Web3 und NFTs in 2022: Was für Startups wichtig wird

Bereits im vergangenen Jahr gab es kein Vorbeikommen am Krypto-Megatrend NFT, manche*r sprach vom “JPEG-Sommer 2021”. So kletterte die Bewertung des größten NFT-Marktplatzes OpenSea zuletzt innerhalb von sechs Monaten von 1,3 Mrd. Euro auf 11,7 Mrd. Euro, Projekte wie Bored Ape Yacht Club oder CryptoPunks sind zu NFT-Klassikern geworden, die mittlerweile für Millionen über die digitale Ladentheke gehen. Mit einem Verkaufserlös von 60 Millionen Euro steht eine Collage des Krypto-Künstlers Beeple seit 2021 an der Spitze der teuersten digitalen Kunstwerke – und Beeple selbst als einer der bestbezahltesten lebenden Künstler überhaupt. 

Nach den reinen Informationsseiten des Web1 und der Web2 Plattformökonomie mit Playern wie Facebook oder Uber, steht Web3 mit der “ownership economy” für die nächste Evolutionsstufe des Internets. Kryptowährungen wie Ethereum, Polygon oder Solana sind die Basis dafür, dass durch NFTs digitale Assets wie Bilder, Videos oder Musik zu digitalen Gütern werden. 

Welche web3-Trends 2022 spannend werden, haben uns einige der namhaftesten Stimmen der web3 und NFT Szene verraten.

Von Gamern, der Echtheit von Luxusartikeln und autonomen Organisationen

Der web3 Experte und LinkedIn-Influencer Roman Rolnik sieht die zunehmende Bedeutung digitaler Assets beflügelt durch die immer weiter fortschreitende Digitalisierung von mehr und mehr Lebensbereichen. “Je mehr Menschen ihre Zeit vornehmlich online verbringen, desto wichtiger wird es ihnen, sich digital darzustellen” so Rolnik. Beste Voraussetzungen für die derzeit zu beobachtende Entstehung eines umfassenden Ökosystems neuer Dienste. Digitale Eigentumsrechte werden sich laut Rolnik insbesondere in der Kunst, im Gaming und der Musik durchsetzen. Ein besonderes Augenmerk hat Rolnik auf den Bereich Digital Fashion geworfen. Er ist sich sicher, dass NFTs im Lifestyle-Bereich ihren Durchbruch erleben werden, weil immer mehr Menschen sich in digitalen Profilen ebenso präsentieren wollen wie auf der Straße. “Stell dir vor, du besitzt eine Louis Vuitton-Tasche und kannst mit dem dazugehörigen – von Louis Vuitton ausgestellten – NFT zeigen, dass es sich um ein Original und keine Fälschung handelt.”

Niftynaut, NFT Sammler und Gründer von swap.kiwi, einer Tauschplattform für NFTs, sieht vor allem auch bei Zahlungsmitteln ganz neue und Community-basierte Möglichkeiten im Internet zu interagieren. Decentralized Finance (DeFi) bildet nach und nach das gesamte FIAT Finanzsystem in der Blockchain ab, woraus 2022 immer neue Produkte entstehen werden. Den Durchbruch jedoch, da ist sich Niftynaut sicher, wird der Bereich Gaming bringen. Für Gamer und Gamerinnen wird “play to earn” der neue Normalzustand. Spielen sie ein Spiel auf der Blockchain, gehören ihnen die verwendeten digitalen Assets als NFTs, etwa ein bestimmter Spielcharakter. Kann sich der Charakter erfolgreich von Level zu Level kämpfen, gewinnt er an Wert und kann auf einem Marktplatz gewinnbringend an andere Gamer verkauft werden. Bisher waren In-Game-Transaktionen eher eine Einbahnstraße, an denen die Spielehersteller allein verdienten – 2021 beachtliche 29 Mrd. Euro weltweit. “Play-to-earn rückt die Gamer wieder in den Mittelpunkt. Allein durch das Spielen eines Spiels kann mit NFTs Geld verdient werden” so Niftynaut. Spiele wie The Sandbox oder Axie Infinity machen eindrucksvoll vor, wie das neue Konzept funktionieren kann.

