Leankoala testet Websites

“Wir haben schon Präsentationen am Strand geschrubbt”

"Einige Stimmen haben uns im Vorfeld das Gründen als Ehepaar als Fehler prophezeit. War es aber zum Glück nicht, im Gegenteil. Wenn man sich gut ergänzt, macht so ein Startup als Familienbetrieb richtig Spaß", sagt Nils Langner von Leankoala.
“Wir haben schon Präsentationen am Strand geschrubbt”
Montag, 4. Juni 2018VonAlexander

Die Hamburger Startupper Stefanie und Nils Langner haben mehrere Kinder miteinander – zwei echte und ein Startup. Bei Leankoala geht es um Web Testing und Monitoring für Unternehmen, die ihre digitale Transformation erfolgreich gestalten wollen. “Und wir sind eines der wenigen Tech-Startups, das von Beginn an mit 50 % Frauenanteil gestartet ist. Die Diversität im Team ist uns sehr wichtig – auch was den Anteil an ‘Techies’ im Team angeht”, sagt Mitgründer Nils Langner.

Zunächst haben die Hanseaten Leankoala neben dem Job hochgezogen. Inzwischen erwirtschaften die Leankoala-Macher Umsätze und bekommen Unterstützung von InnoRampUp. “Das hat uns die nötige Basis gegeben, uns nun auch Vollzeit um unser Startup-Baby zu kümmern”, sagt Langner. Der Weg aus dem Job war für das Gründerduo nicht leicht: “Der kalte Sprung ins Gründerwasser aus einer sicheren Festanstellung hingegen war emotional betrachtet hin und wieder brutal. Das ist krassester Komfortzonen-Tourismus. Inzwischen können wir uns aber kaum etwas anderes vorstellen”.

Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Langner zudem über Bürokratie, bockige Kinder und Startup-Karma.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Leankoala erklären?
Meiner Oma Erika würde ich es wie folgt erklären: Eine Website, beziehungsweise seine eigene Präsenz im Internet aufzubauen und zu pflegen, ist mindestens so schwierig, wie einen Tante-Emma-Laden zu führen. Überall können Fehler auftreten. Im Tante-Emma-Laden wird vielleicht über Nacht das Ladenschild geklaut, die Einkaufskörbe sind verschwunden oder die Kunden können wichtige Infos zu Produkten oder Öffnungszeiten nicht mehr sehen. Leankoala schaut, welche die geschäftskritischen Eigenschaften einer Webpräsenz sind – sei es ein Onlineshop oder ein digitales Aushängeschild – und überprüft immer wieder ganz automatisch, dass nichts fehlt. Damit die Besucher sich wohlfühlen und man sich selbst auch immer von seiner besten Seite zeigt. Und natürlich, dass die Kasse bei Dir und nicht im Laden nebenan klingelt.

Bei welcher Gelegenheit entstand die Idee zu Leankoala?
Die Idee selbst ist in unseren früheren Berufsleben bei großen Digitalunternehmen und Verlagshäusern gereift. Mit Leankoala haben wir unsere Ideen in das für uns beste Produkt gegossen und uns dann entschlossen, damit eigenständig an den Markt zu gehen. Als wir Leankoala zu zweit gegründet haben, konnten wir dabei gemeinsam auf über 30 Jahre Erfahrung in Webentwicklung, Qualitätsmanagement und Business Development zurückgreifen.

Hat sich euer Konzept seit dem Start verändert?
Von Beginn an lag unser Fokus darauf, dass unser Tool relevante Ergebnisse wesentlich schneller liefert: Die Software durchsucht Websites auf relevante, geschäftskritische Eigenschaften, anstatt alle möglichen Fehlerursachen zu überprüfen. Gerade im letzten Jahr haben wir aber unglaublich viel über das Produkt am Markt gelernt und festgestellt, dass die Einfachheit im Setup dank unseres Wizards der entscheidende Vorteil ist. Unsere Software testet nicht nur eigenschaftsbasiert und damit schlanker, wir nutzen Mustererkennung und Automatisierung, damit Nutzer wirklich in fünf Minuten alle relevanten Tests einrichten können. In der momentanen Version kann mit Leankoala der Zeit- und Budgetbedarf in der digitalen Qualitätssicherung um bis zu 80 Prozent gesenkt werden.

