15 Fragen an Nils Fischer von Liefery
“Moritz Bleibtreu. Der ist einfach eine coole Sau”
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Chef zu sein bedeutet für mich vor allem einen schweren, täglich wiederkehrenden Spagat: Auf der einen Seite Kollege, Gesprächspartner oder auch Freund zu sein, der immer ein offenes Ohr hat und im Zweifel auch mal Fünfe grade sein lässt. Auf der anderen Seite eine Respektsperson zu sein, die die Fäden zusammen hält, Ordnung ins Chaos bringt, Menschen dazu bringt, ihr Bestes zu geben und individuelle Fähigkeiten fördert. Dabei immer die Nerven zu behalten und gleichzeitig nicht sich selbst aus den Augen zu verlieren, ist manchmal eine ziemlich schwierige Aufgabe.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Für meine Mitgründer Franz-Joseph, Jan und mich gab es eigentlich zwei Schlüsselerlebnisse: Erstens die Tatsache, dass jeder von uns pro Woche zu viel Zeit auf den Einkauf von Lebensmitteln unter der Woche und Klamotten am Wochenende aufwenden musste. Zweitens das ständig wiederkehrende Negativerlebnis der fehlgeschlagenen Zustellungen nach Online-Einkäufen, da wir wie die meisten Arbeitnehmer tagsüber nie zu Hause sind. Das hat uns dann recht schnell zu der Frage geführt, warum wir nicht unsere Erfahrungen im Bereich Same Day Delivery auf den Handel übertragen und einen geilen Service aufbauen, der sich den Tagesabläufen der Endkunden anpasst.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Die Anschubfinanzierung stammte von der time:matters Gruppe, die schon seit 13 Jahren auf Same Day Delivery Lösungen für Industriekunden spezialisiert ist. Nach einem Management Buy Out hat sich dann in der Series A die Hermes Logistik Gruppe bei uns mit 28,5 Prozent beteiligt.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Da wir zunächst mal ein Corporate Start-up innerhalb einer größeren Unternehmensgruppe waren, hatten wir mit den gleichen Herausforderungen zu kämpfen wie andere Firmen in solchen Situationen: Schwierigkeiten bei der internen Kommunikation, Spannungen unter Kollegen, Motivation der Start-up-Truppe – ohne zu sehr für Abgrenzung zu sorgen. Davon abgesehen natürlich der übliche Wahnsinn: Schwierige Priorisierung, zu viele Themen gleichzeitig bei begrenzten Ressourcen, anstrengende Vertriebs-Arbeit im Markt, Investor Relations, die richtige Geschwindigkeit bei der Plattformentwicklung finden und zu guter Letzt: Das Fehlen von Betten im Büro.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Auch wenn sich das rückblickend leichter sagen lässt, als es tatsächlich gewesen wäre, würde ich bei einem neuen Anlauf noch rigoroser priorisieren und unwichtige Sachen sofort loswerden. Dinge zu erkennen, die nicht wichtig sind und diese dann auch konsequent auszuschließen, ist vielleicht eine der schwierigsten Aufgaben überhaupt. Aus meiner Sicht kann das auch nur gelingen, wenn die Shareholder das Gründungsteam unterstützen und ihm Rückendeckung dafür geben.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Aktuell konzentrieren wir uns voll auf unsere Partner im Handel, die den direkten Zugang zum Endkunden haben und somit ein Multiplikator für uns sind. Mit der Zeit merken wir aber auch immer mehr wie unsere Marke auch von Konsumenten wahrgenommen wird, beispielweise bei der Auslieferung von Zalando Sendungen. Aus meiner Sicht ist eine gute Presse schon die halbe Miete und die bekommt man automatisch, wenn man die richtigen Partner im Markt für sich gewinnt, einen guten Job macht und am Ende die Kunden zufrieden sind. Nichts verleiht einem Start-up so viel Auftrieb wie positives Kundenfeedback, das öffentlich geteilt wird.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Hier kann ich mich nicht auf eine Person beschränken, sondern kann und muss vor allem zwei Personen nennen: Meine beiden Mitgründer Franz-Joseph Miller und Jan Onnenberg ohne deren Partnerschaft ich mir Liefery in seiner jetzigen Form nicht vorstellen könnte. Zudem mein Wegbegleiter Mathias Gehrckens von der dgroup, der mir mit viel Erfahrung und einem exzellenten Netzwerk zur Seite gestanden hat.
