Von Ruth Cremer
Donnerstag, 7. April 2022

2bag: Chemie schlägt Vertriebswege

Es ist immer wieder schön, wenn Investoren um GründerInnen buhlen. Und im Fall von 2bag wärmte sich wohl so einigen Zuschauern der ersten Folge der neuen Staffel von “Die Höhle der Löwen” so richtig das Herz.

Immer wieder wird behauptet, dass letztendlich vor allem auch der menschliche Faktor entscheidet, in wen professionelle Geldgeber ihr Vertrauen setzen. Dass eben nicht immer alles perfekt laufen muss vor Investoren, denn diese wollen auch etwas von dem “echten” Menschen sehen. Viele Investoren gehen wohl während des Due Diligence-Prozesses auch gerne mal ein Bierchen mit den GründerInnen trinken, um dies zu erreichen. Doch es kann auch andersrum sein, und UnternehmerInnen fühlen sich bei einem bestimmten Investor einfach am Besten aufgehoben. So wie im Fall von 2bag.

Es ist immer wieder schön, wenn Investoren um GründerInnen buhlen. Und im Fall von 2bag wärmte sich wohl so einigen Zuschauern der ersten Folge der neuen Staffel von “Die Höhle der Löwen” so richtig das Herz: Nicht nur traten hier mit 17 Jahren zwei extrem junge Gründer vor die erfahrenen Investoren, auch schafften sie es, von allen Löwen ein Angebot zu bekommen – und das auch praktisch zu genau den Konditionen, die sie sich erhofft hatten: 20.000 Euro für 10 % ihrer Unternehmensanteile. Nur Carsten Maschmeyer und Ralf Dümmel taten sich zusammen und boten 40.000 Euro für 20 %.

Schon der Pitch saß, denn obwohl Nils Glagau, der gebeten wurde, bis 10 zu zählen, dies relativ schnell tat, erreichte er gerade einmal die 7. Denn da kam von den Gründern schon ein “Danke, reicht schon” denn sie hatten ihre Fahrradtasche bereits in einen Rucksack verwandelt.

Und auch der sonst so gefürchtete Frageteil konnte sie nicht schocken, denn sie schienen auf alles eine Antwort zu haben. Judith Williams war dann auch schnell so beeindruckt, dass sie das erste Angebot machte. Doch auch sonst kam Bewegung in die Löwen, Carsten Maschmeyer redete mit Ralf Dümmel und Nils Glagau lobte die faire Bewertung.

Diese wird wahrscheinlich auch einen Einfluss auf die Angebotsfreudigkeit der Löwen gehabt haben, und so schlossen sich auch Dr. Georg Kofler und Nils Glagau bald an und boten den Gründern ebenfalls ihren Wunsch-Deal an.

Es begann dann auch das, was sich wohl alle GründerInnen im Fundraising wünschen: der Spieß wurde umgedreht, statt den beiden jungen Gründern pitchten nun die Investoren und versuchten sich als die jeweils idealen Partner darzustellen.

Ob Nils Glagau wusste, dass sein Satz “Denkt an die Chemie, an den Spirit” später der Prägende dieses Investoren-Wettkampfes werden würde? Zumindest forderte er mit seinem Hinweis, der jüngste unter den anwesenden Löwen zu sein, seine Investoren-KollegInnen wohl ordentlich heraus. Denn Carsten Maschmeyer konterte unmittelbar, dass er auch der unerfahrenste sei, und sollte später noch einmal besonders seine und Ralf Dümmels Erfahrung in den Vordergrund rücken.

Doch die Altersdebatte war damit noch nicht erledigt: Nils Glagau legte nach mit dem Verweis auf Eltern, die die Sprache ihrer Kinder oft gar nicht mehr verstehen, da die Generation oft völlig unterschiedliche Wörter benutzen. Dies lässt wiederum Judith Williams nicht auf sich sitzen, und ist fest davon überzeugt, alle entsprechenden Wörter zu kennen. Doch der Orthomol-Chef bleibt unbeirrt, ist sich sicher, derjenige der fünf zu sein, der mit den Gründern am meisten auf einer Wellenlänge ist.

Und so wird er auch von den Gründern im Telefonat mit ihrem Mentor auf die Frage genannt, wer denn am meisten für ihr Unternehmen zu brennen scheint. Aber auch Judith Williams scheint Eindruck gemacht zu haben, und die Vertriebsmöglichkeiten des Duos aus Carsten Maschmeyer und Ralf Dümmel ebenso.

Die Gründer brauchen also Entscheidungshilfe und lassen die Löwen abermals um sie pitchen mit der Nachfrage, was denn jeweils ihr stärkstes Argument für sich als Partner wäre. Und wieder legen sich die erfahrenen Geldgeber für die noch minderjährigen Gründer ins Zeug, als ob es um den Jahrhundert-Deal ginge. Nils Glagau betont den nachhaltigen Markenaufbau, das Duo seine Vertriebswege und auch Möglichkeiten wie Teleshopping, Judith Williams wird etwas allgemeiner und gesteht auch jedem ihrer Konkurrenten um diesen Deal gute Möglichkeiten zu. Nur Dr. Georg Kofler weigert sich, weitere Argumente für sich vorzubringen, hält aber sein Angebot aufrecht. Hier scheint vielleicht ein bisschen die allgemein übliche – und auch durchaus verständliche – Haltung von Investoren durchzuscheinen, dass sie sich schon wünschen, dass Gründer sich auf sie vorbereiten.

Beim erneuten Rückzug der Gründer zur Beratung wird deutlich: die Vertriebswege des Löwen-Duos sind überzeugend, aber Nils Glagau hat einen Sympathie-Punkt getroffen. Und offensichtlich einen recht starken. Und der Satz “Ich weiß nicht, ob ich uns im Teleshopping sehe” scheint so etwas wie die Vorentscheidung zu sein: der jüngste Investor der Runde bekommt den Zuschlag mit den jüngsten Gründern der DHDL-Geschichte. Denn die beiden haben verstanden, was viele weitaus ältere GründerInnen oft noch lernen dürfen – und das nicht selten sehr schmerzhaft: Nicht nur für den Investor muss sich die Partnerschaft gut und richtig anfühlen, auch von Gründerseite sollte die Chemie stimmen.

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Foto (oben):  TVNOW / Bernd-Michael Maurer