Wie genau hat sich das Unternehmen seit der Gründung entwickelt?
Die letzten 18 Monate waren ein ganz schön grandioser Ritt für uns. Zunächst nebenberuflich gestartet, sind wir inzwischen ein kleines Team. Wir sind besonders stolz darauf, dass wir gleich mit namhaften Kunden aus dem Verlags- und Agenturumfeld und mit ersten Umsätzen starten konnten, zum Beispiel Gruner+Jahr, Bauer Xcel oder Finanzcheck und die Ministry Group. Dazu haben wir ein besonderes Angebot für eine begrenzte Zahl Startups, die unsere Lösung kostenfrei in Anspruch nehmen können. So konnten wir bereits auf halbwegs soliden Füßen starten, wichtiges Feedback zum Produkt bekommen und unseren Kundenstamm weiter ausbauen und weitere Branchen wie den E-Commerce erschließen. Im Grunde ist Leankoala für jeden relevant, der im Internet Geld verdient oder dessen Website auf irgendeine Weise Einfluss auf den Geschäftserfolg hat. Da haben wir also noch viel Potential, das wir kontinuierlich erschließen wollen. Und unsere SaaS-Lösung wächst kontinuierlich mit dem Team, unseren Kunden und unseren Erfahrungen. Neben der technischen Entwicklung des Produktes liegt unser Fokus auf Business Development und Marketing, da uns das beste Produkt am Markt ohne die entsprechende Kommunikation wenig voranbringt. Wir wachsen also beständig und nachhaltig und vor allem lernen wir jeden Tag gemeinsam mit unseren Nutzern Neues über unser Produkt und die Marke Leankoala.

Wie genau funktioniert euer Geschäftsmodell?
Unser Geschäftsmodell ist ein SaaS-Abo, das Paket, das am häufigsten gebucht wird, liegt bei 349 Euro im Monat. Dafür bekommen unsere Kunden derzeit einen unbegrenzten Zugang zur Software was die Anzahl an Usern, Projekten und URLs betrifft. Wir sind fest entschlossen, Leankoala zum neuen Standard im Functional Web Testing und Monitoring zu machen und unsere Lösung so profitabel wie nur möglich zu skalieren – auch international.

Nun aber einmal Butter bei die Fische: Wie groß ist Leankoala inzwischen?
Wir bestehen momentan aus einem vierköpfigen Team. Unser Heimathafen ist und bleibt Hamburg, wir arbeiten jedoch dezentral und digital vernetzt. Die Software hat nun fast 300 Millionen Checks für über 1.500 URLs durchgeführt und wir konnten unsere Anzahl an Kunden schnell in den zweistelligen Bereich steigern.

Was muss ich sonst noch unbedingt über euch wissen?
Über uns selbst würden wir sagen: Wir sind das netteste Startup Hamburgs. Okay, das war jetzt ein bisschen abgedroschen. Aber tatsächlich freuen wir uns immer über einen Plausch oder Gedankenaustausch. Wer uns irgendwo sieht, sei es als Speaker bei Meetups oder Fachkonferenzen, der kann uns gerne jederzeit anquatschen. Am liebsten sprechen wir über Qualität. Und wir sind eines der wenigen Tech-Startups, das von Beginn an mit 50 % Frauenanteil gestartet ist. Die Diversität im Team ist uns sehr wichtig – auch was den Anteil an “Techies” im Team angeht. Darüber hinaus sind wir ein sehr erfahrenes Team und haben uns bewusst entschieden, lieber klein und dafür mit Profis zu starten. Damit bewegen wir uns auch eher im höheren Altersdurchschnitt in der Gründungslandschaft.

Was waren die größten Hürden, die ihr auf dem Weg zur Gründung überwinden musstet?
Wir würden eher von Herausforderungen sprechen. Der Bürokratie-Aufwand ist enorm, aber machbar. Der kalte Sprung ins Gründerwasser aus einer sicheren Festanstellung hingegen war emotional betrachtet hin und wieder brutal. Das ist krassester Komfortzonen-Tourismus. Inzwischen können wir uns aber kaum etwas anderes vorstellen.

Was waren die größten Fehler, die ihr bisher gemacht habt – und was habt ihr aus diesen gelernt?
Ein wirklicher Fehler war es nicht, eher eine Fehleinschätzung. Wir sind zum Start davon ausgegangen, ein Technologieunternehmen zu gründen. Technologie ist weiterhin unser Kern und unser Produkt, aber die Organisation hat sich deutlich zu einer Marketing- und Sales-Organisation entwickelt, da Themen wie UX, Design, Branding oder CRM-Automation besonders für Tech-Startups überlebenswichtig sind. Aus unserer vorherigen Unternehmensgründung haben wir gelernt, dass man die Industrie, die man verändern will, schon sehr gut kennen muss. Wir waren dort einfach nicht gut genug im Thema und haben auch nicht dafür gebrannt, das ist bei Leankoala vollkommen anders.

