Dos und Don’ts
5 Tipps für erfolgreiche Verträge mit Geldgebern
Die Suche nach Investoren ist nicht nur emotional eine echte Achterbahnfahrt, sondern stellt viele Gründer auch vor strategische und rechtliche Herausforderungen. Schon beim Term Sheet, das die Kernpunkte der Vertragsparteien, die ausgehandelten Vertragsbestandteile und verbindliche Grundlagen für den späteren Vertrag enthält, ist vielen Startups nicht klar, dass das Papier ohne notarielle Beurkundung keine rechtliche Bindung hat. Beim eigentlichen Beteiligungsvertrag steckt der Teufel dann im Detail und Bullshit Bingo ist ausnahmsweise wirklich kein Bullshit Bingo, sondern entscheidet über Gedeih oder Verderb des Unternehmens. Um sich optimal abzusichern, sollten Startups vor den Verhandlungen deshalb sowohl eigenes Verständnis aufbauen als auch die Expertise eines Fachanwalts hinzuziehen. Im Unternehmer-Anwalt-Team können dann rechtliche und strategische Überlegungen einbezogen und so maximale Erfolge erzielt werden.
1. Clevere Bindung: Vesting Klauseln für Gründer
Beteiligen sich Investoren an einem Startup, dann sind sie in aller Regel nicht nur von der Idee, sondern auch vom Gründerteam überzeugt und haben ein Interesse daran, die Jungunternehmer langfristig an das Unternehmen zu binden. Damit sich die Gründer weiter für das Unternehmen einsetzen, beinhalten VC-Verträge deshalb in den meisten Fällen eine so genannte Vesting-Regel, die im Wesentlichen beinhaltet, dass Gründer ihre Beteiligung am Unternehmen teilweise oder komplett verlieren, wenn sie ihre Tätigkeit innerhalb eines vorher genau definierten Zeitraums vorzeitig beenden. So können sich Gründer beispielsweise verpflichten, für einen Zeitraum von drei Jahren ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Sollten sie das Unternehmen bis zum Ablauf eines Jahres verlassen, verlieren sie 90% ihrer Geschäftsanteile. Bei Ausscheiden nach Ablauf eines Jahres bis zum Ablauf von zwei Jahren müssen sie 60% der gehaltenen Geschäftsanteile abgeben. Differenziert wird dabei vor allem danach, ob der Gründer sein Ausscheiden zu vertreten hat oder nicht. Bei der Definition, wann dies der Fall ist, ist deshalb Sorgfalt gefragt. Zudem sollte immer klar geregelt werden, in welcher Höhe der ausscheidende Gründer eine Abfindung für seine Anteile erhält. Dies ergibt sich neben der Unternehmensbewertung vor allem aus dem Ausscheidungsgrund: Die Gründer, die das Unternehmen aufgrund eigener Kündigung oder aufgrund einer Kündigung aus wichtigem Grund durch die Gesellschaft verlassen (so genannte Bad Leavers) bekommen einen niedrigen Preis, die, die wegen gesundheitlichen oder sonst vertretbaren Gründen die Stelle verlassen müssen (Good Leavers) einen höheren.
2. Keine Steine in den Weg legen lassen: Sinnvolle Milestones
Für nachträglich mögliche Bewertungskorrekturen und zur Risikominimierung, vereinbaren Investoren im Beteiligungsvertrag in der Regel Meilensteine, also Ziele, die vom Unternehmen erreicht werden müssen, um die Bewertung zu begründen. Da im Endeffekt diese Milestones darüber entscheiden, ob eine Korrektur der Unternehmensbewertung stattfindet bzw. die Investitionssumme voll ausgezahlt wird, gilt bei ihrer Festlegung besondere Sorgfalt. Vor allem der Nachweis, ob Meilensteine erfüllt wurden, kann im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten und birgt Potenzial für Streitereien. Schon bei der Fixierung von erfolgsorientierten Meilensteinen sollten Gründer deshalb präzise Formulierungen wählen und darauf achten, dass es sich um exakt bestimmbare, verifizierbare und vor allem erreichbare Ziele handelt. Beispiele für sinnvolle Meilensteine sind: der bestimmte Umsatz pro Tag/Woche/Monat/Jahr, die bestimmte Anzahl der Kunden, bestimmte Wachstumsraten, und andere KPIs (Key Performance Indikators), die für die Branche relevant sind. Im E-Commerce können es zum Beispiel Traffic-Volumen oder Konversionsraten sein. Ist die Festlegung passender KPIs in der Anfangsphase noch schwierig, da sinnvolle Werte erst erarbeitet werden müssen, sollte eine Regelung gewählt werden, die zwar bestimmte, definierte Milestones fordert, jedoch auch “ähnliche Erfolge” honoriert.
3. Erst Rechnen, dann Unterschreiben: Regelung der Erlösverteilung und Liquiditionspräferenzen
Beteiligungsverträge enthalten meist auch Regelungen zur Erlösverteilung und Liquidationspräferenzen zu Gunsten der Investoren.
Beispiel:
Der Gründer hat 25.000 Geschäftsanteile, welche er bei der Gründung der XYZ GmbH zum Nennwert von je € 1 übernommen hat. Der Investor zahlt € 200.000. Davon gehen € 185.000 in die freie Kapitalrücklage und € 15.000 zur Übernahme von 15.000 Geschäftsanteilen mit einem Nennwert von jeweils € 1. Das Stammkapital der XYZ GmbH beträgt damit nach Kapitalerhöhung € 40.000. Hieran sind der Gründer zu 62,5% und der Investor zu 37,5 % beteiligt.
