#Interview
“Um erfolgreich zu sein, musst du deine Energie langfristig einsetzen”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Vincent Huguet, Gründer der französischen Freelancer-Plattform Malt.
Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
In der aktuellen Situation starte ich meinen Tag wie die meisten zu Hause und bereite Frühstück für meine drei Kinder vor. Normalerweise würde ich aber mit dem Fahrrad durch den Englischen Garten ins Büro fahren und FIP Radio hören – ein Pariser Radiosender, den Jack Dorsey als den Besten der Welt empfiehlt.
Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Entweder gehe ich laufen oder ich mache einen langen Spaziergang durch die Münchner Innenstadt.
Was über das Gründer-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Die Tatsache, dass sich die Unternehmensstrukturen und die Dynamik innerhalb der Teams durch schnelles Wachstum extrem verändern werden, war mir vorher in diesem Ausmaß nicht bewusst. Mit Mitarbeitern umgehen, und sie zu begeistern, ist eine sehr unterschiedliche Aufgabe, je nachdem ob du 3, 10, 50 oder 200 Mitarbeiter hast. Als Gründer musst du darauf vorbereitet sein, deinen Management-Stil und deine Fähigkeiten für diese Aufgabe weiterzuentwickeln.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Die besten Mitarbeiter einstellen. Die richtige Wahl hängt hier sehr stark von dem Stadium ab, in dem sich dein Unternehmen gerade befindet. Der beste Mitarbeiter für dein Team bei 5 Mitarbeitern muss sehr unterschiedliche Fähigkeiten mitbringen, wie derjenige, der ein bestehendes 20-köpfiges Team übernehmen soll. Hier die richtige Wahl zu treffen, ohne dabei bei Menschlichkeit und Kultur Abstriche zu machen, wird immer eine Herausforderung bleiben.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Die Antwort ergibt sich im Grunde aus der vorherigen Frage. Ich glaube sehr stark an menschliche Beziehungen und die Dynamiken, die sich aus dem richtigen Set-up an Menschen und individuellen Talenten und Teams ergeben. Hier passieren aber leider auch Fehlentscheidungen. Ein Start-up ist in dieser Hinsicht ein sehr empfindliches Konstrukt. Das Problem ist, dass man falsche Entscheidungen oft nicht schnell genug erkennt, aber in einem solchen Fall eigentlich schnell handeln muss. Meine größten Fehler waren daher in manchen Situationen nicht schnell genug und manchmal Situationen zu schnell einzustellen. Und wenn man die Chance hat, einen fantastischen Kandidaten einzustellen, dann sollte man es auch tun und im Zweifel eine Rolle für ihn schaffen.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Rekrutierung funktioniert nach den gleichen Prinzipien, wie einen Marktplatz aufzubauen – zum Glück machen wir bei Malt beides. Die Herausforderung liegt im alten Problem von der Henne und dem Ei. Um die besten und richtigen Mitarbeiter zu finden, musst du für sie attraktiv sein. Um attraktiv zu sein, musst du die Besten haben. Der Schlüssel sind die ersten Mitarbeiter, ob im Unternehmen, in einem neuen Team oder in einem neuen Land. In diese ersten Mitarbeiter sollte man all seine Mühe investieren. Bei Malt habe ich die meisten unserer Mitarbeiter – bis zum 150. – im finalen Interview getroffen, sowie alle Schlüsselpositionen in neuen Teams.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Ein Startup ist ein Marathon, kein Sprint. Um erfolgreich zu sein, musst du deine Energie langfristig einsetzen und bereit sein in jedem Stadium dazuzulernen. Dafür brauchst du Austausch und Hilfe von anderen. Ich würde jedem Gründer empfehlen ein offenes Ohr zu entwickeln und sich von ausgezeichneten Talenten in deinem Gründerteam, unter deinen Mitarbeitern oder deinen Führungskräften beraten zu lassen. Und sich mit anderen Gründern austauschen.
Ohne welches externes Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Slack. Ohne dieses Tool wären wir nicht in der Lage gewesen die Kommunikationskultur zu etablieren, die uns heute zu einem agilen und kollaborativen Unternehmen macht, das ohne starke Hierarchiestrukturen auskommt.
Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Vertrauen, Autonomie und eine ehrgeizige Vision auf den Weg geben und die Magie geschehen lassen. Das richtige Team wird Großartiges erreichen, wenn sie eine Vision vor Augen haben und dafür den Freiraum bekommen, den sie brauchen, um die besten Ideen auszuleben.
Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Karaoke war von Anfang an Teil unserer Malt-Kultur, daraus sind mehr wilde Abende entstanden als ich hier aufzählen könnte. Darunter hat auch mal das ein oder andere Meeting am Morgen gelitten. Aber rückblickend würde ich daran trotzdem nichts ändern. Am Ende sind es diese Erfahrungen, die deine Firmenkultur schaffen und dein Team zu einem herausragenden Team machen. Manche Dinge lassen sich nicht in Zahlen oder Fakten präsentieren und sind dennoch erfolgsentscheidend.
Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.
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