#Gastbeitrag
Auf zu neuen Ufern: So gelingt Startups der (erfolgreiche) Eintritt in neue Märkte
Noch bei keinem Start- oder Scaleup stoppten die Wachstums-Ambitionen an den eigenen Landesgrenzen. Beinahe zwangsläufig stellt sich über kurz oder lang die Frage: Wie können wir unser Business ausweiten, neue Kund*innen gewinnen, weiter wachsen, in neue Märkte expandieren. Andernfalls klopfen Gründer*innen schnell an die sogenannte Glass Ceiling, das Ende der (Wachstums-)Fahnenstange.
Doch die Expansion ist ein schwieriges Unterfangen. (Zu) Viele Versuche zeichnen ein Bild des Scheiterns. Nicht nur bei Startups – sondern auch bei gestandenen Konzernen. Wer erinnert sich nicht an Walmarts Deutschland-Fiasko. Und wenn erwiesene Erfolgsmodelle und erfahrene Expansions-Künstler bei ihren Vorhaben an die Grenze des Könnens geraten, wie soll es dann erst vielen Startups gehen? Den – in fremden Märkten – Außenstehenden, den No-Names, ohne richtigen Track Record. Denn eines ist klar: Expansion ist kein Copy-Paste. Ein Erfolgsmodell in Deutschland ist nicht automatisch ein Gewinner in Frankreich; nicht einmal in einem gleichsprachigen Markt wie Österreich. Nuancen entscheiden.
Mit Pipedrive selbst expandierten wir aus Estland weltweit, haben Kunden rund um den Globus, Büros in acht verschiedenen Ländern. Aus Erfahrung wissen wir: Expansion ist die Wachstums-Königsdisziplin. Doch die gute Nachricht vorneweg: Mit vernünftiger Research und einer intensiven Planungs- und Vorbereitungsphase, werden Risiken der Expansion minimiert – und die Erfolgsgeschichte im Ausland weitergeschrieben.
Hier sind fünf Tipps, wie der Markteintritt gelingt:
- Research
Neue Märkte gründlich zu analysieren ist der erste Schritt vor jeder Expansion. Dabei gilt es vor allem die relevanten Zielgruppen und Märkte zu identifizieren, sowie die Regionen und Industrien mit dem größten Potenzial auszumachen. Unternehmen können ihren Research-Prozess in drei Teile splitten:
Bestandskunden
Zuerst müssen Unternehmen quantitative Daten zu den Bestandskund*innen sammeln, beispielsweise Alter und Jobprofil, gefolgt von qualitativen Daten zu Bedürfnissen. Dadurch identifizieren Unternehmen zum Beispiel, welche Produkte besonders beliebt sind, wie viel Geld die Kund*innen gewillt sind zu bezahlen und welche Features es zu entwickeln lohnt.
Wettbewerb
Welche Unternehmen sind bereits am neuen Markt aktiv? Mithilfe von Positioning Maps schaffen Entscheider*innen Klarheit über die Konkurrenz am Markt und zeigen auf, in welchen Bereichen man als Unternehmen der Konkurrenz überlegen ist – und wo man den Kürzeren ziehen könnte. Dadurch finden Unternehmen mögliche Lücken am Markt, die von Ihnen bedient werden können.
Markt
Um am Wettbewerb anzuknüpfen, sollten Unternehmen im nächsten Schritt die Marktgröße und Zugänglichkeit analysieren. Welche USPs kann das eigene Produkt im Markt bedienen? Welche Ressourcen werden für einen Markteintritt benötigt und sind diese mit dem zu erwartenden Return on Invest vertretbar? Nachdem die eigene Positionierung abgeschlossen ist, gilt es Kerngrößen wie den Total Adressable Market (TAM) zu berechnen, also die maximale Marktgröße für das eigene Produkt.
- Go-to-Market Strategie entwickeln
Lautet das Ergebnis der Analysen: Der anvisierte Markt liefert genügend Potenzial für eine erfolgreiche Expansion, muss eine entsprechende Go-to-Market-Strategie entwickelt werden. Eine klare Roadmap ist elementar: wann muss was geschehen? Und wer ist dafür verantwortlich? Folgende Faktoren sind das A und O einer detaillierten Planung:
- Zielkunden: Je genauer die Zielgruppen definiert sind, desto erfolgversprechender können Unternehmen diese ansprechen, beispielsweise mit optimierten Sales Pitches.
- Probleme: Teams sollten die Probleme der potenziellen Kund*innen im Detail kennen und wissen, wie genau das angebotene Produkt oder der angebotene Service diese Probleme lösen kann.
- Motivationen: Was ist das Hauptverkaufsargument auf dem neuen Markt? Ist es zum Beispiel die Effizienzsteigerung für Customer Service Teams, sollte die initiale Verkaufsstrategie darum herum aufgebaut werden.
Zusätzliche müssen gerade in der Anfangszeit Vertriebs- und Marketingteams eng zusammenarbeiten, um die so wichtige Aufmerksamkeit der neuen Zielgruppe zu generieren – und in Umsätze umzumünzen.
