#Interview
Warum Personio “den ein oder anderen Euro ganz gut gebrauchen kann”
Das Münchner Unternehmen Personio gehört aktuell zu den ganz heißen Startups des Landes. Mitte Januar investierten Index Ventures, Northzone und Global Founders Capital beachtliche 40 Millionen US-Dollar in das HR-Startup, das 2015 von Hanno Renner, Roman Schumacher, Arseniy Vershinin und Ignaz Forstmeier gegründet wurde. Zuvor pumpten Northzone, Global Founders Capital und Picus Capital bereits mehr als 10 Millionen Euro in das junge Unternehmen. Personio positioniert sich als HR-Softwarelösung für kleine und mittelständische Unternehmen. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Personio-Mitgründer Renner über Urlaubsmanagement, Kaffeemaschinen und Europa.
Wie würdest Du Deiner Großmutter Personio erklären?
Wir von Personio sorgen mit einer Plattform im Internet dafür, dass sich Personalabteilungen weniger mit dem administrativen Teil ihrer Arbeit beschäftigen müssen und sich mehr auf das Zwischenmenschliche und Kreative konzentrieren können. Zum Beispiel fällt mit Hilfe unserer Lösung das zeitraubende Aktualisieren von Personalakten weg – darum kümmern sich bei uns die Mitarbeiter selbst –, dafür bleibt zum Beispiel mehr Zeit für einen persönlichen Auswahlprozess von neuen Teammitgliedern.
Hat sich das Konzept seit dem Start irgendwie verändert?
Am Anfang haben wir uns vor allem auf bestimmte Aspekte konzentriert, in der Personalverwaltung beispielsweise auf das Urlaubsmanagement. Mittlerweile bieten wir aber auch Features an, die weiterführend bei der Personalbetreuung unterstützen. Erst kürzlich haben wir mit Personio Payroll zudem ein neues Produkt gelauncht, das es Personalern ermöglicht, die gesamte Lohnbuchhaltung über Personio abzuwickeln.
Wie funktioniert denn euer Geschäftsmodell?
Personio ist eine Software-as-a-Service-Lösung für Personalverwaltung und Bewerbermanagement, die durch ein monatliches Abonnement-Modell funktioniert. Die Software ist browserbasiert und ermöglicht es, Personal online zu rekrutieren, zu verwalten und zu entwickeln. Entworfen haben wir das Produkt für Unternehmen von 10 bis 2.000 Mitarbeitern.
Wie genau hat sich Personio seit der Gründung entwickelt?
Gegründet wurde Personio 2015 von Ignaz Forstmeier, Roman Schumacher, Arseniy Vershinin und mir. Kurze Zeit später wurde das Team dann durch Jonas Rieke ergänzt. Kennengelernt haben wir uns beim gemeinsamen Studium am Center for Digital Technology & Management in München. Den Markteintritt 2015 bewältigten wir mit einem Minimum Viable Product der Software. Für circa ein Jahr konnte sich Personio selbst finanzieren. Im Juli 2016 erhielten wir eine erste Finanzierungsrunde. Danach wuchs das Unternehmen bis zu Beginn des Jahres 2017 auf knapp 50 Mitarbeiter und mehrere hundert Kunden. Im August 2017 schloss Personio eine zweite Finanzierungsrunde, genannt Series A, mit 12 Millionen US Dollar. Damit sind wir weiter gewachsen. Im Januar 2019 haben wir über eine erfolgreiche Series-B-Finanzierungsrunde weiteres Kapital in Höhe von 40 Millionen US-Dollar einsammeln können.
Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Personio inzwischen?
Unser Team ist mittlerweile auf über 210 Mitarbeiter aus 30 Nationen an zwei Standorten – in München und Madrid – gewachsen. Bereits über 1.500 Kunden nutzen unser HR-Betriebssystem in über 35 Ländern.
Zuletzt war richtig viel los bei euch: Zunächst einmal habt ihr 40 Millionen Dollar eingesammelt. Wofür braucht ihr denn so viel Geld?
Unser Ziel ist es, die führende HR Management- und Recruiting-Plattform für kleine und mittelständische Unternehmen in Europa aufzubauen. Da kann man den ein oder anderen Euro schon ganz gut gebrauchen.
Mit Index habt ihr nun einen ganz großen VC bei euch an Bord. Wie seid ihr mit diesem Geldgeber in Kontakt gekommen?
Index ist mit uns in Kontakt getreten, da sie im Markt und von einigen ihrer Portfolio-Firmen viel über Personio gehört hatten. Eigentlich war die Series B bei uns erst für Sommer 2019 geplant, aber da wir einen sehr guten Eindruck von allen zuständigen Personen bei Index hatten, haben wir uns entschieden, die Runde schon etwas vorzuziehen. Damit konnten wir den Fundraising-Prozess sehr effizient abschließen und uns anschließend wieder voll auf das Wesentliche fokussieren.
Dann habt ihr das spanische Payroll-Startups Rollbox übernommen. Wie passt das denn zu euch?
Zum einen haben wir schon im Rahmen einer Partnerschaft über die vergangenen Monate festgestellt, dass Xavi und Isma mit ihrem Team Personio perfekt ergänzen. Gleichzeitig passen die beiden Lösungen technisch und konzeptionell perfekt zusammen, da die Payroll Engine als reines API-basiertes Backend programmiert ist. Die Tatsache, dass die Lösung über mehrere Länder hinweg skalierbar ist, zahlt genau auf unserem Ziel ein, international weiter zu wachsen.
Im Zuge der Übernahme war davon zu lesen, dass die Rollbox-Gründer Xavi Leal und Ismael Sanchez ins Management-Team von Personio wechseln. Was genau ist nun deren Aufgabe?
Sie werden sich weiterhin voll darauf fokussieren, eine zuverlässige und skalierbare Lohnbuchhaltung zu entwickeln. Ismael wird dabei sehr eng mit den Produktteams arbeiten, während Xavi sich stärker auf die kundenseitige Abwicklung fokussieren wird.
Umgezogen seid ihr auch noch! Wie schwierig ist es, ein Startup bei vollem Betrieb zu versetzen?
Es war schon ziemlich aufwendig. Letztlich musste jeder im Team ein Stück weit zurückstecken, damit alles klappt. Sei es, weil die Kaffeemaschine noch nicht angeschlossen ist oder weil bestimmte Räume am Anfang noch nicht zu einhundert Prozent bezugsfertig waren. Mittlerweile haben wir es aber geschafft und sind in unserem neuen Büro im Herzen Münchens sehr zufrieden.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Bisher hatten wir in dieser Hinsicht wirklich Glück und uns sind keine gravierenden Fehler unterlaufen. Ein wichtiges Learning ist allerdings, dass man sich in einem Start-up nie nur auf das Hier und Jetzt konzentrieren sollte, sondern immer auch überlegen sollte, welche Probleme einen in der Zukunft erwarten könnten.
Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Ich denke, wir haben mit Personio einen Nerv getroffen und vereinfachen mit unserer Lösung für Unternehmen bislang sehr kosten- und zeitintensive HR-Prozesse – seit neuestem auch die Lohnbuchhaltung. Gleichzeitig bin ich stolz auf mein internationales Team und überzeugt, dass wir selbst in unserem eigenen Recruiting vieles richtig gemacht haben.
Wo steht Personio in einem Jahr?
In einem Jahr sind wir ziemlich sicher in weiteren Märkten aktiv und damit auch unserem Ziel, die führende HR Management- und Recruiting-Plattform für kleine und mittelständische Unternehmen in Europa aufzubauen, ein großes Stück näher gekommen.
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