Die Gerüchteküche brodelt: Bringen die Samwers Rocket Internet an die Börse?

Zum Jahresanfang gibt es gleich ein Megathema, welches im In- und Ausland viel Beachtung findet: Einem Bericht des brasilianischen Blogs Tropical Considerations, von dessen Existenz vermutlich bisher kaum jemand wusste, planen die Samwer-Brüder […]

Zum Jahresanfang gibt es gleich ein Megathema, welches im In- und Ausland viel Beachtung findet: Einem Bericht des brasilianischen Blogs Tropical Considerations, von dessen Existenz vermutlich bisher kaum jemand wusste, planen die Samwer-Brüder mit Rocket Internet einen Börsengang. Zitat: “JP Morgan is the favorite to lead the deal as Advisor to Rocket Internet. This makes sense given JP’s track record as a capital provider to Rocket’s clone portfolio.
Ernst & Young will serve as auditor for most of the LatAm ventures”. Rocket Internet will sich zu diesem brisanten Thema offiziell nicht äußern. Aus dem Umfeld des Inkubators ist aber zu hören, dass an den Börsenplänen nichts dran ist.

Auch Olaf Kohlbrück sieht dies so: In einem lesenswerten Artikel schreibt er bei etailment: “Das Gerücht entstammt eher der Wunschvorstellung einiger Berater und Investoren, die schon seit Mitte des Jahres über einen Börsengang phantasieren. Die Gegenargumente klingen alltagstauglicher und die bestehenden Investoren scheinen keinen Druck auszuüben, der einen Börsengang nötig machen würde. Wir werden daher 2013 keinen Börsengang von Rocket Internet erleben”. In diesen Sätzen steckt sicherlich viel Wahrheit: Zumal Rocket Internet-Oberguru Oliver Samwer ein bekannter Zahlenallergiker ist – auch wenn Rocket zuletzt immer mehr Finanzierungshöhen seiner Start-ups veröffentlicht hat. Die Samwers werden aber sicherlich keine Lust haben, der weltweiten Szene jedes Quartal neue Zahlen für dutzende Artikel über Rocket Internet und seine vielen Beteiligungen liefern zu müssen. Und dies wäre bei einem Börsengang von Rocket Internet der Fall.

Auch Nils Jacobsen von Meedia ist skeptisch: “Wie realistisch ist ein IPO von Rocket Internet – und warum sollten die Samwers ihn anstreben, wenn frisches Kapital für neue Start-up-Projekte auch am Sekundärmarkt zu bekommen ist? Beteiligungsgesellschaften wie es CMGi oder die Internet Capital Group in den späten 90er-Jahren waren, hatten selten ein glückliches Ende an der Börse”. Die Beschaffung von Kapital wäre sicherlich ein Grund für einen Börsengang: Bisher hatte Rocket Internet auf diesem Feld aber überhaupt keine Probleme: Alleine 2012 will der Brutkasten 750 Millionen US-Dollar eingesammelt haben (siehe Video oben). Großgeldgeber wie Kinnevik, Summit Partners und Holtzbrinck Ventures dürften auch künftig immer wieder Geld in Rocket-Start-ups stecken.

Auch Alexander Hoffmann von Gründerszene ist skeptisch: “Letztendlich fällt es beim bisherigen Modus operandi des Inkubators aber schwer sich vorzustellen, wie Rocket Internet bei allen Transparenzanforderungen an börsengelistete Unternehmen “funktionieren” sollte – geschweige denn die Samwer-Brüder selbst. Denn der Inkubator müsste in nicht unwesentlichem Maße Geschäftszahlen und weitere unternehmerische Details offen legen, und das in Quartalsabständen. Zwar sind der Inkubator selbst und seine Portfoliogesellschaften in den vergangenen Monaten etwas offener in der Kommunikation geworden. Von der Veröffentlichung einer detaillierten Gewinn- und Verlustrechnung ist man aus gutem Grund allerdings weit entfernt”. Und wird dies sicherlich auch weiter bleiben wollen. Das Starten von neuen Projekten wäre als Börsenteilnehmer ebenfalls schwierig: Jeder neue Klon wäre sofort zu verkünden.

Jochen Krisch von Exciting Commerce kann sich einen Börsengang dagegen gut vorstellen: “Und wenn man sich die Samwer Reports der letzten Zeit ansieht, macht das durchaus Sinn: Die Samwers haben zuletzt ihr Reich in Ordnung gebracht, nochmals reichlich Kapital eingetrieben (“Oliver Samwer: Das Jahr, in dem ich 750 Mio. Dollar einsammelte”), mit JP Morgan & Co. die richtigen (Börsen-)Partner an Bord geholt, vor allem aber: die Internationalisierung vorangetrieben”. In Der Tat haben die Samwers in den vergangenen Monaten viele Strukturen aufgebaut, die einen Börsengang von Rocket Internet möglich machen könnten. Wahrscheinlicher scheint es aber, dass einige der Beteiligungen an die Börse gehen – beispielsweise alle E-Commerce-Beteiligungen in Südamerika oder Afrika – siehe “Rocket Internet: Details zum 340 Millionen-Millicom-Deal in Südamerika und Afrika“.

Bleibt noch der Artikel “Are the Samwers going public? Who cares” von Sarah Lacy von pandodaily zu erwähnen: Saturday, I saw some rumors float through my Tweet stream that Rocket Internet, the shameless clone-ubator of the Samwer brothers, is gearing up to go public. This effusive report of the so-far unconfirmed news gushed about the “shockwaves” it would send through the startup world and what a big deal it is. It won’t, and it’s not.”

Fazit: Ein Börsengang von Rocket Internet wäre für die weltweite Szene eine Sensation. Für Rocket Internet und die Samwers wäre ein Börsengang dagegen ein kompletter Wechsel der bisherigen Politik. Daran ändern auch die zuletzt gehäuften Verkündungen von Finanzierungsrunden nichts. Die Geschäftsführer des Inkubators dürften dann jetzt schon einmal anfangen, der etablierten Wirtschaftspresse Interviews und Einblicke in ihre Unternehmungen zu geben, sonst wird es nichts mit dem Börsengang. So wie die zalando-Macher es schon seit Monaten machen. Definitiv wird es innerhalb der kommenden Monate bei Rocket Internet etwas in Sachen Börse tun, aber sehr wahrscheinlich wird nicht die Holding an die Börse gehen.

Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.