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Der neue Startup Hotspot in Marzahn
Hektisches Treiben auf der Empore. Wo ist Ronald? Der ist heute nicht da. Er musste zu Tut. „Ich bin auch gleich weg“, ruft Sebastian Winkler von der Galerie nach unten. In der Lounge stehen Bernd Lau und Marcus Vietzke und bedienen sich am frisch gebrühten Kaffee. Morning has broken-Stimmung im CleanTech Innovation Center (CIC). Auch dieser Tag ist ein guter Tag für kreative Entwicklungen.
2012 hatte „Basti“ und seine Freunde eine durchschlagende Idee, dafür gab es ein Gründerstipendium in Höhe von 100.000 Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Ein Jahr später – jetzt ist Ronald Liebermann mit an Board – gründen die Vier die Firma shoutr labs und entwickeln die shoutr.Boxx. Das System zur ortsbezogenen digitalen Inhaltsverbreitung und Vertrieb digitaler Güter kann große Datenvolumina wie Videos und Multimedia-Angebote an Smartphones in der Umgebung senden. Im Klartext: das Gerät in der Größe eines Rauchmelders kann alles, was das Internet kann, braucht aber keines. Nur Strom. Letztes Jahr gab es dafür den CeBIT- Innovationspreis.
Gerade haben shoutr labs in München auf der großen Tutanchamun-Ausstellung 32 ihrer Boxen installiert – „unser bisher größter Aufbau“, sagt CSO Ronald Liebermann. Damit versorgen sie Besucher mit Filmen, Audios, Videos und Texten. Da würde selbst der altägyptische Pharao staunen. Das nächste Projekt steht schon an. Die Tyrannosaurus Rex Ausstellung im Museum für Naturkunde in Berlin, die das 70 Millionen Jahre alte Skelett von „Tristan“ zeigen wird. Nach der Devise: Nicht kleckern, sondern klotzen.
Für ihre expansive Energie brauchen die Vier ein entsprechendes Umfeld. Einen Ort, wo Geist und Materie Synergien bilden, um den kreativen Turbo zu starten. Und bezahlbar muss er sein. „Hier kann man sich seinen Arbeitsplatz schon ab 99 Euro netto im Monat anmieten“, sagt Ronald Liebermann. Im CleanTech Innovation Center Marzahn (CIC) haben die Startups ihren Kreativ-Kompressor gefunden.
Das CIC wurde im letzten Jahr als Private-Public-Partnership-Projekt auf dem Gelände des econoparks Wolfener Straße gegründet. Die Macher: die Gewerbesiedlungs-Gesellschaft Berlin (GSG Berlin) als Eigentümer, Errichter und Vermieter und die Wirtschaftsförderung Marzahn-Hellersdorf, die sich um das Marketing und die Betreuung vor Ort kümmert.
Im CleanTech Innovation Center finden vorzugsweise Startups aus dem Bereich der sogenannten sauberen Technologien Platz. Dazu gehören junge Gründerteams, die sich auf erneuerbare Energien, Energieeffizienz, nachhaltige Wasserwirtschaft, Kreislaufwirtschaft oder nachhaltige Mobilität konzentrieren. Aber auch Gründerteams aus anderen verwandten Branchen sind willkommen. „Natürlich interessieren uns auch Startups mit spannenden Geschäftsmodellen und Produkten aus der Shareconomy oder aus der digitalen Wirtschaft“, sagt Andrea Hötzeldt, Leiterin des Innovationszentrums. Eine wichtige Voraussetzung für einen Einzug ins CleanTech Innovation Center ist, dass die Startups nicht am Anfang ihrer Gründung stehen. „Ein perfekter Einstieg wäre nach dem Ende der EXIST -Förderung oder nach dem Abschluss eines Inkubations- oder Acceleratorenprogramms“, rät Andrea Hötzeldt.
