Gastbeitrag Darius Moeini
Fördermittel werden noch viel zu wenig genutzt
Nachdem Idee und Businessplan stehen, geht es für die meisten Start-ups vor allem erst einmal um eines: Kapital beschaffen. Nur jeder zehnte Gründer kommt ganz ohne externe Mittel aus (KfW Gründungsmonitor 2014), über die Hälfte der Start-ups (53 %) gibt sogar an, dass ihr Kapitalbedarf zur Gründung fünfzigtausend Euro oder mehr beträgt (Deutscher Startup Monitor 2013). Geld, das nicht einfach auf der Straße liegt. Besonders begehrt sind die benötigten Finanzspritzen von VCs und Business Angels, die in der Start-up-Szene regelrecht vergöttert werden. Und das, obwohl 70 % der Start-ups den Erhalt von Venture Capital laut Startup Monitor als „schwierig“ bezeichnen.
Ein weiteres Problem: In einer Finanzierungsrunde VCs oder Business Angels an Bord zu bekommen, dauert in der Regel mehr als sechs Monate und kostet Gründer neben Zeit auch viele Nerven und Geduld. Gerade zum Start Energie, die Start-ups auch sinnvoller investieren könnten. Die Frage, die sich also jeder Unternehmer bei der Planung der Fundraisingstrategie stellen muss: Wie viel Business Development könnte man in mehr als einem halben Jahr schaffen, würde man seine Ressourcen anders nutzen? Natürlich sind VC- und Angel-Investments eine wichtige Kapitalquelle für junge Unternehmen und absolut wichtig für das Wachstum der Branche, leider sind viele Gründer allerdings noch immer vom VC-Hype geblendet und beziehen alternative und klassische Wege an Startkapital zu kommen gar nicht erst ein.
Ein Teufelskreis, denn VCs und Business Angel selbst finden es gut, wenn sich Gründer vor ihrem Einstieg, zum Beispiel mit Wachstumskapital, bereits um Fördermittel bemüht haben. Das zeugt nicht nur von Gründungsverständnis, sondern wertet das Unternehmen auch auf monetärer Ebene auf. Mein Appell an Startups lautet deshalb: Schafft zum Business Development zunächst eine solide finanzielle Basis mit frei verfügbarem und verhältnismäßig schnell beschafftem Kapital. Holt die VCs und Business Angels dann an Bord, wenn euer Produkt steht und pusht eure Vision mit Wachstumskapital.
Unausgeschöpftes Potenzial: Öffentliche Fördermittel
Gerade öffentliche Fördermittel werden noch von viel zu wenig Start-ups genutzt. Natürlich ist der Staatstopf nicht unbedingt sexy und lässt Gründer mit hunderten Programmen auf den ersten Blick leicht im Bürokratie-Urwald versauern. Sich eine umfassende Übersicht zu verschaffen lohnt sich jedoch, da es für fast alle Bereiche auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene Fördertöpfe gibt, die es auszuschöpfen gilt. Hier eine Liste beliebter und praktischer Programme:
Für einzelne Gründer
• Gründungszuschuss der Agentur für Arbeit: Wer vor der Gründung arbeitslos war, sollte sich um einen Startzuschuss für den Schritt in die Selbstständigkeit bewerben. Wenn dem Antrag stattgegeben wird, erhalten Gründer sechs Monate einen Zuschuss in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes sowie zusätzlich 300 Euro monatlich zur sozialen Absicherung. Alle Informationen hier.
Interessante Standardprogramme
• ERP Gründerkredit Startgeld: Ebenfalls als Starthilfe, jedoch nicht nur für einzelne Existenzgründer, sondern auch kleine Unternehmen bis zu drei Jahre nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit, fungiert das Startgeld der KfW. Das Darlehen kann bis zu 100 Prozent des Gesamtfremdfinanzierungsbedarfs decken. Alle Informationen hier.
• ERP Gründerkredit Universell: Für Vorhaben mit einem Fremdfinanzierungsbedarf von mehr als 100.000 Euro steht Gründern der ERP Gründerkredit Universell zur Verfügung. Das Darlehen deckt bis zu 100 Prozent der förderfähigen Investitionskosten bzw. Betriebsmittel. Alle Informationen hier.
• IBB Mikrokredite: Ebenfalls spannend für Berliner Gründer oder Unternehmen sind die IBB Mikrokredite. Die Zuschüsse können als Anlagevermögen, Auftragsvorfinanzierung, zur Produktentwicklung und –einführung oder Gründungsfinanzierung (bis 5 Jahre nach der Gründung!) beantragt werden und erfolgen als Darlehen von bis zu 10 Mio. Euro. Voraussetzung ist natürlich ein tragfähiges Unternehmenskonzept. Alle Informationen hier.
