#Interview
“Menschen investieren nicht nur in Ideen, sondern zum Großteil auch in die Menschen”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Caroline Nichols, Mitgründerin von 3Bears, einem Food-Startup, das Porridge anbietet.
Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Lange schlafen, eine Stunde Yoga mit meinem Personal Trainer … nein, ich mach‘ nur Spaß! Wenn ich morgens ins 3Bears-Office komme, bin ich schon komplett in den Tag gestartet. Los geht es um 6 Uhr mit meinem Sohn beim Frühstück – ja, natürlich eine Porridge Bowl, was sonst?. Mein Mann und Mitgründer Tim schläft gerne länger, also übernehme ich die Frühschicht und genieße die Zeit mit meinem Sohn. Ich gebe dann Vollgas, wenn ich im Büro bin. Auf dem Weg dahin liegt praktischerweise die Kita unseres Sohnes, so dass ich Mutteralltag und Startup-Alltag verbinden kann.
Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Die Arbeit endet als Gründer*in ja nie ganz. Aber natürlich ist es so, dass ich nachmittags, wenn ich meinen Arbeitsplatz nach Hause verlege – weil ich unseren Sohn aus der Kita wieder abhole – schon erst mal richtig das Hirn auslüften kann, wenn dann einfach mal nur Mama-Zeit angesagt ist. Dann kommt schon auch mal wieder ein call rein beim Spaziergang oder ich lege mir diese auch ganz bewusst auf die Zeit, wenn ich den Kinderwagen an der Isar entlang schiebe. Frische Luft für frische Gedanken … Wenn ich nachmittags mir frei nehme, dann geht es oft abends nochmals an den Schreibtisch. Zeit mit meiner Familie und guten Freunden, kochen, gemeinsam essen, reden, solche Dinge sind ehrlich gesagt auch für mich als Geschäftsfrau das beste Mittel, um runterzukommen. Das sieht bei mir wohl nicht viel anders aus als in vielen anderen Familien. Wenn mein Mann den Sohn bespaßt, gehe ich gerne auch eine Runde joggen – auch das war für mich schon immer ein super Mittel zum Abschalten – oder ich geh mit meinen Mädels aus, lege mich in die Badewanne oder schaue auch liebend gerne ausführlich Netflix & Co.
Was über das Gründer-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Ich glaube, wenn man wirklich ernsthaft mit dem Gedanken spielt, ein Unternehmen zu gründen, dann holt man so viele Informationen wie möglich ein, auch darüber, wie denn so ein Leben als Gründerin ausschauen wird. Zumindest ich hatte da sehr konkrete Vorstellungen, habe mit etlichen Gründern gesprochen – ich wusste also, worauf ich mich einlasse … theoretisch. In der Praxis allerdings fühlt sich so ein Gründer*innen-Dasein dann doch ganz anders an, selbst die Dinge, die man schon zig Mal in der Phantasie durchgespielt hat, damals – vor der Gründung. In der Praxis war es dann wirklich so, dass ich mir das Ausmaß und Intensität des Gründerlebens nicht zuvor vorstellen konnte. Es ist wirklich diese Kombination aus „Selbst & ständig“, die Arbeit hat einen sehr große Impact auf das Privatleben und man muss sich schon vor dem Gründen genaue Gedanken machen, mit welchen Mitteln man sich auch erholen und abschalten kann.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Spontan würde ich sagen: Unser Geschäftsumfeld, also vor allem den Handel davon zu überzeugen, dass unsere Geschäftsidee „Porridge Mischungen in Tüten“ in Deutschland der mega Verkaufsschlager wird. Gerade in Deutschland …der Heimat des Frühstücksbrötchen mit Marmelade! Wo man Porridge als pampigen Brei sich vorgestellt hat. Aber letztendlich war diese Hürde, die ersten Listungen zu erhalten, dann auch unser großes Pfund – denn wir waren die ersten, die Porridge in die Regale gebracht haben. Und wir haben mit der Qualität eben alle Vorurteile ausgeräumt und überzeugt. Man wächst ja bekanntlich an seinen Aufgaben. Das haben wir auf jeden Fall getan, wir haben wirklich jedes kleinste Detail unserer Company hinterfragt, überdacht, definiert … ich könnte auch jetzt noch unseren ersten Businessplan Zeile für Zeile runterrattern, auch wenn man mich dafür nachts wecken würde.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Den einen großen Fehler haben wir – glücklicherweise – nicht gemacht. Aber natürlich macht man immer wieder kleine Fehler, von denen man dann aber direkt auch lernen muss. Beispielsweise, wenn es darum geht, ein Team zusammen zu stellen. Wenn man da merkt, dass das eigene Wissen einfach nicht ausreicht in diesem speziellen Gebiet, dann muss man das akzeptieren und schnell handeln. Es gibt Expert*innen, die man sich als Support ins Unternehmen holt, beratend, und schon funktioniert es.