Im Rahmen eines Exits bekommen der Gründer und der Investor einen Veräußerungserlös von insgesamt € 400.000. Auf den Investor entfiele entsprechend seiner Beteiligung am Stammkapital ein Betrag in Höhe von € 150.000 und somit ein Verlust gegenüber seinem ursprünglichen Investment. Der Gründer bekommt € 250.000.
Um solche Situationen zu vermeiden, vereinbaren Investoren die Erlösverteilungs- oder auch Liquidationspräferenzen. Hier können sie zum Beispiel im Vertrag festlegen, dass im Falle einer Veräußerung des Unternehmens der Veräußerungserlös vorrangig dem Investor zugewiesen wird. Damit soll erreicht werden, dass die Investoren ihr eingesetztes Kapital und eventuell sogar eine Mindestrendite erhalten. Erst wenn solche Ansprüche befriedigt sind, wird der überschüssige Erlös an die übrigen Gesellschafter verteilt. Da diese Regelungen sehr komplex ausfallen können, sollten die Gesellschafter die Auswirkungen der Liquidationspräferenzen auf die Erlösverteilung sehr genau prüfen und vorher anhand von Rechenbeispielen nachrechnen. Die Praxis zeigt, dass extensive Szenario-Beispiel-Rechnungen viele offene Fragen aufdecken, die sich dann schon vor Vertragsunterzeichnung klären lassen.
4. Vor Verwässerung schützen: Anti-Dilution Protection
Da Unternehmen in der Regel mehr als eine Finanzierungsrunde benötigen, müssen auch Schwankungen in der Unternehmensbewertung im Beteiligungsvertrag berücksichtigt werden. Sinkt die Unternehmensbewertung zwischen den verschiedenen Finanzierungsrunden ab, so führt dies zwangsläufig zur Dilution (Verwässerung) der Altanteile, da die Erstinvestoren sich auf Grundlage einer höheren Bewertung beteiligt haben. Investoren fordern deshalb meist von Beginn an, einen Schutz vor Dilution, der es ihnen erlaubt, weitere Unternehmensbeteiligungen zum Nominalwert zu erwerben. Das ist für Gründer wiederum nachteilig. Fordert ein Investor eine Anti-Dilution Protection sollten Gründer deshalb von vornherein auf die richtige Rechengrundlage bestehen. Bei der Full-Ratchet-Rechnung kann ein Erstinvestor in der zweiten Finanzierungsrunde so viele Anteile zum Nominalwert nachziehen, dass sichergestellt ist, dass er für sämtliche seiner Anteile durchschnittlich denselben (niedrigen) Aktienpreis gezahlt hat wie der Neuinvestor. Ein besseres Ergebnis für Gründer liefert die Weighted Average-Rechnung. Hierbei wird ein Durchschnittspreis beider Finanzierungsrunden gebildet, wobei auch die unterschiedlichen Volumina berücksichtigt werden. Dadurch sind der prozentuelle Anteil und der Wert der Anteile des Gründers zwar immer noch niedriger, als wenn es keinen Verwässerungsschutz gibt, aber dennoch höher als nach der Full Ratchet-Methode.
5. Den richtigen Ausgang finden: Mitveräußerungsrechte und -pflichten
Nach der aufregenden Gründungsphase steht für viele Unternehmer am Ende des Tunnels der Exit. In vielen Beteiligungsverträgen wird deshalb ein Drag-Along-Right, also eine so genannte Mitveräußerungspflicht, vorgesehen. Sie regelt, dass ein veräußerungswilliger Gesellschafter die übrigen Mitgesellschafter zur Mitveräußerung zwingen kann. Sie müssen ihre Anteile dann zu denselben Konditionen veräußern wie er. Dieses Recht tritt vor allem bei Komplettverkäufen von Unternehmen auf und besteht bei einer qualifizierten Mehrheit (> 75%) auch ohne vertragliche Festsetzung. Um sich abzusichern sollten Gründer eine zeitliche und betragsmäßige Eingrenzung der Mitveräußerungspflicht einfügen. Zum Beispiel kann geregelt werden, dass ein Drag-Along nur durchgeführt werden kann, wenn der Veräußerungspreis nicht unter der Unternehmensbewertung der letzten Finanzierungsrunde liegt. Von großem Vorteil für Gründer kann außerdem ein Tag-Along-Recht sein. Wenn der Käufer nicht darauf besteht, alle Anteile zu erwerben und der Investor seine Drag-Along-Option nicht zieht, bleibt der Gründer auf seinen Anteilen sitzen. Wenn der neue Inhaber das Unternehmen aus strategischen Gründen erworben hat, keine Dividenden auszahlt und das Unternehmen nicht langfristig und strategisch führt, sind die Anteile des Gründers damit unter Umständen wertlos. Hier ist ein Tag-Along-Recht, das Gesellschaftern erlaubt, ihre Anteile im Falle eines Exits ebenfalls zu veräußern, ein sauberer Ausweg für den Gründer.
Im Endeffekt sollen Finanzierungsrunden Startups voranbringen. Wer diese Punkte bedenkt, startet strategisch und rechtlich abgesichert in das Beteiligungsverhältnis.
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Zu den Personen
Marie-Luise Kollmorgen und Darius Moeini sind gemeinsam mit Susanne Girrbach Gründer der Berliner Unternehmensberatung Berlin Startup Consulting. Im Team bündeln die Diplom-Kauffrau und Rechtsanwältin, der langjährige Unternehmensberater und Entrepreneur sowie Diplom-Kauffrau und Steuerberaterin Girrbach wertvolles Fach- und Beratungswissen, um Gründer bei allen Fragen rund um ihr Startup zu unterstützen. Neben Unternehmensberatung und Coachings, ist das Team vor allem darauf spezialisiert, passende Fördermittel für Startups zu akquirieren.