Was genau habt ihr vorher gemacht?
Ende 2014 hatten wir die Idee eine Social Shopping Community für Blogger namens Amilio.de aufzubauen. Die Herausforderungen: Einerseits das klassische Henne-Ei-Problem, also ohne Reichweite keine Nutzer, die Listen erstellen und ohne vielfältige Listen keine Relevanz. Umsätze generierten sich aus Affiliate, was auch erst Spaß macht, wenn ordentlich was los ist. Dazu kannten wir uns selbst im Bereich Fashion und Lifestyle Blogging zu wenig aus und die Ansprache und Kommunikation mit unseren Zielgruppen gestaltete sich schwieriger als erwartet. Letztendlich hat uns amilio.de zwar Spaß gemacht und wir haben viel gelernt, aber ganz ehrlich liegen unsere Kernkompetenzen stärker in anderen Bereichen. Zum Beispiel digitales Qualitätsmanagement und Web Testing.

Was hättest Du generell gerne vor der Gründung gewusst?
Dass ein Startup manchmal wie ein bockiges Kind ist, das man gerne mal auf sein Zimmer schicken möchte. Und dass die Zeit noch schneller vergeht als in der Festanstellung. Drei Mal geschlafen und zack ist man zwei Jahre selbständig.

Kinder sind ein gutes Stichwort: Wie ist es, ein Unternehmen als Ehepaar mit zwei Kindern zu führen?
Einige Stimmen haben uns im Vorfeld das Gründen als Ehepaar als Fehler prophezeit. War es aber zum Glück nicht, im Gegenteil. Wenn man sich gut ergänzt, macht so ein Startup als Familienbetrieb richtig Spaß. Und die Kinder holen uns dabei immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, denen sind Deadlines ja so ziemlich egal. Leankoala ist ja vor allem Fokus auf das Wesentliche und Pragmatismus als SaaS – und genau diese Haltung übertragen wir auch auf unsere Arbeit im Team und als Familie. Somit arbeiten wir stark fokussiert in der Zeit, die wir für Leankoala haben und versuchen so weit wie möglich, die Zeit am Wochenende und nach der Schule/Kita mit den Kindern zu verbringen. Wobei wir aber auch schon Präsentationen auf Sylt am Strand oder kurz vor Abflug am Gate geschrubbt haben. Letztendlich ermöglicht uns aber die Konstellation als dezentral organisiertes Familien-Startup deutlich mehr Flexibilität und gemeinsame “koality time”.

Blickt bitte einmal zurück: Was ist seit der Gründung so richtig schief gegangen?
Typischer Gründerfehler: Zu ehrgeizige Vertriebs-KPIs am Anfang.

Und wo habt ihr bisher alles richtig gemacht?
Unser “Startup-Karma” war uns von Anfang an besonders wichtig und davon profitieren wir sehr stark. Wir sind schon immer von der Kraft von Communitys und Netzwerken überzeugt, teilen seit Jahren unser Wissen auf Konferenzen und Meetups und stehen jederzeit anderen zur Seite. Dabei haben wir immer ein offenes und neugieriges Ohr. Diese Präsenz und Vernetzung öffnet Leankoala viele Türen und der fachliche Input zu Produkt und Unternehmen wäre mit Geld gar nicht auszugleichen.

Welchen Tipp habt ihr für andere Gründer?
Wenn ihr für Euer Produkt nicht brennt, dann überlegt, ob die Gründung eines Startups wirklich das Richtige ist. Wie im richtigen Leben. Wenn du zur Hochzeit nicht Hals über Kopf verliebt bist, wirst du die schwierigen Phasen kaum überstehen, wenn dir der Partner, oder eben dein Startup, mal zum Hals raushängt. Und wie wir schon erwähnt haben: Seid einfach nett zu anderen und baut euch eure Community auf und glaubt nie, dass ihr alles wisst. Also Mentor, Lehrer und Schüler gleichzeitig bleiben. Und nicht zuletzt: Denkt nie, ihr wärt zu alt für ein Startup.

Wo steht Leankoala in einem Jahr?
In einem Jahr ist Leankoala auch international bei marktführenden Agenturen und digitalen Unternehmen im Einsatz.

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Foto (oben): Leankoala

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.