• IBB ProFIT Förderung: Berliner Gründer und Unternehmen, die dabei sind mit ihrer Idee die Technik oder Forschung zu revolutionieren, können sich für die Pro FIT Förderung der IBB bewerben. Die Zuschüsse oder zinsverbilligten Darlehen betragen in der Regel 400.000 Euro. Alle Informationen hier.
• BMWI EXIST: Wer sein Unternehmen aus der Hochschule oder einer Forschungseinrichtung heraus auf die Beine stellt, kann sich für das EXIST Gründerstipendium bewerben. Die Förderung geschieht in Form eines Zuschusses und kann bis zu 100 Prozent der zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben betragen. Alle Informationen hier.
• IBB Innovationsassistent: Technologieorientierte, rechtlich selbstständige kleine und mittlere Unternehmen mit Sitz in der Gründerhauptstadt Berlin, die vor allem personelle Ressourcen brauchen, um ihre Idee voranzubringen, sollten sich für den Innovationsassistenten der IBB bewerben. Gefördert werden bis zu zwei Mitarbeiter auf neu geschaffenen Stellen mit bis zu 50 Prozent des steuerpflichtigen Bruttogehalts. Alle Informationen hier.
• KfW Gründercoaching: Die KfW fördert Gründer auch dabei, ihr Unternehmen mit Coachingmaßnahmen voran zu bringen. Die Zuschüsse für die Beratungen können dabei bis zu 75 Prozent betragen. Alle Informationen hier.
• ERP Beteiligungsprogramm: Wenn es darum geht die Eigenkapitalbasis zu erweitern oder Finanzverhältnisse zu konsolidieren, bietet sich das ERP Beteiligungsprogramm der KfW an. Die Beteiligungen können bis zu 1,25 Millionen Euro betragen. Alle Informationen hier.
• ERP Innovationsprogramm: Zur Förderung der Forschung und Entwicklung von Vorhaben, die schon mindestens zwei Jahre am Markt aktiv sind, tritt das Innovationsprogramm der KfW ein. Als integriertes Finanzierungspaket besteht es aus einem klassischen Darlehen und einem Nachrangdarlehen und deckt bis zu 100 Prozent der förderfähigen Kosten ab. Alle Informationen hier.
Auch für Nischenbereiche gibt es eine Vielzahl an Programmen, so zum Beispiel die BMBF Nanotechnologie-Förderung Nanochance. Hier lohnt sich die Recherche also ebenfalls!
Alternativ können auch Bankkredite eine Finanzierungsoption sein. Sie sind zwar als Start-up nicht ganz leicht zu bekommen, da die verhältnismäßig geringen Seed Summen keinen großen Profit für die Banken abwerfen, in den Banken findet derzeit jedoch ein Umdenken statt. Viele Institute haben das Potenzial aufstrebender Unternehmen erkannt und buhlen regelrecht um die digitale und innovative Zukunft. Ein weiterer Vorteil: Gut vorbereitet steht die Finanzierung über einen Bankkredit schon in etwa einem Monat und Gründer können schnell loslegen.
In jedem Fall sollten alle Gründer damit beginnen auch nach Finanzierungsmöglichkeiten abseits des VC-Hypes zu suchen. Die Möglichkeiten sind vielfältig! Im Fokus sollte das Produkt stehen. Bringt man etwas Cooles auf die Straße, kommt die Aufmerksamkeit der großen Investoren im besten Fall von selbst.
Passend zum Thema: “10 Stolpersteine beim Fundraising”
Zur Person
Nach vielen Jahren in der Unternehmensberatung und Gründung eigener Startups, entschied sich Darius Moeini dazu, seine Leidenschaft und Kompetenz aus beiden Bereichen miteinander zu verbinden. Mit seinem Beratungsunternehmen für Startups, Berlin Startup Consulting, bündelt er seine eigenen Erfahrungen und die Expertise mit dem Know-how seiner zwei Mitgründerinnen Marie-Luise Kollmorgen und Susanne Girrbach. Die Rechtsanwältin und Steuerberaterin komplementieren seinen wirtschaftlichen Hintergrund mit Fach- und Beratungswissen aus dem Rechts- und Finanzbereich. Neben Unternehmensberatung und Coaching zu allen Fragen rund um die Gründung, ist das Team vor allem darauf spezialisiert, passende Fördermittel für Start-ups zu akquirieren. Moeini blickt auf über acht Jahre Erfahrung in der internationalen Unternehmensberatung und im Aufbau von Start-ups in Berlin, München, Zürich, New York und Dubai zurück. Zuletzt hat er den Location-Based Guide Twisper mitgegründet.