#Gastbeitrag
Die besten Finanzierungsformen (in unbeständigen Zeiten)
Lange ging es für Startup-Gründer*innen beim Fundraising vor allem um Risikokapital, beispielsweise von traditionellen Venture Capital (VC) Investoren oder Business Angels. Auch wenn viel Kapital im Markt vorhanden war – teilweise folgte Rekordjahr auf Rekordjahr für VC Investments – hieß es für Gründer oftmals “take it or leave it”. Dies ändert sich seit einigen Jahren: Alternative Finanzierungsformen, die in den USA schon seit Jahren etabliert sind, erobern auch den europäischen Markt. Und seitdem das Marktumfeld weitaus weniger dynamisch ist – laut Crunchbase war im ersten Quartal 2023 VC-Finanzierung weltweit stark rückläufig und sank gegenüber dem Vorjahr um 53 % auf 76 Milliarden US-Dollar – erfreuen sich alternative Finanzierungsformen jenseits von VC zunehmender Beliebtheit.
Doch was unterscheidet die verschiedenen alternativen Finanzierungsformen und was eignet sich für wen? Für Startups mit Product-Market-Fit, jährlichem Wachstum und regelmäßigen Umsätzen können insbesondere Venture Debt, Growth Loans, Revenue-based Funding oder Factoring relevant sein. Dabei ist es für Gründer*innen wichtig zu verstehen, was für ihr Geschäftsmodell und Wachstumspläne am besten passt:
– Wofür benötige ich das Kapital?
– Wie funktioniert das Geschäftsmodell des Investors?
– Wie viel Risiko und Cash Burn möchte ich in Kauf nehmen?
Venture Debt
Venture Debt ist eine Kreditform für Unternehmen in der Frühphase, die dazu dient, die Liquidität zwischen Eigenkapitalrunden zu gewährleisten oder zu verhindern, dass zu viele Anteile in VC-Finanzierungsrunden vorzeitig abgetreten werden. Diese Kredite haben normalerweise eine kurze Laufzeit und werden innerhalb von 18 Monaten bis zu zwei oder drei Jahren zurückgezahlt.
Durch Venture Debt können Gründerinnen und Gründer ihre Finanzmittel erheblich erweitern, um das Unternehmenswachstum weiter zu fördern und die Verwässerung durch VC-Finanzierung zu minimieren. Es kann als eine Art Ergänzung oder Hebelwirkung auf die VC-Finanzierung betrachtet werden, wobei stets ein parallel investierender Eigenkapitalgeber oder VC erforderlich ist. Zusätzlich zu den Zinsen erhalten die Kreditgeber üblicherweise einen Equity Kicker als Vergütung, der in der Venture Debt-Dokumentation enthalten ist. Dieser kann in Form eines Anteilsbezugsrechts (Warrant) oder als Anspruch auf eine Barzahlung (Virtual Warrant) gestaltet sein.
Growth Loans
Bisher hatten Startups aufgrund ihres Risikoprofils oft keinen Zugang zu klassischen Finanzierungsformen mit langen Laufzeiten, wie Darlehen, da junge Technologieunternehmen nicht den Anforderungen von Banken entsprachen. Mit der Einführung von sogenannten Growth Loans ändert sich dies nun. Dank datengetriebener Methoden und KI-basierten Prognosen können auch für junge Unternehmen verlässliche Wachstum-Vorhersagen erstellt und darauf basierend langfristige Darlehen vergeben werden.
Growth Loans bieten Startups eine Finanzierungsmöglichkeit ohne Verwässerung, mit einer festgelegten langen Rückzahlungszeit und einer tilgungsfreien Phase. Die Konditionen werden individuell vereinbart und an das prognostizierte Wachstum des Startups angepasst. Dies stellt eine ideale Ergänzung zum Venture Capital dar und kann unabhängig von VC-Finanzierungsrunden oder der Profitabilität eines Unternehmens vergeben werden. Voraussetzung dafür ist ein klar definierter Wachstumspfad in Richtung Profitabilität. Abgesehen von Zinsen existiert keine erfolgsbasierte Vergütung, wie sie bei Venture Debt üblich ist.
Revenue-Based Financing
Revenue-Based Financing (RBF) ist eine Finanzierungsform für Startups, welche als Gegenleistung für eine befristete Umsatzbeteiligung ausgezahlt wird.. Im Gegenzug für ein Investment erhält der RBF-Investor eine kleine prozentuale Beteiligung an den Umsätzen des finanzierten Unternehmens. Die Höhe der laufenden Rückzahlungen ist flexibel und hängt von der Umsatz-Performance des Unternehmens ab. Die Umsatzbeteiligung läuft bis zu einer vereinbarten maximalen Rückzahlungssumme. Meistens wird RBF als Wachstumsbeschleuniger genutzt. Die Laufzeiten sind kurz und liegen meist bei 6-9 Monaten. Der Vorteil für Gründer*innen: weniger Verwässerung und Unabhängigkeit von weiteren Investoren. RBF eignet sich nur für Unternehmen mit ausreichenden und regelmäßigen Umsätzen und wird häufig im Bereich E-Commerce eingesetzt.
Factoring
Bei Factoring geht es um den Verkauf von Kundenverträgen/Forderungen, mit einem Abschlag bzw. in gewisser Weise eine Vorauszahlung von Kreditgebern oder Fintech-Plattformen. Dies ermöglicht einen schnellen und einfachen Finanzierungsprozess durch hohen Automatisierungsgrad, mit hoher Flexibilität. Dabei gilt es im Auge zu behalten, dass zukünftige Einzahlungen von Kunden lediglich vorgezogen werden; zudem müssen regelmäßige Umsätze vorhanden sein. Diese Art der Finanzierung eignet sich vor allem dann, wenn kleinere Bargeldbeträge schnell benötigt werden, um Monate mit niedrigem Cashflow oder einmalige Kosten für Initiativen und Projekte mit kurzfristiger Amortisationszeit zu decken, z.B. im Vertrieb, Marketing und für Betriebskapital.
Auch wenn das “traditionelle” Risikokapital für Tech-Unternehmen weiterhin unverzichtbar sein wird, um starkes Wachstum in frühen Phasen anzukurbeln: Alternative Finanzierungsformen sind gekommen, um zu bleiben. Gerade in Zeiten volatiler Märkte und einem herausfordernden Fundraising-Umfeld, können alternative Finanzierungsformen für Start-ups eine wichtigere Rolle spielen.
Über den Autor
Henrik Landgren ist Mitgründer und CPTO von Ark Kapital und verantwortet hier auch die datengetriebene Plattform, die Ark Intelligence Machine. Vor der Gründung von Ark Kapital war der studierte Ingenieur VP of Analytics bei Spotify und Gründungspartner von EQT Ventures, wo er EQT Motherbrain – die hauseigene Datenplattform – entwickelt hat. Ark Kapital bietet mit dem “Ark Growth Loan” Technologieunternehmen Zugang zu Darlehen, von bis zu 10 Millionen Euro ohne Verwässerung.
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