“Im vergangenen Jahr konnten wir unseren Vorjahresumsatz verdoppeln” – Michael Zillmer von Innogames im Interview

Die Browserspieleschmiede InnoGames (www.innogames.de), die aus dem Hobbyprojekt “Die Stämme” hervorging, ist eine der großen deutschen Erfolgsgeschichten. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Mitgründer Michael Zillmer über den asiatischen Markt, das Boomsegment Social Games […]

Die Browserspieleschmiede InnoGames (www.innogames.de), die aus dem Hobbyprojekt “Die Stämme” hervorging, ist eine der großen deutschen Erfolgsgeschichten. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Mitgründer Michael Zillmer über den asiatischen Markt, das Boomsegment Social Games und den Mut, das Herz in beide Hände zu nehmen.

In den vergangenen Jahren war Innogames nur im Browserspielesegment aktiv. Jetzt bringt Innogames die Arcadia Saga, ein Client-Spiel des japanischen Studio Rosso Index, in Europa und Nordamerika auf den Markt. Warum dieser Strategiewechsel zum clientbasierten Lizenzspiel?
Wir wollen unser bisheriges Unternehmenswachstum weiter beschleunigen und unser Spieleportfolio verbreitern. Da ist es sinnvoll, unsere Rolle als Publisher von Drittanbieter-Spielen zu stärken. In Asien ist das Entwicklerniveau sehr hoch. Es gibt noch viele Spiele, die für westliche Märkte sehr interessant sind – die Arcadia Saga ist so eines.

Im April gründete InnoGames eine asiatische Tochterfirma. Ist die Kooperation mit Rosso Index der erste sichtbare Erfolg dieser Expansionsstrategie?
Ja, so schätzen wir das ein. Unsere asiatische Tochterfirma wirkt letztlich in zwei Richtungen. Zum einen wollen wir unsere eigenen Spiele in Asien noch besser vermarkten und bekannter machen, zum anderen eben auch qualitativ hochwertige asiatische Spiele lizensieren. Bei letzterem ist die Zusammenarbeit mit einem so renommierten Entwickler ein sehr großer Erfolg für uns.

Was raten Sie anderen Unternehmen – speziell Start-ups-, die in Asien Fuß fassen wollen?
Ich denke, ohne starke asiatische Partner geht es nicht. Von daher ist eine intensive Kontaktpflege und der Besuch zahlreicher Messen sicher eine absolute Pflicht. Außerdem gehört es auch dazu, sich auf asiatische Arbeitsweisen und die dortige Unternehmenskultur einlässt. Zu guter Letzt ist es natürlich wichtig, dass man asiatischen Partnerfirmen ein Produkt oder eine Dienstleistung anbieten kann, die lokale Firmen nicht leisten können. Schafft man dies, kann der Markteinstieg auch heute noch in Asien gelingen.

Mit „West Wars“ gibt es inwischen auch das erste Social Game aus dem Hause Innogames. Gehört den Social Games die Zukunft?
Social Games sind sicher eine Komponente bei der Zukunft der Spiele, aber nicht die alleinige. Der Markt der Online-Spiele steigt insgesamt sehr rasant an und wird dies auch in den kommenden Jahren weiter schaffen und neue Zielgruppen erschließen. Dabei spielen Social Games insofern eine wichtige Rolle, als dass man über die sozialen Netzwerke Nutzer erreicht, die sich nicht auf einer standalone-Version bei einem Browsergame anmelden würden. Für viele Nutzer waren und sind die Social Games der erste Schritt hin zum Online-Spieler.

Um so erstaunlicher ist es, dass fast alle Browserspielefirmen den Boom der Social Games verpennt haben. Warum?
Das liegt zum einen sicher daran, dass Facebook als größtes internationales Netzwerk lange nicht so groß in Deutschland war, wie beispielsweise in den USA. Bei InnoGames wollten wir uns schließlich zunächst auf Browsergames konzentrieren und dies war in den ersten Unternehmensjahren sicher auch die richtige Entscheidung.

Welche Unterschiede gibt es bei Programmierung und Vertrieb zwischen klassischen Browserspielen und Social Games?
Bei der Programmierung ist es wichtig zu beachten, dass Social Games nur eine einzige Spielwelt haben. In Browsergames haben wir einzelne Welten mit 30.000, maximal 100.000 Spielern, bei den Social Games können es Millionen werden. Darauf muss man sich auch beim Gamedesign einstellen. Darüber hinaus ist bei Social Games die Interaktion sehr wichtig, aber auch der extrem schnelle Spieleinstieg. Das virale Marketing ist für das Wachstum des Spiels noch wichtiger als bei klassischen Browsergames, die Nutzer können durch die Funktionen sozialer Netzwerke viele Freunde in das Spiel holen.

Wie sehen die Unterschiede in Sachen Monetarisierung aus?
Bei der Monetarisierung sollte man eben bedenken, dass es sich bei Social Games zu einem Teil um Spieler handelt, die eher Einsteiger im Spieleberich sind. Die Vorteile von Premium Services müssen also eindeutig und auf den ersten Blick erkennbar sein, außerdem empfiehlt es sich, eine kleine Menge In-Game -Währung den Spielern aktiv anzubieten, damit sie die Vorteile ausprobieren können.

Wird es künftig weitere Social Games von Innogames geben?
Ja, wir werden voraussichtlich noch in diesem Jahr ein weiteres Social Game veröffentlichen.

Werden Sie zudem – wie bei der Arcadia Saga – weitere Spiele von anderen Anbietern vertreiben?
Auch das steht bereits fest, ja.

Können Sie schon Details nennen?
Nein, noch nicht.

