#Gastbeitrag

Exit in der Krise – Die besten Strategien für einen Verkauf in Notlage

Für einen erfolgreichen Exit muss der Käufer voll und ganz an den Case glauben. Das braucht Zeit - in Krisensituationen ein rares Gut - dennoch lohnt sich dieser Invest. Ihr behaltet so die Deutungshoheit und verhindert böse Überraschungen in der Due Diligence.
Exit in der Krise – Die besten Strategien für einen Verkauf in Notlage
Dienstag, 21. April 2020VonTeam

Deine größte Stärke ist oftmals auch Deine größte Schwäche und in jeder Schwäche steckt in der Regel eine Chance. Die Bewertung eines Unternehmens ist meist eine Frage der Perspektive, eine Frage der Interpretation oder eine Frage der Darstellung. Ein paar Beispiele:

Starke Verhandlungsposition durch eine Position der Stärke in der Kommunikation

Der Churn Deines Unternehmens liegt bei 30 Prozent. Ein Manko, könnte man im ersten Moment meinen. Doch was, wenn an dieser vermeintlich negativen Zahl bei näherem Betrachten ein vielversprechendes Entwicklungspotential abgelesen werden könnte? Du hast zwar einen Churn von 30 Prozent, dennoch konnte Dein Unternehmen den Kundenverlust in den vergangenen beiden Jahren um 15 Prozent senken. Oder: Ihr habt kein richtiges Sales Team aufgebaut? Ja, wenn ihr ein solches erst hättet, dann würdet ihr noch viel mehr verkaufen. Oder: Ihr steht in einer starken Abhängigkeit zum Kunden? Halb so wild, im Konzern des Käufers fällt das gar nicht mehr ins Gewicht! Hier ist eine geschickte Kommunikation gefragt, mit deren Hilfe vermeintliche Schwächen in Stärken umgewandelt werden können. 

Wie verhandele ich aus einer akuten, finanziellen Notlage heraus?

Wie bewahren Unternehmen aber Verhandlungsstärke, wenn sich durch die Krise die Gesamtsituation des Unternehmens maximal verschlechtert hat? 

Vorausgesetzt das Geschäftsmodell ist grundsätzlich profitabel, so muss dem Investor unbedingt deutlich gemacht werden, dass die Notlage temporär ist. Es muss klar werden, dass die Möglichkeit eines Deals allein und ausschließlich aufgrund der Krise besteht. 

Die Krise ist endlich- der Zeitraum für einen Kauf auch!

Wenn Unternehmen unter Druck stehen, dann kann es ein probates Mittel der Verhandlungstechnik sein, selbst Druck gegenüber dem Interessenten aufzubauen: es gibt nur ein begrenztes Zeitfenster für diesen Kauf, nach der Krise ist die Gelegenheit verstrichen. Wichtig ist es zudem, deutlich auf die Synergien und weitreichenden, strategischen Effekte der Akquisition hinzuweisen. Denn diese sind unabhängig von der Notlage und der Krise existent. 

Erzeugt Wettbewerb

Eine weitere Taktik, die Verhandlungsposition maßgeblich zu verbessern ist es, Wettbewerb zu erzeugen. Unternehmen, die akut in Schieflage geraten sind, können jetzt einen Teil des Unternehmens verkaufen und die restlichen Anteile dann, wenn die Krise vorüber ist. Alternativ besteht die Möglichkeit, nicht die Firma, sondern lediglich die Option zu verkaufen, die Company zu einen späteren Zeitpunkt zu einem vereinbarten Preis oder Multiplikator akquirieren zu können. Das Geld für die Option könnte dann das Überleben sichern. 

So vermeidest Du Dealbreaker 

Kenn Deine Zahlen und vervollständige Deine Dokumentation

Es gibt Gründer, die wissen über die Konfiguration ihres Dienstwagens besser Bescheid als über ihre Zahlen. Auch wenn dieser Teil des Exits für Viele nicht der Spannendste sein dürfte, ist eine vollständige Dokumentation unabdingbar. Eine schlechte Dokumentenlage führt immer wieder zu Verhandlungsverzögerungen, nachteiligen Garantiekatalogen für die Verkäufer oder auch zum Abbruch der Verhandlung. 

Macht deutlich, was ihr wollt

Kommuniziere möglichst früh in einem Prozessbrief, auf was es dir im Angebot ankommt und welchen Zeitplan der Prozess haben soll. Ist es Dir beispielsweise wichtig, den Standort zu erhalten oder dass der Käufer die Mitarbeiter übernimmt, muss dies dort zu lesen sein, so dass sich der Bieter dazu äußern kann. Definiere darüber hinaus genau, wie die Bewertung aufgeschlüsselt werden soll. Gibt es etwa eine Working Capital-Anpassung oder nicht? So vermeidet man Missverständnisse und sorgt in einem frühen Verhandlungsstadium für Klarheit. 

Bewahre Deutungshoheit durch Offenlegung aller Schwächen

Es ist immens wichtig, Risiken und Schwächen in dieser Frühphase offen anzusprechen und einzuordnen. Erkläre dem Investor das Geschäft von allen Seiten, den Positiven wie Negativen, mit allen Chancen und Risiken. Wenn er das ganz durchdrungen hat und trotzdem noch weitermachen will, dann sind die größten Dealbreaker ausgeräumt. Beklagen sich Unternehmen, der Bieter habe den Kaufpreis nach der Prüfungsphase nach unten anpasst, dann müssen sie sich oftmals an die eigene Nase fassen. In diesen Fällen sind in der Regel nicht alle Karten auf den Tisch gelegt worden. Zudem passiert eine Kaufpreissenkung erfahrungsgemäß meistens erst dann, wenn der Interessent bereits über Exklusivität verfügt. Das Pferd lässt sich zu diesem Zeitpunkt dann nicht mehr wechseln.

Für einen erfolgreichen Exit muss der Käufer voll und ganz an den Case glauben. Das braucht Zeit – in Krisensituationen ein rares Gut – dennoch lohnt sich dieser Invest. Ihr behaltet als Verkäufer so die Deutungshoheit und verhindert böse Überraschungen in der Due Diligence. Letztlich gilt: Unternehmen mit einem starkem Business Case und der Fähigkeit, ihre Geschäftsmodelle schnell und profitabel an die veränderte Situation im Lockdown anzupassen und so womöglich mittelfristig sogar zu profitieren, werden auch wenn die Liquidität eng ist, zum Abschluss kommen. Investoren konzentrieren sich in der Krise auf die Unternehmen, die weiterhin angreifen. Im ersten Quartal dieses Jahres haben wir bereits neun Unternehmen verkauft, vier davon im März. Im April kommen noch mal vier dazu. Es lohnt sich zu kämpfen.

Über den Autor
Mark Miller gründet im Jahr 2000 zusammen mit Michael Moritz die M&A-Beratungsfirma CatCap in Hamburg, die seit 2019 unter dem Namen Carlsquare firmiert. Er hat in seiner Karriere den zweiten Golfkrieg ebenso erlebt, wie das Platzen der New Economy-Blase oder die Lehman-Pleite und hat mit seinem M&A-Beratungshaus die Staatenfinanzkrise erfolgreich umschifft. Das Unternehmen ist auf disruptive Märkte spezialisiert und hat Büros in Hamburg, München, Berlin, Kopenhagen, Stockholm und London.

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