“DaWanda ist unser Baby” – DaWanda-Geschäftsführer Michael Pütz im Interview, Teil 1

DaWanda (www.dawanda.de) feiert im Dezember seinen ersten Geburtstag. deutsche-startups gratuliert einem der beiden Geschäftsführer, Michael Pütz, und will bei dieser Gelegenheit wissen, wie erfolgreich die ersten Gehversuche waren. Und wo waren die Stolpersteine? […]

DaWanda (www.dawanda.de) feiert im Dezember seinen ersten Geburtstag. deutsche-startups gratuliert einem der beiden Geschäftsführer, Michael Pütz, und will bei dieser Gelegenheit wissen, wie erfolgreich die ersten Gehversuche waren. Und wo waren die Stolpersteine?

Happy Birthday zum ersten Geburtstag, DaWanda! Habt ihr damit gerechnet, dass Euer Baby so schnell laufen lernt?
Danke für die Gratulationen. Stimmt, DaWanda ist wirklich wie ein Kind für uns. Und die Entwicklung verläuft wie bei einem Kind – die ersten Schritte sind gemacht. Sein “erstes Lächeln“ entschädigt uns für die viele Arbeit, die in diesem Projekt steckt. Am Anfang haben nicht so viele an uns geglaubt. Aber wir hatten gut geplant und stehen heute über unseren eigenen Erwartungen gut da.

Wo lagen am Anfang die Probleme?
Das ging bei der Finanzierung los. Wir saßen meist männlichen VCs gegenüber, die uns für unseren Glauben an den Markt für Handgemachtes im Internet belächelt haben. Am Anfang wurden wir nicht selten als Strickcommunity bespottet. Das Problem hierbei ist, dass Handgefertigtes oft negative Assoziationen hervorruft. Der „Aha“-Effekt kommt später, denn letztendlich kennt immer jemand jemanden, der beispielsweise Schmuck fertigt. Es gibt viele Menschen, die semi-professionell handarbeiten. Viel Zuspruch hingegen haben wir für unsere Idee aus dem Freundes- und Bekanntenkreis erhalten. Die haben das Business-Modell gleich viel besser verstanden.

Wie habt ihr Euer Business erklärt?
Das ist eigentlich ziemlich simpel zu sagen: DaWanda ist ein Marktplatz für Unikate und Handgemachtes von Künstlern, Kreativen und Designern. Das ist ein klares Konzept, das die User schnell verstehen. Das ist kein Phantasiekonzept, dass sich über Werbung finanziert, sondern wir sind Vermittler und bekommen fünf Prozent Provision. Wir sind sozusagen das eBay für Handgemachtes mit Festpreisen.

Habt ihr auch schon Poweruser bzw. –seller?
Ja, die haben wir. Insbesondere in der Vorweihnachtszeit hatten wir einige junge Modedesigner, die enorm viel Umsatz gemacht haben und mittlerweile von diesen Einnahmen leben. Für die machen wir Pressearbeit und lenken damit die Zielgruppe auf sie. Die Verkäufer wurden von diesem Erfolg überrascht und waren innerhalb weniger Tage ausverkauft. Da bekommen wir auch schon mal zu hören „durch DaWanda habe ich drei Kilo abgenommen“. Leider haben wir noch kein so ausgeklügeltes System wie Amazon, um Newsletter-Angebote haargenau auf die User zuschneiden könnten. Trotzdem versuchen wir Kunden individuell anzusprechen und arbeiten daran, dies zu optimieren.

Wer ist denn so der klassische DaWanda-Shopbetreiber?
Man kann gar nicht sagen, \’Frau, Mitte 40 mit drei Kindern\’. Nein, das nicht. Es sind zwei Gruppen: Die jungen Designer und Kunsthandwerker, die ihr Online-Geschäft aufbauen und als klaren Vertriebsweg nutzen – das sind auch diejenigen, die am meisten Umsätze machen und machen wollen. Und die Hobby-Künstler. Von einigen Männern mal abgesehen ist das Publikum schon mehrheitlich weiblich.