Und wie geht es beim Thema Browserspiele weiter, mit Seven Lands haben Sie bereits ein neues Spiel in der Betaphase, kommen weitere Games?
Ja, auch bei den Browsergames werden wir unser Angebot in Zukunft natürlich erweitern und versuchen zusätzliche Usergruppen anzusprechen.

Bis zum Frühjahr kam Innogames ohne fremdes Kapital aus – worauf Sie immer sehr stolz waren. Jetzt haben Sie sich Fidelity Growth Partners Europe ins Boot geholt. Warum dieser Schritt?
Wir haben uns alleine aus unseren Cash-flow heraus eine sehr gute Ausgangsposition geschaffen und hätten den bislang eingeschlagenen Weg auch sehr gut so weiter fortführen können. Gleichzeitig wissen wir, dass der Markt der Online-Games durch seine Dynamik und sein Wachstum sehr viele große Player angelockt hat, die diesen Bereich zuvor unterschätzt hatten. Um dafür gewappnet zu sein, sind starke Partner ein sehr wichtiger Faktor.

Warum haben Sie sich für Fidelity entschieden?
Für Fidelity sprach, dass sie ein Partner sind der über ein starkes Know-how verfügen und sehr gut im IT-Bereich vernetzt sind. Der Zufluss ist bezieht sich also vor allem auf zahlreiche Kontakte und langjährig angeeignetes Wissen.

Blicken Sie bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren – seit dem Start von Innogames – so richtig schief gegangen?
Wenn man viele Dinge anfasst, macht man automatisch auch mal Fehler. So ist es sehr schwierig vom ersten Tag an den optimalen Partner zu finden, der einem dabei helfen kann in einem Markt wie beispielsweise Asien zu wachsen. Dann ist es umso wichtiger, die eigenen Entscheidungen immer wieder zu überprüfen und sie notfalls zu ändern. Es geht uns in erster Linie darum, keinen Fehler zwei Mal zu begehen. Ich denke, das haben wir über die Jahre ganz gut geschafft.

Und wo haben Sie Ihrer Meinung nach alles richtig gemacht?
Das Wichtigste war in jedem Fall, dass wir die Entscheidung, “Die Stämme” professionell zu betreiben und zu vermarkten durchgezogen haben. Das hat für uns damals einen völligen Umbruch in der Lebensplanung zur Folge gehabt. Meine Mitgründer Eike und Hendrik Klindworth mussten ihr Studium abbrechen und auch unsere Eltern waren damals nicht sofort Feuer und Flamme für die Idee der Selbständigkeit. Ich denke, es war wirklich das Wichtigste, in diesem Moment trotzdem das Herz in beide Hände zu nehmen.

Aktuell suchen Sie fast 20 neue Mitarbeiter. Wie viele Menschen sorgen momentan für den reibungslosen Ablauf bei Innogames und wie viele sollen es in einem Jahr sein?
Inzwischen sind es insgesamt knapp 90 am Hamburger Standort, plus 75 weitere weltweit, die sich als Freelancer um die einzelnen Communitya in Brasilien, den USA oder Japan kümmern. In Hamburg alleine wollen wir uns in den kommenden zwölf Monaten etwa verdoppeln und rund 100 zusätzliche Stellen schaffen

Können Sie etwas über den Umsatz und die Umsatzerwartungen von Innogames sagen?
Wir haben inzwischen einen Umsatz im zweistelligen Millionenbereich erreicht und konnten 2009 unseren Vorjahresumsatz verdoppeln. Dieses dynamische Wachstum wollen wir auch in Zukunft beibehalten.

Auch andere Unternehmen geben derzeit richtig Gas: Wen sehen Sie als Ihre größten Konkurrenten?
Im Moment sicherlich die bekannten Online-Spiele Unternehmen wie Gameforge, Travian, Upjers, Gamigo oder Bigpoint. Es ist aber schon jetzt offensichtlich, dass die Anbieter klassischer PC-Spiele in den Bereich der Browsergames drängen, in Zukunft werden wir uns also auch mit Electronic Arts oder Ubisoft messen müssen. Hierbei hilft uns allerdings der Wissensvorsprung durch jahrelange Erfahrung auf dem Gebiet der Browsergames ein wenig.

Was ist die langfristige Perspektive – ein Verkauf an eine bekannte Spielefirma?
Ein Verkauf ist nicht in der Diskussion, die langfristige Perspektive ist es eher, die Marktposition als einer der führenden Anbieter von Online-Spielen weiter auszubauen und die Weichen dabei in allen Unternehmensbereichen auf Wachstum gestellt zu lassen.

Zum Schluss noch ein Blick in die Zukunft: Wo steht InnoGames in einem Jahr?
Wir haben uns in allen Bereichen des MMO-Gamings, also Social, Browser, Client und mobile, etabliert und beschäftigen in Hamburg nahezu 200 Mitarbeiter.

Zur Person
Michael Zillmer ist Mitbegründer und Geschäftsführer von InnoGames. Beim jungen Unternehmen kümmert er sich um die Bereiche Personal und Finanzen. Noch als Auszubildender entwickelte er 2003 zusammen mit den Brüdern Hendrik und Eike Klindworth das heute äußerst populäre Browserspiel „Die Stämme“. Für die erste spielbare Version des Strategiespiel benötigte das Team nur rund einen Monat Programmierzeit. Aus diesem kleinen Hobbyprojekt entstand 2007 die InnoGames GmbH, die heute nach eigenen Angaben über 50 Millionen Nutzer aus 200 Ländern ihr Eigen nennt.

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Alexander

Alexander Hüsing, Chefredakteur von deutsche-startups.de, arbeitet seit 1996 als Journalist. Während des New Economy-Booms volontierte er beim Branchendienst kressreport. Schon in dieser Zeit beschäftigte er sich mit jungen, aufstrebenden Internet-Start-ups. 2007 startete er deutsche-startups.de.