SXSW 2015
Tinnitracks, minubo und TripRebel rocken die SXSW
Triple-Sieg für Hamburger Start-ups auf der SXSW 2015 in Austin, Texas. Das ist ziemlich sensationell – und möge auch als Inspiration für alle Verantwortlichen stehen, die Start-ups zu wichtigen Pitches auf den Weg helfen.
Tinnitracks gewann in der Kategorie ‘Digital Health and Life Sciences Technologies’ im offiziellen SXSW-Accelerator
Die Sensation war ja eigentlich schon perfekt, als Tinnitracks es überhaupt in den SXSW-Accelerator geschafft hatte. Als zweites deutsches Start-up in der gesamten Geschichte der SXSW überhaupt und als erstes deutsches Start-up seit 2011.
Und dann haben die Jungs von Sonormed noch einen draufgesetzt und in ihrem Segment gegen die 7 anderen Finalisten ihres Segments gewonnen.
Am 14. März präsentierten die 48 Finalisten – je 8 aus 6 verschiedenen Themensegmenten – ihre Ideen einem Live-Publikum und der Jury. Diese 48 wurden im Vorfeld von einem SXSW Screening-Comittee aus Hunderten von Startups aus aller Welt ausgewählt.
Am 15. März wurde das Feld von 48 auf 18 Spitzenunternehmen eingegrenzt, die sich in einer zweiten Finalisten-Runde erneut vor einer weiteren Jury präsentieren durften, die dann den Sieger in jeder Kategorie auswählte. Unter den Top 3 des Clusters waren außerdem noch BioBots.io, Philadelphia und MobileOCT, Tel Aviv.
Gepitcht werden durfte hier übrigens nur 2 – in Worten zwei! – Minuten lang und zwar verpflichtend mittels Prezi, nicht mit Powerpoint oder Keynote. Uff.
Der eigentliche Preis von 4.000 US$ ist eigentlich nur als i-Tüpfelchen auf den sonstigen Benefits zu verstehen, die dieser Sieg Tinnitracks bringt. Tinnitracks-Gründer Jörd Land dazu: “Im Kern haben wir große Anerkennung gewonnen und eine exzellente Referenz für spätere US-Aktivitäten.”
Ein wenig verwirrend für uns Deutsche ist im Zusammenhang mit dem SXSW-Accelerator der Begriff ‘Accelerator’, unter dem wir hier ja ein Coaching- und Mentoring-Programm verstehen, das NACH dem Gewinn der Teilnahme und meist über einen längeren Zeitpunkt läuft.
Bei der SXSW ist das ein wenig anders. Jörg Land: “Es ist kein offizielles Mentoring- oder Coaching-Programm vorgesehen, aber die SXSW hat großes Interesse daran, dass die Sieger auch vorankommen.
Das merkt man schon so an der Qualität der Kontakte, die für uns dadurch entstehen. Selbst der Gründer der SXSW hat mir gestern im German Haus gratuliert.
SXSW CEO congratulates Accelerator Winner Tinnitracks #SXSWHH #sxswaccel #RBFC #RBF15 pic.twitter.com/0AdSI1aUb7
— Reeperbahn Festival (@Reeperbahn_Fest) 16. März 2015
Auf dem Bild oben: Evelyn und Alex vom Reeperbahn Festival sowie Jörg Land, Tinnitracks und Roland Swenson, CEO SXSW
Apropos Kontakte…
Hier ist ein eindrucksvolles Beispiel, was damit gemeint ist: Jörg schriebt zu dem Bild auf Facebook : “Meeting the Tinnitracks judge, also known as the inventor of the Ethernet and 3Com-founder Bob Metcalfe #SXSW.”
Echt zum neidisch-Werden…
Jörg weiter: “Das eigentliche Mentoring lief vorher für alle Finalisten ab. Man hat sich sehr große Mühe gegeben, bereits im Vorfeld den Pitch sauber und stark vorzubereiten. Das fand ich total super und sehr hilfreich für uns.”
