Udo Kalinna im Interview
“Unsere Warnungen wurden nicht ernst genommen”
2013 gründete Udo Kalinna, Verwaltungsprofessor für IT-Sicherheit an der Universität Emden/Leer, das Unternehmen Ifasec. Das Dortmunder Start-up entwickelt die IT-Sicherheitslösung Scudos. 20 Mitarbeiter arbeiten derzeit für das Unternehmen. “Wir haben für das kommende Jahr ein Mitarbeiterwachstum von 50 % geplant und haben uns das Ziel gesetzt, zu den deutschen Marktführern im Bereich IT-Sicherheit zu gehören”, sagt Gründer Kalinna zu seinen Zukunftsplänen. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Ifasec-Macher Kalinna zudem über Datenverluste, Innentäter und
Wie würdest Du Deiner Großmutter Ifasec erklären?
Würde meine Großmutter noch leben, würde ich ihr wohl erklären, dass wir mit Ifasec Deutschlands Netzwerke sicher machen. Unsere Lösung Scudos schützt die IT-Infrastruktur von Unternehmen effektiv vor Angriffen von innen und von außen, etwa vor Verschlüsselungstrojanern. Für meine Oma heißt das, dass wir dafür sorgen, dass sie stets sicher im Netz surfen kann, ohne zum Beispiel bestohlen zu werden.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Wir hatten in den Jahren 2001 bis 2008 – noch unter einem anderen Firmennamen – bereits eine Lösung für IT-Sicherheit auf den Markt gebracht. In Deutschland waren wir damit allerdings viel zu früh dran. Hierzulande wollte zum Beispiel keiner etwas von der Gefahr vor internen Angriffen hören. Wir warnten damals davor, dass eine Vielzahl der Angriffe auf die Netzwerke von Unternehmen aus dem Unternehmen selbst stammt, doch unsere Warnungen wurden nicht ernst genommen.
Was hat sich seitdem geändert?
Heute weiß man, dass der Großteil der Datenverluste auf das Fehlverhalten der eigenen Mitarbeiter zurückzuführen ist. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich: manchmal gehen Mitarbeiter mutwillig, aus unterschiedlichen Gründen, gegen ihr Unternehmen vor. In anderen Fällen werden Mitarbeiter unfreiwillig zu Innentätern, wenn Cyberkriminelle ihr Vertrauen gewinnen und sich Zugang in das Netzwerk verschaffen, etwa indem sie infizierte Dateien senden, welche dann geöffnet werden. Mit unserer Lösung können Unternehmen das Risiko, Opfer eines Angriffs von innen und auch von außen zu werden, deutlich minimieren. Ein weiterer Punkt war, dass wir damals gerade als deutsches Unternehmen in einem so von Amerikanern dominierten Markt nicht gerade mit offenen Armen empfangen wurden. Aus dem Grund haben wir damals für unsere Ideen keine Finanzierung bekommen. Wir mussten einsehen, dass es noch ein paar Jahre dauern würde, bis wir mit einer Anwendung für Netzwerksicherheit Erfolg haben werden.
Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht?
Heute besitzt jeder Deutsche im Schnitt zehn smarte Geräte, die alle miteinander vernetzt sind – und die Zahl weiterer Devices wächst kontinuierlich, wie man zum Beispiel an dem Trend zum Fitnesstracker sehen kann. Sowohl in der Unternehmenswelt als auch im Privaten gehört die Vernetzung im Zeitalter des „Internet der Dinge“ längst zu unserem Alltag. Wir von Ifasec haben bereits früh die Digitalisierung und die damit entstehende Komplexität von Netzwerken im Blick gehabt und erkannt, wie wichtig es ist, zunächst das gesamte Netzwerk einmal zu kennen, zu visualisieren und dann effektiv zu schützen. Wenn ich auf unsere Unternehmensentwicklung zurückblicke, bin ich sehr zufrieden mit dem heutigen gut funktionierenden Zusammenspiel von IT-Entwicklung, Vertrieb, PR und Marketing. Denn nur wenn in diese Bereiche ausreichend investiert wird, kann ein Betrieb langfristig erfolgreich sein.
Hat sich Euer Konzept, Eurer Geschäftsmodell, in den vergangenen Jahren verändert?
Auch wenn wir damals, im Jahr 2013 mit Studenten gestartet sind, die jetzt als festangestellte Mitarbeiter im Unternehmen sind, haben sich unser Konzept und das Geschäftsmodell nicht groß verändert. Das zeigt uns, dass unser Vorhaben aufgegangen ist. Wir befinden uns gerade in einer Wachstumsphase und haben bereits zahlreiche neue Mitarbeiter für uns gewinnen können. Zusätzlich zu unseren mittlerweile 20 Mitarbeitern sind wir weiterhin auf der Suche nach Fachkräften, besonders in der Entwicklung und im Vertrieb.
Reden wir über das Ruhrgebiet. Wenn es um Startups in Deutschland geht, richtet sich der Blick sofort nach Berlin. Was spricht für Dortmund als Start-up-Standort?
Natürlich hat es das Ruhrgebiet im direkten Vergleich zu Berlin nicht leicht. Dennoch kann Dortmund mit einem großen wissenschaftlichen Ballungszentrum glänzen. In einem Einzugsgebiet von 50 km finden sich 15 bis 20 Universitäten und Hochschulen. Das heißt, hier gibt es ein enormes Innovationspotenzial durch viele topqualifizierte Studenten und Wissenschaftler. Außerdem bietet Dortmund bezahlbaren Wohnraum und niedrige Lebenshaltungskosten und natürlich ist nicht zuletzt der ortsansässige Fußballverein Borussia Dortmund ein überzeugendes Argument.
Was ist in Dortmund einfacher als in Berlin – und umgekehrt?
Dortmund profitiert sicherlich von der bereits erwähnten Hochschuldichte in unmittelbarer Nähe. Außerdem werden Startups in der Rhein-Ruhr-Metropole weniger das Problem haben, dass Mitarbeiter von konkurrierenden Startups abgeworben werden. In der Hauptstadt herrscht nämlich durch die Vielfalt der aus dem Boden schießenden Startup-Firmen ein härterer Konkurrenzkampf. In Dortmund ticken die Uhren noch etwas anders. Berlin hingegen kann natürlich auf eine Vielzahl an Investoren blicken, das erleichtert den Start vieler junger Gründer.
Was fehlt in Dortmund noch?
Sogenannte Accelerator- und Inkubatorprogramme, die Startups in ihrer frühen Entwicklungsphase zur Seite stehen und ihnen zu schnellem Wachstum und Erfolg verhelfen. Meist werden solche Förderprojekte von Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen oder Hochschulen gesponsert. Im Großraum Dortmund suchen Gründer solche Programme noch vergeblich.
In unserem Themenschwerpunkt Ruhrgebiet beschäftigen wir uns – in Zusammenarbeit mit dem ruhr:Hub, dem Netzwerk der Digitalen Wirtschaft im Ruhrgebiet, ausgiebig mit Start-ups im schönen Revier.
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