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Oh, da gibt es einen ganzen Blumenstrauß an Wegen – über Ausschreibungen, Headhunting – ich bin aber auch viel auf LinkedIn und scanne passende Profile. Vieles funktioniert da auch proaktiv, wir haben auch schon auf Events tolle Leute kennengelernt – auch auf Instagram, auf den verschiedensten Social Media Kanälen, es ist also alles andere als nur ein Ort oder eine Art, wo es passende Mitarbeiter*innen gibt oder wie man sie findet.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Auf jeden Fall einen Businessplan zu entwerfen und sich nicht dahinter zu verstecken! Es ist wirklich wichtig, dass man einen Businessplan gut ausarbeiten, denn dann sieht man, ob man die Muße hat, sich mit der Geschäftsidee intensiv und im Detail zu beschäftigen. Ist das wirklich meine Passion, meine Leidenschaft? Denn die braucht man, um eine Gründung durchzuziehen, ohne geht es nicht. Und dann ist es gut, über seinen Plan, seine Idee zu sprechen, denn dann bekommt man oft tolles Feedback zurück! Menschen investieren nicht nur in Ideen, sondern zum Großteil auch in die Menschen. Zeigt euch, macht transparent, was euch zum Gründer-Typ gemacht hat, Lebensereignisse, Learnings, einschneidende Momente. Das macht eure Geschäftsidee lebendig, und attraktiv.
Ohne welches externes Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Mir kommt spontan in den Sinn: die Rubin Haferflocken-Mühle im Schwarzwald, die für uns von Anfang an die besten Haferflocken produziert, und unser Businessplan. Aber sind das überhaupt „externe Tools“? Egal, für mich sind es das! Klassisch gedacht verwenden wir diverse Tools. Zum Beispiel im HR Bereich Personio, das ist ein richtig praktisches Tool zur Personalplanung. Oder xentral als Warenwirtschaftssystem-Software, Candis für unser Rechnungswesen. Außerdem selbst (frühere) Start-Ups, mit ihnen zu arbeiten macht besonders Spaß.
Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Unser Team in unserem Firmensitz ist aktuell 30 Frauen und Männer stark, da kennt zum Glück noch jeder jede, wir unternehmen aber auch eine ganze Menge zusammen, zum Beispiel haben wir jetzt eine Lauf- und Radgruppe ins Leben gerufen, gemeinsam Sport machen, das finden viele im Team gut – macht ja auch Spaß! Gute Stimmung entsteht aber auch dadurch, dass wir mit dem Team kontinuierlich an ihren Zielen arbeiten, ihnen transparent darlegen, wo wir als Unternehmen hinwollen und wie sie ihren Teil dazu beitragen können. „Porridge Unlimited“ ist immer gut, gibt es im Office for free und jeden Monat drei Beutel für zuhause! Wir machen auch „Lunch & Learn“ und haben ein Buddy-System eingeführt, wenn neue Leute starten, bekommen sie einen Buddy aus dem Team an die Seite gestellt. Gesehen und wertgeschätzt zu werden in dem, was jede*r tut, hat einen riesen Effekt auf den Team-Spirit. Und dass wir als Company beständig daran arbeiten, besser zu werden, etwas bewegen zu wollen, auch gesellschaftlich und für die Umwelt, das macht – glaube ich, hoffe ich – jedes Teammitglied auch ein bisschen froh und stolz.
Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Ganz klar natürlich die Zeit bei „Die Höhle der Löwen“, vom ersten Anruf, ob wir pitchen möchten bis dann zur Ausstrahlung und vor allem den Stunden und Tagen danach. Wir waren aufgeregt, wir wollten das schaffen, wir haben gezweifelt, ob wir das packen vor den Kameras, Tim war sich plötzlich unsicher, weil er sein deutsch nicht fließend genug fand, wir wollten diesen Erfolg so unbedingt … und haben es geschafft. Was nach dem Pitch-Erfolg und der Ausstrahlung dieser Folge vor fast auf den Tag genau drei Jahren passierte, hätten wir uns bei allem Hoffen nie ausmalen können. Unser Start-Up war über Nacht bekannt. Und wir hatten plötzlich nicht die Herausforderung, dass uns jemand kauft, sondern dass wir unsere Qualität in großer Menge sehr schnell liefern können. Das war ein wilder Ritt, aber ein toller auch. Und irgendwie geht der ja immer noch weiter, das ist das schöne …
Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.
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