Der Vorwärts-Schub durch den Sieg im SXSW-Accelerator wird also vor allem am massiv verstärkten Interesse von Medien, Investoren und vielen anderen Multiplikatoren bestehen. Was ganz (!) sicher nicht weniger wert ist als ein strukturiertes Mentoring-Programm. Denn in den USA gilt noch mehr als in Deutschland: Kontakte sind alles. Alles. Punkt.
Auf die Frage, was er sonst Wichtiges, Witziges, Denkwürdiges von dieser SXSW zu berichten hätte, antwortet Jörg Land: “Ehrlich gesagt habe ich die ganze Zeit gearbeitet und mich auf die drei Termine für den Pitch vorbereitet. Das Witzige kommt dann ggf. jetzt ;-).
Denkwürdig aber ist die großartige Unterstützung von Sanja Stankovic, die so viele Hebel in Bewegung gesetzt hat. Ohne Sanja wäre vieles hier gar nicht möglich gewesen. Und das gilt wohl für die gesamten Hamburger Aktivitäten.”
Und Hamburger Aktivitäten rund um die SXSW gibt es – und gab es schon im Vorfeld – reichlich. Die Stadt Hamburg, die Interessengemeinschaft Hamburger Musikwirtschaft (IHM), das Reeperbahn Festival, Hamburg Startups und diverse Sponsoren und Medienpartner: Zum Beispiel EY, die Sutor Bank, Xing, elanceODesk, SpiegelOnline und diverse Einzelpersonen sind im Boot und engagieren sich mit finanziellen Mitteln, Medienpräsenz und persönlichem Engagement.
Kristallisationspunkt und in vielen Punkten treibende Kraft ist Sanja Stankovic. Sie ist Kuratorin der Interactive-Themen beim Reeperbahn Festival und zusätzlich zuständig für die Auswahl und Begleitung der Hamburger Startups bei der SXSW.
Momentan tobt sie noch über die SXSW und hat trotz pickepackevollen Terminkalenders deutsche-startups.de mit Fotos und ein paar persönlichen Statements versorgt. Zu Tinnitracks’ Sieg schreibt sie:
“Jörg hat den Sieg wohlverdient nach Hamburg geholt. Er war sehr gut vorbereitet und hat die Jury durch alle Instanzen hindurch überzeugt.
Für mich ist der Sieg von Tinnitracks auch ein Stück weit eine kleine persönliche Erfolgsgeschichte. Als erster Gewinner des Startups@Reeperbahn Pitches kam er 2014 erstmalig mit nach Austin und wir saßen gemeinsam im offiziellen SXSW-Accelerator. Er sagte: “Hier will ich auch mal pitchen” und ich antwortete: “Dass schaffst du.” – Und nur ein jahr später holt er dort den Sieg. Das ist Wahnsinn!”
minubo und TripRebel verweisen bei der German Startup Engine andere auf die Plätze
Szenenwechsel: German Startup Engine… Hier treten deutsche Start-ups aus 2 Segmenten gegeneinander an.
Aus dem Bereich E-Commerce pitchten minubo , Laterpay, mycouchbox, heyshops und railslove mit einem Produkt namens mybafoeg je 3 Minuten lang gegeneinander, um sich anschließend je 4 Minuten lang den Fragen der Juroren stellen.
Und minubo war es, die für den E-Commerce dann aufs Siegertreppchen steigen durften.
Torben Lennart Sominka, der den Pitch für minubo machte, weiß den Sieg zu schätzen: “Die Pitches waren nicht verknüpft mit einer Art Accelerator-Programm oder irgendeiner anderen Art von Förderung – aber schon durch die Teilnahme (und umso mehr natürlich durch den Sieg) konnten wir viel Aufmerksamkeit gewinnen.
Das ist für uns natürlich besonders toll, weil wir gerade unsere ersten größeren Schritte in den US-Markt unternehmen und jede Publicity gebrauchen können. Und nirgendwo ist die Aufmerksamkeit der Tech-Welt dieser Tage wahrscheinlich so groß wie in Austin! – in so einem Format vor allem, um potentielle US-Investoren auf uns aufmerksam zu machen.”
