#Interview
“Das gesamte Team ist nachts in den Pool unserer Nachbarn gesprungen”
Wie starten ganz normale Gründerinnen und Gründer so in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag? Wie schalten junge Unternehmerinnen und Unternehmer nach der Arbeit mal so richtig ab und was hätten die aufstrebenden Firmenlenker gerne gewusst bevor sie ihr Startup gegründet haben? Wir haben genau diese Sachen abgefragt. Heute antwortet Tobias Langmeyer, Gründer von dynamic commerce.
Wie startest Du in einen ganz normalen Startup-Arbeitsalltag?
Ich brauche zwar nicht viel Schlaf, aber ein Frühaufsteher bin ich nicht. Mein großes Ziel ist es, morgens einen Sit-Up und einen Push-Up für jedes Lebensjahr – aktuell 35 – zu machen und 15 Minuten zu meditieren. Viel zu oft wird daraus aber nichts und ich muss mich beeilen, um wenigstens noch einen Kaffee vor dem Start ins Office zu trinken.
Wie schaltest du nach der Arbeit ab?
Ganz bewusst habe ich mich für Hobbies entschieden, die mich terminlich unter Druck setzen. Die Gefahr ist sonst einfach zu groß, zu lange im Büro zu bleiben. Beim Crossfit powere ich mich so richtig aus und an der Studiobühne Bayreuth kann ich meine Leidenschaft für das Theater ausleben. Da ich selten genug Zeit für die Theaterproben habe, bin ich öfter hinter als auf der Bühne aktiv und übernehme dort die Licht- und Tontechnik.
Was über das Gründer-Dasein hättest du gerne vor der Gründung gewusst?
Zu Beginn der Gründung war ich als Entwickler aktiv. Ich hatte mir gar keine Gedanken darüber gemacht, dass ich als Unternehmer selbst irgendwann gar nicht mehr coden würde – das haben zunehmend andere übernommen. Wenn das Unternehmen erfolgreich ist, verändert sich der Job ständig: Vor einigen Jahren war ich noch einen großen Teil meiner Zeit mit Kundenakquise und Marketing beschäftigt, inzwischen liegt der Fokus zunehmend auf der Arbeit am Unternehmen. Damit hat sich mein Aufgabenbereich völlig von seinem Ursprung entfernt.
Was waren die größten Hürden, die Du auf dem Weg zur Gründung überwinden musstest?
Die Gründung ist selbst finanziert und auch die Bürokratie war damals keine große Herausforderung. Als Schwierigkeit stellte sich vor allem die Kundengewinnung heraus. Wer möchte eine Webshop-Software einsetzen, die noch nicht fertig entwickelt ist und ohne Referenzen vorweisen zu können? Das hat zu Beginn einiges vertriebliches Geschick erfordert.
Was waren die größten Fehler, die Du bisher gemacht hast – und was hast Du aus diesen gelernt?
Vor dynamic commerce habe ich bereits eine Veranstaltungsagentur gegründet. Das ging auch sehr erfolgreich los und wir sind fleißig gewachsen. Auf dieser Erfolgswelle schwammen wir ganz enthusiastisch mit und gingen große – finanzielle – Risiken ein. Allerdings sind uns absolut unvorhersehbar wichtige Kunden abgesprungen und wir konnten den finanziellen Forderungen nicht mehr nachkommen. Das war ein harter Schlag für uns. Ich habe daraus gelernt, Erfolg nicht als selbstverständlich anzusehen und das Unternehmen so solide aufzustellen, dass kurzfristige Änderungen der Markt- beziehungsweise Wirtschaftssituation über einen gewissen Zeitraum abgefedert werden können. Dieses Learning begleitet mich bis heute.
Wie findet man die passenden Mitarbeiter für sein Startup?
Wir setzen auf Kreativität und unser authentisches Betriebsklima, um Bewerber zu überzeugen. Erst kürzlich haben wir mit einem IT-Escape-Room eine Roadshow an bayerischen Hochschulen gemacht. Ziel war es, IT-Studenten auf uns aufmerksam zu machen und ihnen zu zeigen, dass attraktive Arbeitgeber nicht nur in den deutschen Großstädten sitzen. Das Feedback war durchweg positiv und einige Teilnehmer haben uns schon ihre Bewerbungsunterlagen zukommen lassen.
Welchen Tipp hast Du für andere Gründer?
Man sollte seine volle Konzentration auf nur eine Idee beziehungsweise ein Produkt richten. Wenn man mehrere Bälle in der Luft halten will, ist es nur eine Frage der Zeit, bis einer oder – schlimmstenfalls – alle herunterfallen. Meiner Meinung nach ist man dann erfolgreich, wenn man sich ganz klar fokussiert und das Potenzial einer Idee voll und ganz ausschöpft.
Ohne welches externe Tool würde dein Startup quasi nicht mehr existieren?
Microsoft To-Do ist zwar ein sehr einfaches Tool, aber über die Jahre zu meinem externen Gehirn geworden. In dieser App pflege ich zahlreiche To-do-Listen mit allen meinen Ideen und Aufgaben ordentlich und konsequent ein, sodass ich nichts vergessen kann. Ich habe sogar eine Liste mit Geschenkideen für meine Freundin.
Wie sorgt ihr bei eurem Team für gute Stimmung?
Mit Team-Sport, Events, Stammtischen, Ruheräumen und After-Work-Cocktails, aber auch mit unserem kreativen Office, in dem man sich auf Anhieb wohlfühlt. Darüber hinaus sorgen Team-Ausflüge und Inhouse-Konzerte dafür, dass der Spaß bei uns nicht zu kurz kommt. Während der Arbeit kann man beim Xbox-Spielen oder Tischtennismatch kurz abschalten, um danach an den Schreibtisch zurückzukehren.
Was war Dein bisher wildestes Startup-Erlebnis?
Besonders wild war eine Silvester-Party, die wir bei uns im Office gefeiert haben. Das gesamte Team ist bei Minusgraden nachts in den Pool unserer Nachbarn gesprungen. Als wir im neuen Jahr wieder im Büro ankamen, hing über den Schreibtischen noch überall Unterwäsche zum Trocknen. Ein Onboarding der vollkommen anderen Art hatten zwei neue Mitarbeiter: An ihrem ersten Tag haben wir spontan ein Musikvideo gedreht. Sie wurden selbstverständlich direkt in die Ideenfindung eingebunden und waren wenige Stunden später selbst beim Dreh dabei und sind um zwei Uhr nachmittags mit Konfetti-Kanonen bewaffnet durchs Büro getanzt.
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Foto (oben): dynamic commerce