Horizont 2020
Wie man den Antrag meistert und sich EU-Euros sichert
Mit 50.000 bis hin zu 2,5 Millionen Euro je Unternehmen fördert die Europäische Union innovative Entwicklungen durch IKT-Start-ups und KMUs. Das Spektrum reicht von Marktstudien über die Entwicklung eines Prototypens bis hin zur Produktvermarktung. Die EU fordert im Gegenzug: Keine Sicherheiten, keine Bürgschaften, keine Zinsen – und Unternehmensanteil werden auch keine abgetreten. Im Rahmen von Horizont 2020 ist das KMU-Instrument die europäische 2,8 Milliarden Euro schwere Förder-Wundertüte. Zu schön, um wahr zu sein, will man fast sagen. Oder anders ausgedrückt: Wo ist der Haken?
Der Haken ist das Antragsverfahren. Wohl auch der hauptsächliche Grund, dass der große Run auf die EU-Töpfe bislang ausgeblieben ist, obwohl der erste Stichtag bereits der 18. Juni ist. Anträge stellen können grundsätzlich alle Kleinen und Mittelständischen Unternehmen gemäß EU-Definition. Das heißt Unternehmen mit maximal 250 Angestellten oder einem Umsatz von maximal 50 Millionen Euro. Das KMU-Instrument im Rahmen von Horizont 2020 ist explizit für hoch innovative KMUs vorgesehen, die auch im internationalen Wettbewerb ambitioniert sind. Ziel der EU ist, innovative Ideen voran zu bringen und den europäischen Unternehmen dabei unter die Arme zu greifen, weltweit eine führende Rolle einzunehmen.
Der Fördertopf deckt dabei den gesamten Innovations-Zyklus ab: von der Konzeptionierung der Idee (Phase 1) über die Umsetzung des Business Plans (Phase 2) bis hin zur Markteinführung und Monetarisierung (Phase 3).
Die Phase 1 richtet sich explizit an Start-ups, die noch ganz am Anfang stehen und ihre Idee dahingehend überprüfen möchten, inwiefern sie sich überhaupt realisieren lässt und in diesem Zusammenhang einen ersten Prototyp entwickeln. Start-ups, deren Antrag bewilligt wird, erhalten in dieser Phase einen pauschalen Betrag von 50.000 Euro. Erste Deadline für das Einreichen eines Antrags ist bereits der 18. Juni 2014.
Unternehmen, die schon einen Schritt weiter sind, und die Idee nicht mehr auf ihre Realisierbarkeit hin prüfen müssen, können in Phase 2 eine Förderung zwischen 0,5 und 2,5 Millionen Euro erhalten, um ausgehend von der Idee ein marktfähiges Produkt, eine Dienstleistung oder einen Prozess auf die Beine zu stellen. In Phase 3 wird schließlich der Markteintritt als solcher durch die EU unterstützt.
Wie hoch die Zuschüsse letztendlich ausfallen, die das Unternehmen durch die EU erhält, hängt von zwei Faktoren ab: Erstens, in welcher Phase sich das Start-up befindet – etwa in der Ideenfindung, im Early-stage oder in der Wachstumsphase – sowie zweitens, von der Formulierung des Antrags.
Komplizierter wird das ganze dadurch, dass im Zweifelsfall neben dem KMU-Instrument weitere Fördermodelle existieren. Wer einen letzten Endes erfolgreichen Antrag bei der EU einreichen möchte, sollte daher unbedingt folgende Punkte beachten:
– Verstehen, wie das EU-Fördersystem und der Prozess funktionieren: In welches Förder- und Fundingschema passt euer Unternehmen, Start-up oder KMU? Verschwendet keine Zeit für Instrumente, die für euch irrelevant sind!
– Matching: Berücksichtigt die Phase, in der euer eigenes Unternehmen steckt. Beantragt zum richtigen Moment das richtige Instrument!
