Hessens Finanzminister gefährdet Start-up-Finanzierung
Manche Dinge kommen immer wieder – leider. Diesmal steht das in der deutschen Gründerszene gefürchtete Anti-Angel-Gesetz vor der Rückkehr. Hintergrund ist eine Bundesratsinitiative des hessischen Finanzministers Thomas Schäfer (CDU), wonach künftig Erträge aus der Veräußerung von Streubesitzbeteiligungen wieder einmal besteuert werden sollen. 600 Millionen Euro sollen so jährlich mehr in Staatssäckerl wandern. Die Forderung ist Bestandteil der Bundesratsinitiative “Steuerschlupflöcher schließen – Steuervergünstigungen abbauen – Investitionen ankurbeln” (PDF). Zur Erinnerung: Vor zwei Jahren stand das Anti-Angel-Gesetz schon einmal auf der Agenda, konnte aber verhindert werden. Passend zum Thema: “Anti-Angel-Gesetz vom Tisch – ‘Die Start-up-Szene hat schnell und geschlossen reagiert’”
“Die sich aktuell in Deutschland als zarte Pflanze entwickelnde Business Angel- und damit einhergehend auch Gründer-Kultur würde durch die geplante Gesetzesänderung fatal geschwächt. Dies wird negative Folgen für Innovation und Wachstum haben”, teilt der Bundesverband Deutsche Startups (BVDS) mit. “Finanzminister Schäfer will mit seiner Bundesratsinitiative Investitionen ankurbeln. De facto erreicht er genau das Gegenteil. Diese Gesetzesänderung verursacht einen sofortigen Investitionsstopp privater Investoren in Start-ups. Alle richtigen und wichtigen Maßnahmen der Bundesregierung werden auf einen Schlag konterkariert. Ich fordere den hessischen Finanzminister auf, diesen Vorschlag nicht in den Bundesrat einzubringen”, sagt BVDS-Vorsitzender Florian Nöll. Während der German NYC Week nutzte Nöll am vergangenen Freitag die Chance, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel über die Forderung und vor allem über die weitreichenden Auswirkungen für die zarte Start-up-Szene, die eine Einführung des Anti-Angel-Gesetzes hätte, zu informieren.
Auch der Hightech-Verband BITKOM warnt davor, die Finanzierungsbedingungen von Start-ups in Deutschland weiter zu verschlechtern. “Auf der einen Seite wird die Politik parteiübergreifend nicht müde, sich eine stärkere Förderung von Start-ups auf die Fahnen zu schreiben. Auf der anderen Seite werden Investoren Steine in den Weg gelegt”, sagt BITKOM-Vizepräsident Ulrich Dietz. “Wir brauchen mehr Start-ups in Deutschland, nicht neue Steuern für risikobereite Geldgeber.” Schon die neuerliche Debatte um eine Besteuerung von Streubesitzbeteiligungen führe zu Verunsicherung gerade bei ausländischen Investoren und erschwere die Finanzierungsbedingungen für deutsche Start-ups. “Im internationalen Vergleich ist der deutsche Markt für Wagniskapital ohnehin unterentwickelt. Die vorgeschlagenen zusätzlichen Steuerbelastungen sind dazu geeignet, dem positiven Trend bei den Start-up-Gründungen wieder ein Ende zu bereiten.”
Aus Hessen heißt es zur Forderung: “Die Steuerpflicht für Veräußerungsgewinne aus Streubesitzanteilen schafft Gleichbehandlung mit der Dividendenbesteuerung und beugt vielfältigen Steuergestaltungen vor”. So weit so bürokratisch. Für die Start-up-Szene wäre das Anti-Angel-Gesetzt ein harter Schlag.
Zum Hintergrund: Business Angels investieren meist bis zu 100.000 Euro, selten mehr als 500.000 Euro in junge Unternehmen. Dadurch halten Sie in der Mehrzahl Streubesitzbeteiligungen mit einer Beteiligungsquote unter 10 %. Diese Beteiligungen werden in der Praxis in Kapitalgesellschaften gehalten, womit Business Angels direkt von der geplanten Änderung betroffen wären.