#Interview

“Wir hatten viele schwierige Situationen und Zeiten”

Das junge Startup WeddyPlace stemmte in den vergangenen Jahren schon zwei Übernahmen. "Die größte Herausforderung dabei ist, all das durchzuziehen, während Du Dich darauf konzentrieren musst, dass Dein Startup stark wächst", sagt Gründerin Pauline Koehler.
“Wir hatten viele schwierige Situationen und Zeiten”
Montag, 14. Februar 2022VonAlexander

Hinter dem Berliner Startup WeddyPlace, das 2018 vom Geschwisterpaar Pauline und Daniel Koehler gegründet wurde, verbirgt sich eine Vermittlungsdienstleister für Brautpaare in der Phase ihrer Hochzeitsplanung. Investoren wie Mutschler Ventures, IBB Ventures, Axel Springer Plug & Play und Verena Pausder investierten in den vergangenen Jahren in WeddyPlace. Derzeit arbeiten Mitarbeiter:innen für die Jungfirma. Nach eigenen Angaben konnte das Unternehmen bisher “über 50.000 Hochzeiten aktiv begleiten”.

Die Corona-Krise, in der nicht viele Hochzeiten stattgefunden haben, nutzte das Team, um seine App zu starten, die Akquise von weiteren Dienstleistern und die Übernahme des Wettbewerber WonderWed. “Wir haben uns zu Anfang der Coronakrise mit unseren Investoren zusammengesetzt und einen Plan gemacht, was alles passieren muss, um in Zeiten der Normalisierung dementsprechend besser dazustehen” sagt Gründerin Koehler rückblickend. 

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht die WonderWed-Macherin außerdem über Hochzeitsmessen, Customer Experience und Verhandlungen.

Wie würdest Du Deiner Großmutter WeddyPlace erklären?
WeddyPlace ist ein Hochzeitsplaner, der nicht als Person sondern als digitaler Helfer unterstützt. Das bedeutet, dass man WeddyPlace als App auf das Handy laden kann oder am Computer aufrufen kann. Dort finden Brautpaare dann drei Dinge: Deutschlands größte Auswahl an Hochzeitslocations und Dienstleistern. Planungshilfen wie eine Checkliste, einen Budgetplaner und eine Gästemanagementlösung. Inspiration und eine Antwort auf quasi alle Fragen die die Hochzeitsplanung betreffen. Zusammengefasst kann man sagen ist WeddyPlace wie Airbnb für Hochzeiten.

Wie ist die Idee zu WeddyPlace entstanden?
Ich habe WeddyPlace gemeinsam mit meinem Bruder Daniel gegründet und wir haben einen Großteil unserer Kindheit in USA verbracht. Aus diesem Grund waren wir schon auf einigen Amerikanischen Hochzeiten. Als wir gemerkt haben, wie schnell und stark sich der Markt in Deutschland verändert und dass Hochzeiten immer amerikanischer werden haben wir eine riesen Chance gesehen. Der Erst-Fokus auf das Thema Gästemanagement kam vor allem daher, dass wir gemerkt haben, wie viel Koordinationsaufwand darin steckt, sowohl für das Brautpaar als auch für deren Gäste.

War dies von Anfang an euer Konzept, oder hat sich euer Modell seit dem Start irgendwie verändert?
Wir haben tatsächlich einen Pivot gemacht. Ganz ursprünglich sind wir gebootstrapped mit einer Gästemanagement-App gestartet. Mit Vanolia konnten Brautpaare in wenigen Klicks eine App und Homepage erstellen über die Gäste zu- oder absagen können, Fotos teilen können, miteinander chatten können und viele weitere wichtige Informationen einsehen können. Mit dieser Idee waren wir auf über 20 Hochzeitsmessen um uns dazu mit möglichst vielen Brautpaaren und Branchenexperten auszutauschen. Die erste Frage von Brautpaaren lautete immer “seid Ihr ein digitaler Hochzeitsplaner?”. Das hat so klar gezeigt, was Brautpaare sich wünschen und wobei sie Unterstützung brauchen. Wir haben dann einige weitere detaillierte Interviews geführt um herauszufinden, dass vor allem eine Übersicht verfügbarer Locations und passenden Dienstleistern, eine Checkliste, ein Budgetplaner und Gästemanagement schwierig sind und sich dabei Unterstützung gewünscht wird. Und genau so ist dann die Weiterentwicklung zu WeddyPlace entstanden.

