“Ich schaue nicht zu sehr auf andere”
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Stocard ist erfolgreich, weil wir ein Team aus extrem cleveren Leuten sind und jeder die Möglichkeit hat, seine Fähigkeiten einzubringen und dadurch das Unternehmen voranzubringen. Würde es Stocard nicht geben, wäre es mir wichtig, in einem ähnlich motivierenden Umfeld zu arbeiten und nicht an bürokratischen Hürden zu scheitern. Das ist für mich die wichtigste Ausprägung des „mein eigener Chef sein“.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
2011 war waren David und ich in Australien unterwegs. Ich hatte damals mein erstes Smartphone, das wir intensiv zur „Reiseplanung in Echtzeit“ nutzten. Am Bondi Beach sprachen wir begeistert darüber, was das Smartphone in Zukunft noch alles ermöglichen würde. David erzählte mir in diesem Zusammenhang auch von dem riesigen Geldbeutel seiner Freundin. Eins und eins war da schnell zusammengezählt und uns war klar, dass der Geldbeutel eines Tages auf dem Smartphone stattfinden würde.
Zurück in Deutschland begeisterten wir noch den dritten Stocard-Gründer Flo von dem Gedanken und begannen direkt mit der Umsetzung der Idee.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Wir haben Stocard – zum damaligen Zeitpunkt noch als Studenten – zunächst mit etwas eigenem Geld und der Unterstützung von Friends & Family gebootstrapped.
Ende 2012 gab es zusammen mit dem HTGF, Klaas Kersting, CD Venture und Engelhorn die erste Investitionsrunde. Zwischenzeitlich sind mit Shortcut, Alstin und CEWE weitere Investoren an Board gekommen. Vor kurzem durften wir mit Rocketship VC auch noch einen erfahrenen Investor aus dem Silicon Valley im Gesellschafterkreis begrüßen.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Wer das Team nur um die benötigten Fähigkeiten ergänzt, kann dabei potentiell die komplette Dynamik und Kultur zerstören. Wir haben ein super Team, das Lust darauf hat, die Zukunft des Mobile Wallets zu gestalten und achten stark darauf, auch nur Leute an Board zu holen, die zu 100% ins Team passen. Zu Beginn mussten wir aber auch schon korrigierend eingreifen.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Noch früher internationalisieren. Das ist zwar entgegen dem oft gehörten Rat, sich zunächst auf einen Markt zu fokussieren, umgekehrt gibt es einem die Möglichkeit zu sehen, wo das Produkt zunächst am besten funktioniert. Selbstverständlich muss man dann auch den richtigen Fokus auf ausgewählte Märkte setzen.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Das Produkt stand bei uns schon immer im Fokus. Entsprechend haben wir uns gar nicht zu sehr darauf konzentriert, unser Start-up bekannt zu machen, sondern viel mehr darauf unsere App zu vermarkten – entsprechend sind wir relativ wenig auf Startup Konferenzen oder ähnlichem zu sehen.
PR war zu Beginn ein gutes Mittel und mit der Zeit – und steigendem Budget – nahm auch die Bedeutung von Install Ads zu.
Unser größter Wachstumstreiber ist aber das Produkt selbst. Wenn du es schaffst, ein Produkt zu bauen, das Leute lieben und immer wieder nutzen, ist das nicht mit Marketing aufzuwiegen. Momentan nutzen über 13 Millionen Menschen unsere App, jeden Monat kommen über 600.000 hinzu. Der Erfolg gibt uns, denke ich, recht.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Wir haben die tolle Unterstützung vieler Menschen genießen können. Daher ist es schwierig zu sagen, wer besonders heraussticht. Neben professionellem Rat ist die Unterstützung durch Freunde und Familie aber keineswegs zu unterschätzen.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Einfach loslegen! Ihr braucht keinen 50-seitigen Business Plan, sondern die Lust und Energie, eine Idee umzusetzen. Außerdem: Teilt eure Idee mit anderen. Die Angst, dass euch die Idee geklaut wird, ist oft viel zu groß. Am Ende kommt es ohnehin auf die Umsetzung an und das Feedback, das ihr erhaltet, ist meistens viel wert.
Sie treffen die Bundeswirtschaftsministerin – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Als Gründungsstandort sehe ich Deutschland gar nicht so schlecht aufgestellt. Klar gibt es Punkte, wie wenig Kapital für größere Investitionsrunden in einem späteren Unternehmensstadium.
In einer Welt, in der Technologie eine immer wichtigere Rolle spielt – und das mit immer zunehmendem Tempo – sehe ich das niedrige Bildungsniveau, v.a. in den technischen Bereichen, als viel kritischer. Das wäre aber vielleicht eher eine Sache für Frau Wanka.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
In einem jungen Unternehmen arbeiten, dass das Ziel hat, etwas Großes zu schaffen und die Welt zu verändern und bei dem ich mich ähnlich einbringen kann, wie bei Stocard.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Ich schaue eigentlich nicht zu sehr auf andere … Im Moment vielleicht bei Uber, da kann man bestimmt noch etwas über Management lernen (oder wie man es nicht macht).
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Ins Jahr 2022: Mal schauen, ob Stocard den Geldbeutel tatsächlich schon komplett ersetzt hat.
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Das wüsste ich im Moment tatsächlich gar nicht. Ich habe mir noch gar nicht wirklich Gedanken über so etwas gemacht, weil ich sehr intrinsisch und inhaltlich motiviert bin. Außerdem bin ich im Privaten sehr schlecht darin, mir für Dinge mit bürokratischen Zügen Zeit zu nehmen. Entsprechend würde das Geld vermutlich einfach lange herumliegen.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Das variiert, ein ausgiebiges, leckeres Frühstück und Sport, sowie ein bisschen Stocard sind aber meistens Bestandteil.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mark Zuckerberg.
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Zur Person:
Björn Goß ist Gründer von Stocard. Er studierte zunächst Wirtschaftsinformatik an der Uni Mannheim sowie an der London School of Economics. Danach arbeitete er bei McKinsey, ehe er den Schritt in die Selbständigkeit wagte.
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