#Interview

“Ich war anfangs zu vertrauensvoll”

Gründeralltag - gibt es das überhaupt? "Ein 'nach der Arbeit' gibt’s nicht. Nein im Ernst: Die Familie zuhause holt einen meistens ganz gut runter", sagt Nicholas Neerpasch, Gründer von Doozer, Sein Tag startet klassisch, "mit einen Blick in meinen Kalender".
“Ich war anfangs zu vertrauensvoll”
Montag, 2. März 2020VonAlexander

Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Nicholas Neerpasch, Gründer von Doozer, einer Plattform für Wohnungssanierungen.

Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Mit einen Blick in meinen Kalender – den ich dann meisten vor Schreck direkt wieder zu mache.

Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Ein “nach der Arbeit” gibt’s nicht. Nein im Ernst: Die Familie zuhause holt einen meistens ganz gut runter.

Was über das Gründer-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Dass im Grunde alles immer doppelt so lange dauert, als geplant.

Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Wir haben einen ziemlich anspruchsvollen Business Case: Wir bringen bauunerfahrene Auftraggeber mit Handwerkern zusammen. Beide Parteien haben meistens ein etwas unterschiedliches Mindset. Bei den Bauherren geht es meistens um relativ große Auftragsvolumina, häufig auch um Renovierungsmaßnahmen in ihren eigenen vier Wänden, was das Thema emotionaler macht. Zuletzt ist Bauen an sich komplex und es geht ab und an mal etwas schief, bzw. es passiert etwas Unvorhergesehenes. Diese ganzen Variablen unter einen Hut zu bekommen und hieraus einen funktionierenden und vertrauensstiftenden Prozess zu machen, war eine große Herausforderung, die wir mittlerweile jedoch ganz gut hinbekommen haben.

Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Ich glaube, ich war anfangs zu vertrauensvoll. Bei Personalentscheidungen zum Beispiel habe ich manchmal zu sehr nach dem Prinzip „Hoffnung“ entschieden, anstatt alle Fakten kritisch zu hinterfragen. Manchmal wünscht man sich einfach, mangels an Alternativen, dass der entsprechende Kandidat einfach der Richtige ist, obwohl der Bauch einem bereits sagt, dass er es wahrscheinlich nicht ist. Heute hinterfrage ich die Entscheidungen vorher kritischer.

Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Wir schalten natürlich Anzeigen, was nur bedingt etwas bringt. Die besten Erfolge haben wir tatsächlich über eine gezielte Online-Ansprache von Kandidaten über Soziale- oder Business Netzwerke.

Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Hinterfragt Euren Case von Beginn an kritisch und intensiv! Holt Euch, bevor ihr losrennt, mehrere unterschiedliche Meinungen von Brancheninsidern zu Eurem Case ein. Das Gleiche gilt für Eure Co-Founder. Wenn ihr diese Person nicht schon lange kennt und schon zusammen gearbeitet habt, holt Euch entsprechende Referenzen ein, bevor Ihr Euch für eine so enge Partnerschaft entscheidet.

Ohne welches externes Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Die Online-Bestellungsmöglichkeit von Club Mate beim Getränkelieferant unseres Vertrauens.

Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Wir haben vor kurzem das „Sie“ abgeschafft und duzen uns jetzt alle. Nein, wichtig ist immer eine positive und offene Kommunikation. Freiraum. Yoga im Büro und die besten Weihnachtsfeiern in ganz Berlin.

Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Die Aussage eines Vorstandes eines sehr großen Immobilienunternehmens, dass sie die Digitalisierung ihrer Prozesse jetzt abgeschlossen hätten – sie würden jetzt mit Excel arbeiten. Das war ernst gemeint.

Tipp: Wie sieht ein Startup-Arbeitsalltag? Noch mehr Interviews gibt es in unserem Themenschwerpunkt Gründeralltag.

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Foto (oben): Doozer

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.