fliegen, zeigt eigentlich nur die fehlende Nachhaltigkeit dieser Produkte und Dienstleistungen auf. Ich bin für den Bereich ClimateTech aber zuversichtlich. Es gibt so viele wichtige (Unter-)Probleme im größeren Bereich Dekarbonisierung und einige tolle Teams, die hier mit Produktinnovation tätig werden.
Wo steht tanso in einem Jahr?
Wir haben das erste Jahr sehr heads down am Produkt und der Optimierung bei unseren ersten Kunden gearbeitet. In der jetzt folgenden Phase erweitern wir unser Produkt modular, um so mehr Firmen mit zielgerichteter Unterstützung in den Bereichen Corporate Carbon Footprint (CCF) und Product Carbon Footprint (PCF) helfen zu können. Hierfür bauen wir unser Team deutlich aus und stellen für die Weiterentwicklung und Erweiterung unseres Produkts einige Experten aus den Bereichen Life Cycle Assessments und Data Analytics ein. Da unser Kernprodukt mittlerweile bei einigen großen Mittelständlern im Einsatz ist, steigen wir jetzt auch richtig in den Vertrieb ein. In einem Jahr werden wir also unseren Kunden mehr Module der Tanso Climate Intelligence Suite anbieten und mit unserer Kundenbasis vermutlich die ersten Schritte aus DACH heraus gemacht haben – ich freue mich drauf!
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