– Vorbereitung: Recherchiert zunächst alle Informationen, die in dem Antrag erwartet werden. Informiert euch, wie diese Informationen strukturiert werden müssen. Seid sicher, dass ihr alle Informationen im korrekten Format vorliegen habt, bevor ihr den Antrag fertig stellt und einreicht
– Schreiben: Beschreibt eure Idee und die Innovation, die diese Idee darstellt. Erstellt den Business Plan und den angeforderten Inhalt korrekt und entsprechend der Erwartungen des EU-Schemas.
– Das Gesamtpaket: Versichert euch, dass euer Antrag korrekt eingereicht wird – sowohl hinsichtlich formaler als auch inhaltlicher Anforderungen. Achtet vor allem auf die Geschichte, die ihr dabei erzählt: Ist sie kohärent, stimmig und glaubwürdig – und zwar von Anfang bis Ende?
Was ihr unbedingt vermeiden müsst:
– Willkür: Der häufigste Fehler ist, gleichzeitig mehrere Instrumente zu beantragen, ohne so richtig deren Ziel und Zweck zu verstehen und ohne zu berücksichtigen, inwiefern das Instrument zu eurer Innovation, eurem Ziel und euren Bedürfnissen passt. Das Ergebnis ist verschwendete Zeit und letztendlich Frustration.
– Unfertige Anträge einzureichen: Immer wieder kommt es vor, dass Unternehmer Anträge einreichen, nur weil sie denken, dass sie eine großartige Idee oder Innovation oder einen großartigen Business Plan haben. Was häufig fehlt ist der erforderliche Inhalt und die entsprechende Struktur. Gutachter, die solche Anträge in die Hände kriegen, stempeln diese als „großartige Idee“, aber leider unfertig ab. Das Ergebnis: Noch nicht bereit, gefördert zu werden.
– Übertreibung: Das Gegenteil von unfertigen Anträgen: Übertreibt nicht hinsichtlich eurer Ziele! Achtet darauf, einen realistischen Fahrplan darzustellen. Versucht nicht, euren Entwicklungsprozess verkürzt darzustellen, um beim Gutachter Eindruck zu schinden. Schließlich soll euer Antrag zeigen, dass euer Projekt realisierbar und glaubwürdig ist, und dass ihr vor allem wisst, was ihr tut! Das bedeutet auch, dass ihr euch der Risiken bewusst seid und darstellt, wie ihr mit ihnen umgehen möchtet – ihr seid mehr als ein kreativer Geist und Träumer!
– Mit den Finanzen schlampen: Unternehmer mögen die Dinge klar und kurz. Das gilt auch für die Finanzen! Nichtsdestotrotz müssen erfolgreiche Anträge einen korrekt ausgearbeiteten Finanzplan beinhalten. Das heißt nicht gleich, dass wir einen zehnseitigen Business Plan benötigen, im Zweifelsfall ist weniger mehr, aber ihr solltet besonders darauf achten, dass alle relevanten Informationen, insbesondere die Kosten, die auf euch zukommen, korrekt angegeben sind.
– Eile: Das finale Paket muss komplett und ordentlich sein. Das gilt auch für eure Ausdrucksweise und Grammatik, ebenso wie für Überschriften, Seitennummerierungen oder Graphiken. Auch solche kleinen Details können am Ende den entscheidenden Unterschied ausmachen. Wartet nicht bis auf den letzten Drücker, um eure Anträge in großer Eile fertig zu stellen. Nehmt euch die Zeit, um euren Antrag doppelt gegen zu checken, bevor ihr ihn endgültig einreicht.
Zur Person
Kumardev Chatterjee, Präsident und Gründer des European Young Innovators Forum, hat als unabhängiger Berater drei Jahre lang die EU-Kommission bei der Richtlinie zu Horizont 2020 unterschützt. Im vergangenen Jahr hat er Fördergelder in Höhe von 20 Millionen Euro bewilligt. Im Mai gibt er Workshops in München (13.5.) und in Berlin (15.5.).