- Mitarbeitende vorbereiten
Von Anfang an sollte möglichst das ganze Team im Prozess der Expansion involviert sein. Durch die transparente Kommunikation und mithilfe von regelmäßigen Meetings zum Status Quo, adressieren Unternehmen Fragen rechtzeitig und schaffen Unklarheiten aus der Welt. Das hält die Motivation hoch und lässt ein “Wir”-Gefühl entstehen.
Es hat neben der physischen Komponente aber auch ganz praktische Vorteile, das Team frühzeitig an Bord zu holen. Schließlich müssen die Vertriebler*innen zum Beispiel wissen, ob sie auf dem neuen Markt direkt an die Endkund*innen verkaufen oder Beziehungen zu Vertriebspartnern aufbauen müssen. Alle Mitarbeitenden, die in direktem Kundenkontakt stehen, benötigen zudem ein spezielles Training: Was sind die kulturellen Eigenheiten des Marktes? Welche Dos and Don’ts gilt es unbedingt zu beachten?
Dabei gilt: Unternehmen sollten Abstand von Intensivkursen nehmen und stattdessen auf kontinuierliches, wiederholendes Training setzen. Ansonsten besteht das Risiko, dass das Gelernte innerhalb weniger Tage nahezu vollständig verschwindet, so die Studien des Psychologen Hermann Ebbinghaus.
Ebenfalls elementar sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, die vom gesamten Team verinnerlicht werden sollten, um unangenehme Überraschungen, beispielsweise im Marketing-Prozess, zu vermeiden.
- Auf die richtigen Tools setzen
Zu Beginn im neuen Markt werden Vertriebsteam das Gros ihrer Arbeitszeit für die manuelle Lead-Generierung aufbringen müssen. Logisch – schließlich muss der Markt sukzessive erobert, die noch unbekannte Marke langsam aufgebaut werden. Um möglichst viele Kapazitäten für die Mitarbeitenden zu schaffen, sollten Unternehmen administrative und sich wiederholende Tasks wo immer möglich automatisieren – oder gänzlich entfernen. Dazu zählen Leadgenerierungstools, die automatisiert Datenbanken nach den gewünschten Profilen durchforsten und Chatbots, die die initiale Kontaktaufnahme über die Webseite übernehmen. Diese Checkliste hilft im Entscheidungsprozess:
- Ist die Aufgabe wirklich mehrwertstiftend? Beachtet man Workload und Auslastung des Teams, sollten alle Aufgaben, die nicht direkt zum Ziel innerhalb des neuen Marktes beitragen, vollständig aus der Strategie entfernt werden.
- Lässt sich die Aufgabe automatisieren? E-Mail Followups, Terminkoordination oder Datenerfassung sind automatisierbar, wohingegen Verkaufsabschluss oder Kundenpflege den „Human Touch” benötigen. Unternehmen sollten Listen aller Aufgaben erstellen und die Möglichkeit zur Automatisierung bewerten.
- Die Aufgabe ist nicht automatisierbar? Teamleiter*innen sollten dann entscheiden, welche Aufgaben delegiert werden können, um während des essentiellen Markteintritts möglichst viele Kapazitäten für Vertriebsmitarbeitende zu schaffen.
- Neue Pipeline
Daten sind für Unternehmen in jeder Geschäftsphase wertvolles Gut, insbesondere beim Markteintritt können sie jedoch zum Zünglein an der Waage werden. Unternehmen sollten deshalb einen eigenen Funnel für den neuen Markt erstellen und abgleichen, ob und wie die entwickelte Strategie Früchte trägt. Wie zufriedenstellend ist die Conversion Rate? Entspricht der Umsatz nach dem ersten Monat dem erwarteten Verkaufsvolumen?
Zum Beispiel mithilfe von CRM-Plattformen sammeln Unternehmen automatisiert Daten zu Neukunden und Umsatzzahlen, die in übersichtlichen Dashboards dargestellt werden. Vertriebsteams und Unternehmensentscheider*innen können so schnell erkennen, welche Strategien die erhoffte Wirkung zeigen, wo es Anpassungsbedarfe gibt und eine neue Ausrichtung der Strategie entsprechend gemeinsam ausarbeiten.
Über den Autor
Peter Harris ist COO bei Pipedrive, der intelligten CRM- und Umsatzmanagement-Plattform für kleine Unternehmen. Bei Pipedrive leitet er die Vertriebs-, Partner- & Channel-Teams, die M&A-Strategie sowie die Lokalisierung und Erschließung neuer Märkte. Peter arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt mit kleinen und mittleren Unternehmen zusammen, in den letzten vier Jahren war er dabei für den Aufbau des Bereichs Global Business Development und Global Partnerships von Intuit Quickbooks verantwortlich. Davor war Peter 13 Jahre lang bei Deloitte in der Strategieberatung tätig, wo er einen Inkubator und eine Venture-Funktion ins Leben rief, zuletzt war er COO des Startups Propel.
Noch bei keinem Start- oder Scaleup stoppten die Wachstums-Ambitionen an den eigenen Landesgrenzen. Beinahe zwangsläufig stellt sich über kurz oder lang die Frage: Wie können wir unser Business ausweiten, neue Kund*innen gewinnen, weiter wachsen, in neue Märkte expandieren. Andernfalls klopfen Gründer*innen schnell an die sogenannte Glass Ceiling, das Ende der (Wachstums-)Fahnenstange.
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