“B!” – eine der größten NFT-Sammlerinnen weltweit und Gründerin von RiseDAO, einer Organisation, die sich für Female Empowerment einsetzt, sieht sogenannte “Decentralized Autonomous Organizations” (DAOs), also Organisationen die ihren Mitgliedern selbst gehören, als eine der zentralen web3 Errungenschaften. “Die Community ist dabei Vermarkter, Investor und Fanbase zugleich”. Bestes Beispiel ist nouns.dao, ein dezentralisiertes Netzwerk, das es sich zum Ziel setzt, mit täglichen Verkäufen von computer-generierten NFTs Projekte zu finanzieren – ausgewählt durch die Community. Nouns.dao hat bis jetzt über 53 Millionen Euro eingesammelt.

Was für Startups drin ist

1) Finanzierung

Für Startups gibt es mehrere Gründe, sich mit NFTs zu beschäftigen. Nicht zuletzt können NFTs als “Crowdfunding on Steroids” dienen – mit einem direkten finanziellen Anreiz auf Seite der Finanzierenden. CloneX von RTFKT konnte beim Minting (engl. für Erstprägung / Initialisierung der NFTs) etwa 87 Millionen Euro einnehmen, allein durch die Crowd finanziert und ohne Anteile am Unternehmen abgeben zu müssen. Nur wenige Wochen später kaufte Nike das NFT-Fashion-Studio für einen hohen dreistelligen Millionenbetrag. Jeder, der einen CloneX gekauft und dadurch das Projekt finanziert hat, hat dadurch sehr wahrscheinlich gute Gewinne mitgenommen. Der “Floor Price” (Mindestbetrag für ein NFT) liegt aktuell bei 14,2 ETH, ca. 38.000 Euro.

Zu sehen ist aktuell auch, dass völlig neue Arten von VCs entstehen. Einer davon ist Hyperscale. Hier entsteht eine DAO, die u.a. von Sam Altman unterstützt wird, zur Finanzierung von Startups. Das Versprechen: bis zu 1 Million Euro Funding innerhalb nur einer Woche und nach dem Ausfüllen eines einzigen Bewerbungsformulars. 

“Es ist abzusehen, dass beträchtliche Mengen an Kapital künftig weg von web2 und hin zu web3 fließen werden” bestätigt Niftynaut.

2) Neue Marketingkanäle & Community with Benefits

Kommunikationskanäle sind in web3 andere als in web2: Discord, Twitter, das Metaverse. Da dem Community-Gedanken im web3 eine besondere Bedeutung zukommt und die Community vor allem über Discord gemanagt wird, sollten Startups nicht verpassen, sich entsprechende Expertise anzueignen. Denn frühe Mitarbeiter und Unterstützer können durch NFTs oder Tokens auf ganz neue Weise incentiviert werden: “Early Adopter erhalten etwa über kostenlose Airdrops finanzielle Belohnungen, schlichtweg, weil sie frühzeitig dabei waren. Eine Motivation also, sich für ein Projekt oder Startup einzusetzen”, meint Teo, der die größte deutsche web3 und NFT Community “TEO” auf Discord leitet. 

Obwohl es bereits eine Vielzahl von Anwendungsfällen für web3, NFTs und das Metaverse gibt, “werden wir noch zahlreiche Innovationen sehen, die wir uns aktuell noch gar nicht vorstellen können”, meint B! Für alle, die Teil der Community werden wollen und sich fragen, wie lange es dauert sich ins Thema einzuarbeiten, hat sie eine konkrete Einschätzung parat: “Einen Monat, wenn man sich bereits mit Cryptowährungen, Twitter und Discord auskennt und drei Monate für alle anderen.”

In diesem Sinne: #wagmi (= we are all gonna make it)

Über den Autor
Benjamin Bauer ist Startup-Gründer und CEO des ZOLLHOF – Tech Incubators in Nürnberg. Der ZOLLHOF unterstützt early-stage Tech Startups bei der Marktvalidierung, Investment und Kundenzugang. In den letzten 5 Jahren seit Gründung konnten über 70 Startups begleitet werden mit einer Gesamtbewertung von gut 500 Millionen Euro. Der ZOLLHOF fokussiert für den Startup-Batch 2022 u.a. auf web3 Startups. 

Foto (oben): Rokas Tenys / Shutterstock