15 Fragen an Enno Kuntze von massagio
“Wir sind nicht die besten Arbeitnehmer”
Was bedeutet es Ihnen Ihr eigener Chef zu sein?
Freiheit. Die Möglichkeit zu haben die Strukturen, Umstände und Kultur unter denen man leben und arbeiten möchte selbst zu formen ist großartig. Wir haben schon als kleine Jungs davon geträumt selbstständig zu sein. Und außerdem sind wir nicht die besten Arbeitnehmer, hatten also kaum eine andere Option.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-Up?
Es gab nicht den einen Moment, sondern es war eher ein Prozess der uns zum gegenwärtigen Konzept geführt hat. Wichtig waren die Erfahrung in unserem letzten Unternehmen, in welchem uns die Schwächen des Modells gestört haben. Dann haben wir die Augen offen gehalten, uns mit vielen Menschen unterhalten und geschaut an welche nachhaltigen Trends wir glauben. „Future of Work“ ist ein wichtiger Trend auf Dienstleisterseite, da wir glauben das immer mehr Menschen selbstständig freiberuflich arbeiten werden in Zukunft.
Und auf der Kundenseite natürlich das Thema „Convenience“ und vor allem auch das in unserer Gesellschaft immer weiter zunehmende Gesundheitsbewusstsein. Dann haben wir uns eingeschlossen und ein Konzept entworfen, mit dem wir Selbstständige aus dem Zweiten Gesundheitsmarkt effizient mit Privat- und Firmenkunden zusammenbringen können. Und außerdem hat es mich schon immer aufgeregt, dass wenn ich schnell eine gute Massage brauchte keine bekommen habe bzw. nur mit viel Stress. Das Problem habe ich jetzt nicht mehr.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Wir hatten aus dem Verkauf unseres letzten Unternehmens schon etwas eigenes Startkapital zur Verfügung. Dazu kamen dann nochmal 25.000 Euro, die wir als Teilnehmer des Axel Springer Plug & Play Accelerators bekommen haben, sozusagen ein Pre-Seed Investment. Und einige Zeit nach unserem Launch und erster Traction, waren wir dann in der Lage erste Angels mit monetärer Unterstützung und viel Gottvertrauen ins Team zu holen. Mit diesem Kapital konnten wir dann weiter in mehrere Städte skalieren, belastbare Zahlen generieren und Mitte letzten Jahres zahlungskräftige Investoren und weitere Angels für eine siebenstellige Seed Runde überzeugen.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-Ups die größten Stolpersteine?
Der Staat und wir selbst. Der Staat, weil er mit seiner bürokratischen und gesetzgebenden Starrheit nicht genug Spielraum lässt, junge Unternehmen fernab von erprobten Modellen etwas ausprobieren zu lassen, ohne dass man als Gründer Angst haben muss in den Knast zu gehen oder ewig verschuldet zu sein. Wir selbst, weil wir erst bitter lernen mussten, dass von den tausenden Chancen, die sich eröffnen, es besser ist, nicht jeder nachzujagen, sondern sich einigen wenigen in Tiefe zu widmen.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Wir haben einiges schon recht gut hinbekommen, glaube ich, beziehungsweise hatten auch Glück. Man kann vieles ja auch nicht steuern und planen. Und alles was nicht geklappt hat, hat geholfen, hinterher daraus zu lernen und uns zu verbessern.
Jedes Start-Up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Wir probieren uns da immer noch kräftig aus. AdWords ist die Baseline, Word of Mouth funktioniert gut, wenn man ein sehr gutes Produkt hat. Um Awareness zu schaffen ist Facebook und smarte Out-of-Home Werbung spannend. Je nach Scale verschiebt sich die Bedeutung der jeweiligen Kanäle.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Geholfen hat auf jeden Fall die Teilnahme am Axel Springer Plug & Play Accelerator. Auch unsere ersten Angels haben richtig geholfen und tun es heute noch. Und am wichtigsten die ersten Mitarbeiter, von denen immer noch glücklicherweise die meisten an Bord sind. Ansonsten haben wir uns gegenseitig unterstützt, das war am wichtigsten.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Das Geld zusammenhalten und das Produkt auf kleiner Scale (umsatztechnisch und/oder geographisch) bis zu dem Punkt optimieren, an dem man das Gefühl bekommt (und die Zahlen sollten das Gefühl bestätigen), dass die Zeit reif ist. Das heißt, dass die Prozesse einigermaßen belastbar sind, die Kunden happy und die Unit Economics Sinn machen – dann Geld drauf schütten und skalieren, „Prepare to Scale“ also. Oft haben Investoren aber leider nicht die dafür notwendige Geduld.
Sie treffen die Bundeswirtschaftsministerin – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihr wünschen?
Einige Dinge …. Als erstes würde ich eine größere, ernstgemeinte Lobby für Start-Ups wollen, und nicht nur pro forma um als pseudoinnovativ dazustehen. Dann würde ich vorschlagen jungen Unternehmen einfacheren, transparenteren Zugang zu öffentlichen Mitteln zu ermöglichen.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-Up gegründet hätten?
Delfintrainer wahrscheinlich.
Bei welchem deutschen Start-Up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Trivago, ein Traum was die Jungs aufgebaut haben.
Sie dürfen eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Möglichst weit in die Zukunft. Wenn ich in die Vergangenheit müsste, dann wahrscheinlich ins Jahr 1969 und Woodstock genießen.
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Ich würde meinen Studienkredit zurückzahlen, mir eine schicke Lederjacke kaufen, ein bisschen was zur Seite legen, meinen Eltern was Nettes spendieren und den Rest in unser Unternehmen investieren.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Wenn ich es mir aussuchen darf, dann mit guten Freunden grillend an einem schönen See im Sommer und „leicht einen sitzen“.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mit meiner zukünftigen Frau – Anfragen von Interessentinnen bitte an mich.
Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an
Zur Person:
Enno Kuntze studierte Wirtschaftspsychologie in Köln und arbeitete im Anschluss klassisch in der M&A Beratung. Er gründete und verkaufte zunächst wellmio, ehe er gemeinsam mit einem Schulfreund massagio an den Start brachte.
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