Sanja Stankovic: “minubo hat den Sieg definitiv verdient, denn Torben hat den besten Pitch abgeliefert. Ich bin sehr beeindruckt davon, wie gut er vorbereitet war und wie toll er die Pitch-Tipps von Elke Fleing, Jeremy Abbett und Hamburg Startups angenommen und umgesetzt hat. Well done!”
Und bei minubo bleibt der Adrenalinspiegel gleich weiter am Anschlag. Torben: “Passend zur Auswahl für die SXSW und unserem Sieg vor Ort sind wir nun auch unter die Tech5-Startups für Deutschland gewählt worden – eine weitere Auszeichnung, die uns stolz macht und uns zeigt, dass nicht nur wir an unsere Vision glauben.
Am 19.03.2015 geht es dazu in Berlin in die nächste Runde mit den anderen vier deutschen Finalisten – Daumen gedrückt bitte!
Abgemacht: Daumen sind gedrückt!
Im Cluster Travel and Mobility gewannen TripRebel im Bereich Travel und Navvis im Bereich Mobility und setzten sich gegen MarbleBlue, Datarella und Knowhere durch.
Und auch bei ihnen past dieser Sieg wie maßgeschnitzt in die Roadmap. Gründer Carlos Borges: “Von Anfang an war unser Ziel, TripRebel als globales Produkt aufzubauen. So war dieser Sieg für uns eine großartige Bestätigung, dass unsere Geschäftsidee globale Relevanz hat und auch in der Amerikanischen Start-up-Szene auf Interesse stößt.”
Sanja Stankovic: “Der Startups@Reeperbahn Pitch scheint ein kleiner Erfolgsgarant zu sein. Als zweiter Gewinner in der Reihe der Startups@Reeperbahn Picthes konnte Carlos ebenfalls die amerikanische Jury überzeugen und den Sieg nach Hause holen. Ich bin total stolz auf ihn und freue mich sehr über den Erfolg von Triprebel.”
Appell an alle deutschen Bundesländer: Lasst Euch in diesem Fall von Hamburg inspirieren
Zum einen haben beide Gewinner-Startups Ihren Sieg natürlich sicher der überzeugenden Geschäftsidee und zum Zweiten ihrer Präsentationsstärke zuzuschreiben. Dass aber Start-ups aus Hamburg bei der SXSW ein solch fulminanter Rundumschlag gelingen konnte, liegt sicher auch daran, welchen Stellenwert den Vorbereitungen der SXSW in der Heimatstadt beigemessen wird.
Schon mehr als ein halbes Jahr vor einer SXSW stellen sich Start-ups der Entscheidung einer Fachjury und des Publikums. Sie werden intensiv gecoacht, bekommen individuelle Mentoren-Sessions – und werden auch immer mal wieder dezent ‘in den Hintern getreten’, damit ihre Vorbereitungen nicht über dem Alltagsgeschäft untergehen. Und sie haben die Chance, ihre Pitchdecks bis direkt vor ihrer Abreise immer wieder von Pitch-Profis gegenchecken zu lassen.
Diese Vorbereitungen laufen in anderen Bundesländern bei weitem nicht so gründlich. Es wäre gut, wenn sich die Zuständigen und Start-ups dort von dieser hanseatischen Gründlichkeit anstecken und inspirieren ließen. Denn für solch hochkarätige Pitches wie die auf der SXSW kann die Auswahl gar nicht gründlich genug überprüft und die Vorbereitung gar nicht intensiv genug sein, damit möglichst viele deutsche Start-ups fit gemacht werden für den Sprung über den großen Teich.
Und dann wissen auch die Sponsoren, dass sich ihr Einsatz gelohnt hat. Hartmut Giesen für den Sponsor Sutor Bank: “Hamburg hat auf der SXSW in Austin einen eindrucksvollen Auftritt hingelegt. Das Startup-Triple mit dem SXSW-Accelerator-Gewinn von Tinnitracks und den German-Startup-Engine-Siegen von minubo und TripRebel, die Networking-Plattform Reeperbahn Hamburgers und ein toller Hamburg-Tag im German Haus haben die Digtial- und Kreativstadt Hamburg blendend repräsentiert. Wir freuen uns, dass wir mit unserem Sponsoring zu einem erfolgreichen Hamburg@SXSW beitragen konnten.”
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