Das CIC, das sind 280 Quadratmeter stylish ausgebaute Bürofläche in einem Dach-Loft mit Galerie. Auf derselben Etage, im 4. Stock, liegt die 330 Quadratmeter große Werkstatt. „Wir unterstützen mit dem CleanTech Innovation Center Startups auf ihrem Weg zum Erfolg. Junge Gründer haben hier einen großen Vorteil: Sie können wachsen“, sagt Christian Gräff, Bezirksstadtrat für Wirtschaft und Stadtentwicklung. Und ergänzt: „Im Innovationszentrum finden junge Gründerinnen und Gründer die nötige Infrastruktur, um innovative technische Lösungen in Ruhe zu denken, zu entwickeln und Prototypen zu bauen.“
Die große Werkhalle mit abschließbaren Ateliers, Lager und Lastenaufzug haben es dem Gründer und Geschäftsführer von Skypoint-e, Bernd Lau, besonders angetan. Der 54jährige Diplom-Ingenieur steht am Ende der Halle vor einem XXL-Rotor aus Karbonstangen. Auf dem riesengroßen hölzernen Werktisch liegen High-Tech-Folien, aus denen die Windflügel für den Flugkörper gebaut werden. „Wir testen gerade, wie viel die Schweißnähte aushalten“, erklärt er. Bernd Lau will es noch einmal wissen. Er will hoch hinaus. Skypoint-e entwickelt ultraleichte mobile Flugkörper, die in 150 Metern Höhe die Windenergie einfangen, um damit Strom zu erzeugen und Mobilfunk zu gewährleisten. Das sechs mal neun Meter große Demonstrationsobjekt soll bis Ende des Jahres fertig sein. Jetzt fehlt nur noch der Investor zum großen Durchbruch.
Auf ihrem Weg zum Erfolg finden die Mieter im CIC die besten Startbedingungen. „Wer hier klein anfängt, kann groß rauskommen“, ist sich Sebastian Blecke, operativer Geschäftsführer der GSG Berlin, sicher. „Die Räumlichkeiten wurden explizit auf die Gründer und ihre Bedürfnisse ausgerichtet. Bei Bedarf stehen außerdem noch mehr als 10.000 Quadratmeter für Wachstum zur Verfügung.“ Hier wird das Motto „Think big“ gelebt.
Marcus Vietzke hat von Anfang an an das Projekt geglaubt. 2009 hatte der Ingenieur für Umwelttechnik und regenerative Energie die Idee, ein Unternehmen für die Entwicklung und Herstellung von kleinen Solaranlagen für Hausbalkone zu gründen. „Wieso darf eigentlich nur der Bauer in Bayern seine Scheune mit Photovoltaik-Modulen bestücken? Ich hatte einen sonnigen Balkon, wollte auch sowas haben“, sagt der CEO. Gefragt, gehandelt. Nach Abschluss seines Ingenieurstudiums machte er Nägel mit Köpfen. Das vom Bundeswirtschaftsministerium aufgelegte Förderprogramms EXIST gab finanzielle Starthilfe für seine Firma indielux. Der Name ist Programm: Unabhängigkeit von traditionellen Energieversorgern. Ein Prototyp existiert bereits. Eine 1 mal 1,60 Meter kleine Photovoltaik-Anlage für den privaten Balkon. Das Haltesystem ist in der Patentierung, baurechtlich ist alles im grünen Bereich. „Wir verhandeln gerade mit Investoren“, strahlt Marcus Vietzke.
Wenn die Balkonanlage in Serie geht, ist das eine kleine Revolution. „Ich habe meine Studierenden immer ermuntert, ganz konkrete Lösungen für die Verbreitung der Photovoltaik zu finden und marktreif zu machen. Dem Team von indielux ist genau das gelungen: Die universelle Haltelösung für Plug-in-Solarmodule könnte der Klasse der Balkonanlagen den Durchbruch bringen und dem Zubau der Photovoltaik gleichzeitig den nötigen Schwung“, sagt Prof. Dr.-Ing. Volker Quaschning von der HTW-Berlin.
