“Seid mutig! Große Ideen müssen nicht aus der großen Stadt kommen”
Die Jungfirma pixx.io wandelte sich in den vergangenen Jahren vom Hardware-Anbieter zum SaaS-Unternehmen. “Mitarbeiter, die in ihrer Tätigkeit viel mit Bild- und oder Videodaten arbeiten, benötigen oft sehr viel Zeit, um diese zu organisieren und zu verteilen. Mit pixx.io haben wir eine Software gebaut, mit der diese Dateien sehr viel angenehmer, schneller und ganz einfach organisiert werden können”, erklärt Gründer Richard Michel das Konzept des Unternehmens.
Der Pivot ging dabei auf! “Nach unserem Pivot mit der Umstellung von Hardware auf SaaS konnten wir unseren Umsatz jährlich mindestens verdoppeln. Auch unser Team wurde von Jahr zu Jahr größer”, sagt Michel. Das Unternehmen beschäftigt mittlerweile mehr als 30 Mitarbeiter. “Unser ARR liegt im siebenstelligen Bereich”, führt der pixx.io-Macher weiter aus. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Michel außerdem über Optimierung, Mühldorf und Zielgruppen.
Wie würdest Du Deiner Großmutter pixx.io erklären?
Mitarbeiter, die in ihrer Tätigkeit viel mit Bild- und oder Videodaten arbeiten, benötigen oft sehr viel Zeit, um diese zu organisieren und zu verteilen. Mit pixx.io haben wir eine Software – also einen digitalen Werkzeugkoffer – gebaut, mit der diese Dateien sehr viel angenehmer, schneller und ganz einfach organisiert werden können.
Hat sich das Konzept, das Geschäftsmodell, in den vergangenen Jahren irgendwie verändert?
Ursprünglich haben wir pixx.io gegründet, um das Produkt “pixx.io box” zu vertreiben. Diese Box war ein kleiner Computer, ausgestattet mit einer Software, mit der kleine Teams oder Foto-Studios ihre Fotos und Grafikdateien verwalten können. Angedacht war, dass man in einem Online-Shop die Box inklusive Software einmalig kauft. Gestartet haben wir mit einer indiegogo Kampagne und konnten darüber die ersten Kunden für uns gewinnen. Nach Auslieferung der indiegogo-Boxen lief der Verkauf aber sehr schleppend an – wir machten einfach keinen Umsatz!
Wie ging es dann weiter?
Unsere Zielgruppe waren damals hauptsächlich Fotografen oder Grafiker. Dann bekamen wir eine Anfrage von einer Kundin. Sie fragte, ob sie denn nicht nur die Software kaufen und diese für ihren Arbeitgeber, einen mittelständischen Betrieb, verwenden könne. Das war die rettende Idee. Nach einem Meeting mit den Investoren stand dann auch fest, dass wir uns auf eine neue Zielgruppe fokussieren müssen: Marketing Teams! pixx.io löst hier das branchenübergreifende Problem in Marketing- und Kreativabteilungen: das effiziente und einfache Management von Daten. Unsere Kunden kommen heute auch aus den verschiedensten Bereichen: von dem mittelständischen Industrieunternehmen bis hin zum kleinen Food-Startup. Neben der Installation auf Unternehmens-Hardware bieten wir seit 2017 pixx.io als SaaS-Tool über die Cloud an. Seitdem fokussieren wir uns auf die Optimierung von pixx.io als SaaS-Lösung.
Wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
pixx.io ist ein Software-as-a-Service-Tool. Das heißt gegen eine monatliche Gebühr können unsere Kunden die Software in der Cloud nutzen. Um die Infrastruktur, Backups, Wartung und Co. kümmern wir uns! Die Kunden können quasi sofort starten, müssen nichts installieren oder technisch aufsetzen. pixx.io ist einfach über den Webbrowser erreichbar, dort loggen sich die Kunden in ihren Workspace ein. Als SaaS-Company arbeiten wir top modern und voll-automatisiert. Unser Geschäftsmodell ist sehr ähnlich dem von Slack, asana, trello & Co.! Durch den super einfachen Einstieg und die einfache Bedienbarkeit grenzen wir uns deutlich von “Enterprise Digital Asset Management” Lösungen ab – wir sind das einfache “Plug & Play DAM” für kleine und große Teams. Unsere Kunden können komplett selbstständig testen und buchen – bei umfangreicheren Anwendungsfällen bieten wir eine individuelle Betreuung durch unser Sales Team an.
Die Corona-Krise traf die Startup-Szene zuletzt teilweise hart. Wie habt ihr die Auswirkungen gespürt?
Ehrlich gesagt hat sich die Corona Krise sogar eher positiv auf uns ausgewirkt. Da die meisten Marketing-Teams ins Home Office gewechselt sind, hat die Digitalisierung einen richtig Push bekommen – der Bedarf an Daten, die leicht erreichbar in der Cloud – ohne komplizierte VPN-Zugänge – sind, stieg immens. Vor allem in den ersten drei Monaten der Corona-Krise war aber auch für uns spürbar, dass einige betroffene Unternehmen, zum Beispiel in der Tourismusbranche, zögerlich mit ihren Budgets umgegangen sind oder diese sogar eingefroren haben. Im Laufe des Sommers 2020 hat sich das aber deutlich gelockert.
Wie lief die Zustellung aufs Home Office bei euch?
Was unseren eigenen Arbeitsalltag betrifft war die Umstellung auf Remote Working kein Problem. Unsere Prozesse und Tools waren auch vor Corona schon dafür ausgelegt, da einige Mitarbeiter immer wieder flexibel im Home Office oder von unterwegs gearbeitet haben. An manchen Stellen mussten wir etwas organisierter werden zum Beispiel bei den Themen, die man vorher einfach kurz am Schreibtisch besprochen hat.
Wie ist überhaupt die Idee zu pixx.io entstanden?
Mein Mitgründer Christoph Trautbeck und ich haben bereits 2001 das erste Mal zusammen eine Firma gestartet. Als ehemalige Kollegen hatten wir die Idee zu unserer Web-Agentur w-solution. Schon damals hatten wir immer wieder mitbekommen, dass einige Unternehmen ein großes Problem mit der Organisation ihrer Bilder hatten. Deshalb haben wir die pixx.io box entwickelt und uns dann entschieden in eine eigene GmbH auszugründen, eine Marke aufzubauen und Investorengelder einzusammeln!
Ihr residiert in Mühldorf – zwischen München und Salzburg. Wie ist das Startup-Leben auf dem Land so?
Als Tech-Startup in Mühldorf sind wir schon eher als Exoten bekannt, aber für viele stellen wir auch Vorbilder bzw. Vorreiter dar. Ehrlich gesagt bietet uns der Standort Mühldorf ziemlich viele Vorteile! Flächen und Lebenskosten sind hier deutlich günstiger als beispielsweise in München. Durch günstige Gewerbeflächen ist es uns möglich, unseren Mitarbeiter ein richtig tolles Büro zu bieten. Anders als viele vermuten würden, haben wir übrigens eine sehr gute Infrastruktur. Unser Büro ist fußläufig vom Mühldorfer Bahnhof erreichbar und auch die nächste Auffahrt zur A94 ist nicht weit – München ist nicht so weit weg, wie man meint – zum Münchner Osten circa 30 Minuten. Durch diese Nähe zur Großstadt sind wir dort auch in die Startup-Szene integriert und haben uns ein starkes Netzwerk aufgebaut. Wir wollen auch in München bekannt machen, dass Mühldorf ein guter Gründungsstandort ist und das “Münchner Startup Life” aufs Land holen. Im Rahmen der Entwicklung unseres Büros entstand dabei die Idee mit dem Bauherrn einen Startup Campus zu planen – den iO PARK. Das pixx.io-Büro ist hier das erste fertige Gebäude, aktuell wird aber bereits am zweiten gebaut. Sobald Corona es wieder zulässt werden hier Coworking Flächen angeboten und Events veranstaltet. Auch für unsere Mitarbeiter ist Mühldorf sehr attraktiv. Gerade für junge Familien bietet die Stadt günstige Wohnflächen und Kindergärten-Plätze. Die Nähe zur Natur bietet Erholungsmöglichkeiten – eine ausgeglichene Work-Life-Balance ist uns wichtig!