Nicht zuletzt natürlich auch meine Eltern, die mich in dieser hektischen Zeit mit dem kritischen Blick zweier Juristen nicht nur einmal wieder auf den Boden der Tatsachen geholt haben, sowie meine Freundin Julienne, die trotz meiner ständigen Abwesenheiten nicht die Nerven verloren hat und es immer wieder schafft mich am Wochenende daran zu erinnern, dass das eigene Start-up zwar wichtig, aber auch nicht alles im Leben ist.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Da fallen mir spontan drei Dinge ein: Eigene Meinung bilden und durchhalten (fragt man zehn Berater, bekommt man zehn unterschiedliche Meinungen), Fokus auf die wesentlichen und „betriebskritischen“ Themen und keine Kompromisse bei der Auswahl des Teams.
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Da wir sehr lange nach einer passenden Behausung gesucht haben, fällt mir da zunächst die Förderung von Start-up-Büroflächen – auch abseits von Berlin – ein. Zudem würde ein angepasster Kündigungsschutz für Start-ups sicherlich viele junge Unternehmer ermutigen früher mehr Leute einzustellen und damit auch schneller Ergebnisse vorweisen zu können. Ach ja und eine Sache, die mich wirklich nachhaltig nervt: fehlendes flächendeckendes mobiles Internet – auch abseits von Großstädten – und insbesondere auf ICE-Strecken.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Da ich in meinem Freundeskreis ohnehin schon seit Jahren liebevoll „Herr Doktor“ genannt werde, hätte ich vielleicht irgendwann doch noch meiner Neigung für die Medizin nachgegeben und wäre Arzt geworden. Davon abgesehen wünsche ich mir manchmal ich würde im Norden Schottlands in einer Whisky Distillery als Brennmeister arbeiten. Das muss ein sehr befriedigender Beruf sein.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Interessieren würde mich Bonativo, da ich den Gedanken der digitalen Transformation des Wochenmarktes wirklich gut finde und ein totaler Fan von frischen Produkten wie Milch, Eier, Brot, etc. direkt vom Erzeuger bin. Spannend fände ich dabei vor allem die Art der Zusammenarbeit mit eben jenen, weil es ohne ihre Arbeit auf dem Feld Bonativo wohl nicht geben würde.
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Nachdem ich jetzt lange über diese Frage nachgedacht und diverse Wikipedia Artikel zu verschiedenen Epochen gelesen habe, muss ich sagen, bin ich im hier und jetzt ganz glücklich.
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Ganz simpel: Ein Haus in den Bergen rund um den Schliersee kaufen (reicht vermutlich nicht).
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Schlafen bis 10.00 Uhr. Ausgedehntes Frühstück mit Zeitung und frischen Brötchen im Garten oder in einem netten Café mit einer guten Espressomaschine. Danach: Kleine Wanderung auf eine Alm am Nachmittag, gefolgt von einer anständigen Portion Kaiserschmarren in der Sonne. Abends dann Tatort mit meiner Freundin und die obligatorische Wochenplanung vor dem herannahenden Montagmorgen.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Bier(e) mit Moritz Bleibtreu. Der ist einfach eine coole Sau.
Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an
Zur Person:
Nils Fischer ist Mitgründer und Geschäftsführer der Same-Day-Delivery-Plattform Liefery. Zusammen mit Jan Onnenberg und Franz-Joseph Miller gründete er das Unternehmen im Jahr 2014 als Service- und Technologie-Plattform realisiert. Fischer hat an der IUBH School of Business and Management in Bad Honnef bei Bonn Aviation Management studiert und sich seitdem ganz dem Thema Logistik verschrieben: Bereits vor Liefery war er sieben Jahre für die time:matters Gruppe tätig, dem führenden Anbieter für Same Day und Notfall-Logistik in Europa.
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