Studie

InsurTech – “Wenig echte Disruption in Deutschland”

InsurTech boomt in Deutschland. "Aktuell findet der Hauptangriff der InsurTechs im Versicherungsvertrieb statt – mit guten Erfolgsaussichten", stellen die Autoren der Studie InsurTech Radar fest. Der Versicherungsbetrieb dagegen werde bisher vernachlässigt, "obwohl dort viel zu holen wäre".
InsurTech – “Wenig echte Disruption in Deutschland”
Donnerstag, 11. August 2016VonAlexander Hüsing

Nach vielen anderen Branchen steht nun auch die Versicherungswelt von einer massiven Umwälzung. InsurTech ist dabei aber mehr als ein Buzzwort. “Der Weckruf der InsurTechs ist unüberhörbar. Die digital agierenden InsurTechs, befeuert von kühnen Wachstumsphantasien, frischem Wagniskapital und einer Menge Gründergeist, haben einen längst überfälligen Strukturwandel in der Versicherungswirtschaft ausgelöst”, sagt Nikolai Dördrechter, Geschäftsführer von Policen Direkt und Co-Autor der Studie “InsurTech Radar”.

Die lesenswerte Studie bietet einen ausführlichen Check von mehreren InsurTech-Start-ups bzw. die verschiedenen Modelle, auf die die jungen InsurTech-Firmen im Lande setzen. “Bisher schwankt die Branche zwischen Hype und Hysterie. Es ist an der Zeit, das Thema nüchtern und analytisch zu betrachten“, sagt Dietmar Kottmann, Insurance-Partner bei Oliver Wyman und Co-Autor der Studie. Kottmann sieht die bisherigen Start-ups im Lande zum Teil kritisch: “Es gibt viel InsurTech-Aktivität, aber noch wenig echte Disruption in Deutschland. Nicht hinter jeder hippen Webseite steckt ein gutes Geschäftsmodell. Längst nicht alle InsurTechs werden überleben”.

Die größte InsurTech-Aktivität stellen die Autoren der Studie im Segment Versicherungsvertrieb fest. “Hier ist ein harter Wettbewerb zwischen Alt und Neu entbrannt”, sag Dördrechter. “Auch wenn die InsurTechs den Etablierten erst einen relativ kleinen Teil der Kunden abspenstig machen konnten, ist es den Start-ups dennoch gelungen, enormen Druck auf die gewachsenen Vertriebsstrukturen auszuüben.” Schwächen dagegen sehen Dördrechter und Co. im “traditionellen Kerngeschäft der Versicherer – beim Kreieren neuer Angebote”.

Zwar existierten innovative Konzepte, wenn es zum Beispiel darum gehe, situativ per Smartphone einen Versicherungsschutz abzuschließen oder Policen aufzusetzen, die enge Communitys adressierten. “Das allerdings sind Nischenthemen, in denen geringes wirtschaftliches Potenzial steckt”, sagt Kottmann. “Nur weil Peer-to-Peer draufsteht, muss es sich noch lange nicht um ein überlegenes Geschäftsmodell handeln.”

Zentrale Ergebnisse des knapp 50-seitigen InsurTech-Radars sind:
* Bei Versicherungsangeboten liegen die besten Chancen der InsurTechs nur in Nischenbereichen wie situativen oder Community-basierten (P2P)-Ansätzen. Traditionelle Versicherer können sich dagegen mit echten Angebotsinnovationen auch in der digitalen Welt behaupten.
* Aktuell findet der Hauptangriff der InsurTechs im Versicherungsvertrieb statt – mit guten Erfolgsaussichten.
* Der Versicherungsbetrieb wird von InsurTechs in Deutschland im internationalen Vergleich bisher vernachlässigt, obwohl dort viel zu holen wäre.

Passend zum Thema: “Versicherungen: Bewährte Geschäftsmodelle müssen weg” und “InsurTech: Die Mega-Übersicht für Deutschland

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Foto (oben): Shutterstock

Alexander Hüsing

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.