Findet ihr in Mühldorf und Umgebung denn überhaupt genug passende Mitarbeiter?
Bisher haben wir keine Probleme, top Mitarbeiter zu finden. Einige sind mit pixx.io “groß geworden”, haben bereits während des Studiums für uns gearbeitet und sind dann Vollzeit bei pixx.io eingestiegen. Außerdem sehen wir einen Trend, dass Münchner nach Mühldorf ziehen – das spielt uns natürlich in die Karten, denn tägliches Pendeln ist auf Dauer für die meisten doch zu stressig und sie schauen sich in Mühldorf nach einer geeigneten Stelle um. Dass wir dabei keine schlechteren Gehälter als in München oder Berlin zahlen, versteht sich von allein. Wir haben eine sehr starke Mitarbeiterbindung und bauen die Kompetenzen nachhaltig im Team auf. Unsere Münchner Gründer-Kollegen beklagen immer wieder die Fluktuation der High Potentials in ihrem Startup.
Hast Du einen Tipp für andere Gründer:innen, die auf dem Land gründen möchten?
Erkennt die Vorteile eures Standortes und nutzt sie ganz bewusst! Vernetzt euch mit anderen Startups und Unternehmern und versucht am Netzwerk der nächsten Großstadt teilzunehmen. Nutzt Gründernetzwerke wie Bay Startup oder EO – Entrepreneurs Organization! Diese Organisationen haben uns sehr unterstützt und enorm weitergeholfen. Ob ihr auf dem Land oder in der City gründet ist für sie egal. Seid mutig! Große Ideen müssen nicht aus der großen Stadt kommen. Wachstum aus dem suburbanen bzw. ländlichen Raum in ein international erfolgreiches Unternehmen ist möglich. Das wird immer wieder bewiesen, zum Beispiel von Teamviewer!
Wie genau hat sich pixx.io denn seit der Gründung entwickelt?
Nach unserem Pivot mit der Umstellung von Hardware auf SaaS konnten wir jährlich unseren Umsatz mindestens verdoppeln. Auch unser Team wurde von Jahr zu Jahr größer, so dass bald der Platz im Büro ausging. Nach kurzfristiger Anmietung eines zweiten Büros sind wir letztes Jahr im iO Park eingezogen. Seit der Umstellung von pixx.io in die Cloud optimieren wir unsere Software und Prozesse stetig. Als nächstes planen wir die Skalierung von pixx.io und den Eintritt in neue Ländermärkte in Europa.
Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist pixx.io inzwischen?
pixx.io beschäftigt mittlerweile mehr als 30 Mitarbeiter und über 30.000 User nutzen unsere Software. Unser ARR liegt im siebenstelligen Bereich.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Wir haben zu spät festgestellt, dass das Geschäftsmodell mit der Box nicht funktioniert – schon alleine, weil es sehr schwer skalierbar ist. Noch dazu hatten wir unsere Zielgruppe falsch fokussiert und dann zu lange daran festgehalten. Das hat es schwer gemacht, die anderen Potenziale zu erkennen.
Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Wir haben die besten Mitarbeiter gefunden und motiviert, langfristig bei uns zu bleiben!
Wo steht pixx.io in einem Jahr?
In einem Jahr möchten wir über 50 Mitarbeiter beschäftigen und unseren Umsatz ein weiteres Mal verdoppeln.
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