Wie genau funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Wir nehmen eine Gebühr von unseren Dienstleistern und haben zusätzliche Marketingeinnahmen über Kooperationen mit Marken wie Hugo Boss, WMF und vielen weiteren. Für Brautpaare ist WeddyPlace komplett kostenfrei.

In der Corona-Pandemie gab es sicherlich nicht viele Hochzeiten. Wie habt ihr diese Phase genutzt und überstanden?
Es stimmt, dass tatsächlich knapp 90 % aller Hochzeiten im Jahr 2020 verschoben wurden. Diese wurden aber lediglich verschoben und nicht abgesagt und genau aus diesem Grund haben wir uns zu Anfang der Coronakrise mit unseren Investoren zusammengesetzt und einen Plan gemacht, was alles passieren muss, um in Zeiten der Normalisierung dementsprechend besser dazustehen. Wir haben uns dann hauptsächlich auf drei Dinge konzentriert. Erstens: Wir haben unsere App designed und gelauncht. Zweitens: Wir haben uns stark auf die Akquise neuer Profis konzentriert da damit natürlich die Customer Experience steht und fällt. Drittens: Wir haben die Verhandlungen zur Übernahme von WonderWed gestartet und einen genauen Plan gemacht, wie die nächsten Schritte nun aussehen.

Mit WonderWed und Foreverly habt ihr inzwischen bereits zwei Wettbewerber übernommen. Warum habt ihr diese Übernahmen gestemmt?
Der Erfolg eines Marktplatz-Modell WeddyPlace basiert auf der Skalierung von sowohl der Supply- als auch der Demand-Side. Das bedeutet, je mehr Dienstleister wir auf der Plattform haben, desto größer auch der Mehrwert für Brautpaare. Wir sind felsenfest davon überzeugt, dass wir Brautpaaren die beste Customer Experience bescheren können, indem wir die besten Tools zur Hochzeitsplanung und die größte Auswahl an Dienstleistern bieten. WonderWed und Foreverly waren geschätzte Wettbewerber in unserer Branche die einige Dinge früher und auch besser gemacht haben als wir. Wir haben uns von Anfang an auf ein richtig, richtig gutes Produkt fokussiert, dafür aber mit der Content Strategie und Produktion erst verhältnismäßig spät gestartet. Das hat Foreverly genau andersrum gemacht und davon konnten wir enorm profitieren. Ohne es vorher so geplant zu haben hatte die Übernahme deshalb perfekte Synergien. Eine Übernahme bedeutet natürlich immer viel Arbeit, aber wir waren nach einer detaillierten Analyse einfach überzeugt, dass der Mehrwert größer ist als das was wir reinstecken müssen. Ab dem Zeitpunkt wo die Entscheidung gefallen ist haben wir dann auch nie mehr zurück geguckt sondern alle Energie aufgewandt um die Übernahme(n) einen vollen Erfolg werden zu lassen. Tatsächlich war es aber eine harte Verhandlung, da wir uns gegen einige starke Mitbieter durchsetzen mussten.

Übernahmen lesen sich immer einfach. Was sind die größten Herausforderungen bei einer Übernahme?
Es gibt tatsächlich einige Herausforderungen die so etwas mit sich bringt – natürlich startet alles mit der Verhandlung und damit überhaupt erstmal auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Dann ist der Legal Teil so einer Transaktion auch nicht immer einfach. Und dann geht es darum, dass jedes Team seinen Teil dazu tut, dass das alles funktionieren kann – das bedeutet immer, dass Tech, Produkt, Sales, HR und Marketing zusammenkommen müssen. Ich würde sagen, dass die größte Herausforderung dabei ist, all das zu tun und durchzuziehen, während Du ohnehin schon 2.000 Aufgaben auf dem Tisch hast und Dich voll darauf konzentrieren musst, dass Dein Startup (ob nun mit oder ohne Übernahme) stark wächst.