indielux war der erste Mieter im CIC. „Die Konditionen sind einfach unschlagbar. Gute Preise, gute Verkehrsanbindung. Obwohl ich erst ein Vorurteil ablegen musste“, gesteht Marcus Vietzke. „Die ganze Startup-Szene sitzt schließlich in Berlin-Mitte. Ich konnte mir erst nicht vorstellen, wie Marzahn da mithalten will.“
Was viele nicht wissen: Marzahn hat sich in den letzten Jahren zu einem attraktiven Standort entwickelt, den immer mehr Startups für sich entdecken. „Marzahn und Startups. Immobilienunternehmen und Gründer. Old versus New Economy. Für uns sind das keine Widersprüche, sondern Teil unserer 50-jährigen Erfolgsgeschichte“, sagt Sebastian Blecke von der GSG Berlin. Die Gewerbesiedlungs-Gesellschaft (GSG Berlin) wurde im Juni 1965 gegründet.
Ihr Herzensprojekt CIC befindet sich in unmittelbarer Nähe zu Berlins größtem Industriegebiet, dem CleanTech Business Park, der Anfang September eröffnet wird. Das 90 Hektar große Areal bietet beste Bedingungen für produzierende Unternehmen des Cleantech-Sektors. CIC Startups können hier noch nicht verkaufte Flächen zu Demonstrationszwecken nutzen. Zudem wird der langfristige Austausch zwischen Old und New Economy durch beide Vorhaben gefördert. Synergien ergeben sich auch mit den bereits weit über 150 ansässigen Unternehmen im econopark Wolfener Straße.
Das kann Marcus Vietzke nur bestätigen. Er arbeitet schon mit einem Mieter auf dem Hof zusammen: Das Konstruktionsbüro NICO Berlin berät indielux bei der Entwicklung. Außerdem ist der Geschäftsführer von NICO Berlin, Herr Ivo Karrasch, Mentor beim CIC. „ In unserem Mentoren-Programm bringen wir die Startups mit den richtigen Experten zusammen, die mit Tipps und Fachwissen aus Themenbereichen wie Finanzierung, Vertrieb, Marketing und Recht zur Seite stehen“, erklärt Andrea Hötzeldt. „Um junge Unternehmen erfolgreich zu fördern, arbeiten wir zudem eng mit unseren Partnern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen. Auf regelmäßigen Netzwerktreffen bieten wir die Möglichkeit zum persönlichen Kennenlernen und Erfahrungsaustausch. So ebnen wir den Weg zu Entscheidern, potentiellen Kunden, Investoren und Lieferanten.“
Unterstützende Energie kommt von allen Seiten. Der Bundesverband Deutsche Startups e. V. hat zwei Arbeitsplätze im CIC, Berlin Partner und die Wirtschaftsförderung Marzahn-Hellersdorf sitzen im selben Haus. Kurze Gesprächswege und direkte Kontakte werden im CIC großgeschrieben: So gibt es beispielsweise ab September einmal im Monat einen Business-Lunch, bei dem sich die jungen Unternehmen mit Vertretern der ansässigen Wirtschaftsförderung austauschen können. Damit nicht genug: Das CleanTech Innovation Center arbeitet eng mit der Polytechnic School of Engineering (NYU) und der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer zusammen. Für das kommende Jahr ist ein Austausch-Programm geplant, das die Zusammenarbeit Berlin – New York stärkt und den Startups Einblicke in den US-amerikanischen Markt verschafft.
Das morgendliche Kaffee-Meeting am Küchentisch hat sich längst aufgelöst. Ein jeder arbeitet an seiner Idee weiter. Auf dem Tisch steht eine Büste der Königin Nofretete. Ein gekonnt inszenierter Stilbruch inmitten dieses coolen Startup-Ambientes? Im Gegenteil. Zwar war die altägyptische Herrscherin keine Gründerin, aber eine Meisterin des erfolgreichen Networkings. Und ein Symbol für die starke Frau. „Noch ist die Gründerszene sehr männlich. Es wird Zeit, dass wir die ersten Frauen im CIC begrüßen können“, sagt Andrea Hötzeldt mit einem Augenzwinkern.
Wer sich für einen Office-Space im CleanTech Innovation Center interessiert, findet hier alle Infos. Ansprechpartnerin ist Andrea Hötzeldt.