Was können Start-ups von Unternehmen lernen?
Im Vorfeld der internationalen Investorenkonferenz David and Goliath, die am 12. November zum zweiten Mal in Berlin stattfindet, konnte sich deutsche-startups.de mit einigen Speakern des Events über spannende Themen wie “Was können kleine Start-ups von großen Unternehmen lernen – und umgekehrt?” unterhalten. Unten deren Antworten. Bei David and Goliath geht es um Themenbereiche wie Innovation und Unternehmertum. Das Ziel der Konferenz ist es, die Entstehung von neuen Technologien und neuen Geschäftsideen in etablierten Unternehmen und in Start-ups zu diskutieren und aus Gemeinsamkeiten, Unterschieden und gedanklichen Verbindungen zwischen Innovationstreibern zu lernen.
Was können kleine Start-ups von großen Unternehmen lernen – und umgekehrt?
Mir fallen zwei Schwerpunkte auf: Operative Prozesse und Innovationsprozesse. Start-ups sind gut darin, disruptiv zu denken und innovative Ideen technologisch umzusetzen. Aber Innovationen in den Markt zu bringen und effiziente operative Prozesse zu implementieren, dazu fehlt häufig Expertise im Start-up-Team. Gerade im Medizintechnikmarkt zeigt sich, dass immer weniger große Unternehmen reine Technologiekäufe tätigen, sondern junge Unternehmen dann akquirieren, wenn sie Umsätze und starkes Wachstum vorweisen können. Und sie müssen relevante Zulassungen ihrer Produkte haben. US-Käufer achten sehr stark auf FDA-Zulassung, eine CE-Zulassung reicht dann nicht aus. Also: Start-ups brauchen mehr Execution. Große Unternehmen brauchen besseres Innovationsmanagement. Einige Industrien sind noch im „Dornröschenschlaf“, wie zum Beispiel der Bankensektor. Unser Eindruck ist, dass Fintech-Themen fast ausschliesslich von Start-ups kommen. Es gibt genügend innovative Ideen innerhalb von Konzernen, sie zuzulassen und umzusetzen, das fehlt. Davon ausnehmen würde ich zum Beispiel Biotech-Unternehmen. Der grösste Teil an Biotech-Innovationen kommt von etablierten Unternehmen, was mit der Grösse der R&D-Abteilung und -Budgets zusammenhängt. Zudem haben sie häufig Corporate Venture Capital-Unternehmen ausgegründet, die gezielt auf der Suche nach neuen Innovationen sind.
Christian Schütz, Partner bei b-to-v Partners
Beide eine Menge. Wenn es die Unternehmen den auch wirklich wollen. Start-ups können lernen wie man Strukturen und Prozesse für die Skalierbarkeit ihres Geschäfsmodells aufbaut, Mitarbeiter in größeren Einheiten über Ziele und Kennziffern führen kann und häufig auch wie sie erfolgreicher Vertrieb machen können. Unternehmen lernen von Start-ups wieder querzudenken, Freiraum für Innovation zu geben und Menschen zu begeistern.
Hans J. Even, 3E Capital
Start-ups können von dem Prozess- und Management-know-how größerer Unternehmen lernen. Das ist vor allem in der Wachstumsphase wichtig, um prozessual skalierbar zu bleiben oder zu werden und sich keine legacy an workarounds/manuellen Lösungen aufzubauen, die später einmal schmerzhaft bereinigt werden muss. Ebenfalls gilt das in Bezug auf die effiziente Führung einer Organisation, die nicht mehr 5 sondern 50 oder 250 Mitarbeiter hat. Diese Umstellung vom reinen Founder zum Founder mit Management-aufgaben ist für viele eine große Herausforderung. Große Unternehmen können von Start-ups vor allem lernen, wie sie sich mit MVP-Approach, dem Lean-Startup-Gedanken und agilen Entwicklungsprozessen das Thema Innovation neu erschließen und ihre Strukturen an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anpassen können. Je stärker sich ein großes Unternehmen an den im Start-up-Bereich bewährten Grundsätzen und Arbeitsweisen orientiert, desto weniger gefährdet ist es für die Disruption des eigenen Geschäftsmodells.
Fabian Heilemann, Heilemann Ventures
Die vieldiskutierte Perspektive ist ja die der großen Unternehmen, die von Start-ups Agilität, Flexibilität, Beweglichkeit und Wagemut lernen können – wichtige Voraussetzungen für echte Innovation. Umgekehrt legt man Start-ups natürlich nahe, großen Unternehmen ein wenig Spießigkeit abzuschauen: Planung, Budgetverantwortung, kaufmännisch fundiertes Management, klassische Charakteristika oder Klischees etablierter Unternehmen halt. Viel wichtiger als das Was ist dann doch das Wie. Oft genug wird das, was eigentlich gelernt werden soll, einfach dazugekauft. Das ist ein Anfang, aber kein nachhaltiger Ansatz. Echtes Lernen führt zu einer grundlegenden Veränderung, zu einer neuen Einstellung, zu strukturellen Anpassungen, zu digitaler Transformation. Das ist ein andauernder Prozess, den ich in all seiner Komplexität und bei allen Anlaufschwierigkeiten durch die Bank für nötig halte.
Christoph Bornschein, TLGG
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