Wie viel von WonderWed und Foreverly steckt denn jetzt noch in WeddyPlace?
Da die WonderWed-Übernahme noch nicht so lange her ist und wir uns gerade auf die Integration fokussieren ist es da tatsächlich noch gar nicht so abschätzbar. Die Foreverly-Übernahme ist ja nun schon knapp zwei Jahre her und da kann ich mit voller Überzeugung sagen, dass noch viel von Foreverly in WeddyPlace steckt. Nicht nur konnten wir einen kleinen Teil des Teams übernehmen, was wahnsinnig hilfreich war, sondern auch was unseren Content- und SEO-Kickoff anging, hat Foreverly wirklich sehr geholfen und im Endeffekt das Fundament für das, zu was unser Magazin jetzt entwickelt wurde gelegt.

Wie hat sich Weddyplace seit der Gründung entwickelt bzw. wie groß ist dein Startup inzwischen (Mitarbeiter, Umsatz, andere Kennzahlen)?
Wir sind 17 Mitarbeiter, haben über 12.000 Hochzeits-Dienstleister auf unserer Plattform, über eine halbe Millionen Unique Visitors pro Monat auf App und Website kombiniert und schon jetzt über 50.000 Hochzeiten aktiv begleitet.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Sehr viel ist nicht so gelaufen, wie wir es uns im ersten Moment vorgestellt haben – ich glaube tatsächlich, dass das die erste Lektion ist, die fast alle Gründer lernen müssen. Was ich im Nachhinein als Fehler betrachten würde ist unser später Launch. Mit den Erfahrungen die wir jetzt gesammelt haben, wären wir heutzutage viel früher schon live gegangen und hätten uns mit einem viel kleineren Feature-Set zufrieden gegeben. Zu Anfang dachten wir, dass das Produkt komplett fertig sein muss, mit einem Marktplatz für Dienstleister und Brautpaare, einer Checkliste, einem Budgetplaner, einem Magazin und einem kompletten Teil der sich mit dem Gästemanagement befasst. Wenn ich das heute nochmal machen dürfte, würde ich mich auf ein bis zwei Features konzentrieren und dann viele Kundeninterviews führen um herauszufinden, in welche Richtung man die Plattform am besten hin entwickelt.

Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Ich bin überzeugt, dass unser größter Vorteil ist, dass wir nie aufgegeben haben! Wir hatten so viele schwierige Situationen und Zeiten in denen wir wirklich nicht wussten wie die nächsten Monate geschweige denn Wochen aussehen werden und trotzdem haben wir nie den Glaube an unsere Vision aus den Augen verloren. Ich bin überzeugt, dass uns das sehr stark von vielen anderen Gründern unterschieden hat. An dieser Stelle muss ich aber auch sagen, dass wir das alles niemals ohne unser Team geschafft hätten. Ein Großteil unserer Kollegen ist schon seit mehreren Jahren ein Teil von WeddyPlace und machen einfach das Unmögliche möglich.

Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründern mit auf den Weg?
Ich denke, dass das was uns so stark gemacht hat, das Durchhaltevermögen, hat nur so viel gebracht, weil wir immer wieder für uns individuell und auch gemeinsam evaluiert haben ob wir noch auf dem richtigen Pfad sind, ob wir noch an die Firma glauben und ob das Potenzial wirklich so groß ist wie wir in dem Moment zu glauben schienen. Wenn Du immer wieder aktiv die Entscheidung triffst, für Deine Firma, die Vision und das Team zu kämpfen, dann musst Du Kraft daraus schöpfen, dass Du diese Entscheidung aktiv getroffen hast und nicht nach dem Motto “mitgehangen mitgefangen” agierst.

Wo steht WeddyPlace in einem Jahr?
Wir evaluieren gerade, ob wir in diesem Jahr nochmal eine größere Runde raisen oder das Jahr der Profitabilität widmen. Beides sind denkbare Optionen die WeddyPlace aber in unterschiedliche Richtungen entwickeln werden. Ansonsten konzentrieren wir uns stark auf die Post-Merger-Integration, auf den Feature-Ausbau auf der Dienstleister-Seite und darauf das Gästemanagement verstärkt auszubauen. Außerdem planen wir unsere Präsenz über geografische Expansion zu verstärken.

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Foto (oben): WeddyPlace

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.