Und was zeichnet den klassischen Käufer aus?
Auch das sind vorwiegend Frauen im Alter etwa zwischen Anfang 20 bis Mitte 50. Aber in der Vorweihnachtszeit waren sogar einige Männer unter den Käufern. Ich vermute aber, dass die nicht impulsiv gesucht haben, sondern durch ihre Frauen genau wussten, was sie kaufen sollten. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Gruppe der Shopbetreiber und der Käufer in ihrer Struktur recht identisch ist. Es ist aber zu beobachten, dass durchaus quer gekauft wird, heißt: Eine 20-jährige kauft bei auch bei Älteren und umgekehrt.

\'Dawanda\'Dawanda

Wie viele Shopbetreiber bzw. wie viele User habt ihr mittlerweile?
Das sind in etwa 7000 Shops und wir haben knapp 50.000 registrierte User, von denen auch ein gewisser Prozentsatz schon gekauft hat. Aber genaue Umsatzzahlen werde ich nicht nennen. Mit dieser Strategie sind wir bislang ganz gut gefahren. Ich möchte so viel sagen, als dass wir mit dem Wachstum sehr zufrieden sind. Nach unserem Relaunch im Juli hat sich der Umsatz von Monat zu Monat verdoppelt, zur Weihnachtszeit sogar noch mehr.

Warum seid ihr so zurückhaltend, wenn es um das Offenlegen von Umsatzzahlen geht? Verfolgt ihr damit eine bestimmte Strategie, weil ihr gerade aktiv in Investorengesprächen seid?
Man ist doch immer in Gesprächen, oder?

Wenn Du an das zurückliegende Jahr denkst: Was assoziierst Du damit?
Wirklich enorm viel Arbeit. Durch die Weihnachtszeit und unsere Expansion über Deutschlands Grenzen hinweg ist das eine sieben-Tage Woche. Glücklicherweise haben wir aber weder ein Bett noch eine Dusche in unseren Räumlichkeiten. So ist man regelrecht gezwungen, auch mal nach Hause zu gehen. Aber wir haben viel gelernt und viel erreicht. Umso wichtiger ist es, dass meine Geschäftpartnerin und ich so gute Freunde sind. So ein Projekt könnte ich nicht mit jedem durchziehen. Vor allem in extremen und schwierigen Situationen ist es wichtig, ein eingespieltes Team zu sein. Wir fühlen uns wie junge Eltern. Wir kümmern uns rund um die Uhr um ein kleines Baby – um die kleine DaWanda. Gelegentliche Versuche, auch mal nicht über die Firma zu sprechen, scheitern meist. Aber darauf hatten wir uns eingestellt. Was aber genau auf uns zukommen würde, lies sich im Vorfeld leider schwer abschätzen.

Dann beschreibe doch bitte einmal das vergangene Jahr.
Wir mussten feststellen, dass einiges eben anders läuft, als man es sich am Anfang vorgestellt hat. Beispielsweise die Finanzierung. Da sind viele Fallen. Andererseits war es einfacher als gedacht, Shopbetreiber zu finden und eine kritische Masse an Produkten aufzubauen. Unsere Erfahrung ist: Der Weg verläuft nie so, wie man ihn vorher plant. Man muss flexibel sein und mal nach links gehen können, oder nach rechts. Entscheidend ist, dass wir jetzt dort stehen, wo wir hin wollten. Das liegt auch daran, dass wir ein kleines Team sind und deswegen schnell reagieren können. Wir beobachten unsere User schon sehr genau, um mit Aktionen nicht völlig daneben zu liegen.

Gibt es etwas, was im vergangenen Jahr gar nicht funktioniert hat? Oder gegenteilig gefragt: Was lief besonders gut?
Ob etwas überhaupt nicht funktioniert hat, kann ich so gar nicht sagen, denn da wir schnell reagieren, ist das nicht wirklich messbar. Und unsere User sind da auch nicht sehr mäkelig, wenn wir kurzfristig etwas ändern. Unseren Adventskalender beispielweise hatten wir in seiner Funktion anders an den Start gebracht. Er wurde so gut angenommen, dass wir modifizieren mussten, weil er Kapazitäten sprengte. Das war eine überraschende Erfahrung; damit hatten wir nicht gerechnet.

Aufgrund der Länge des Interviews verteilen wir das Interview auf zwei Teile. Teil 2 folgt morgen zu gleicher Zeit an gleicher Stelle.

Christina Cassala

Christina Cassala, Redakteurin bei deutsche-startups.de, war schon zu ihren besten Uni- Zeiten in den 90er Jahren journalistisch tätig. Gleich nach dem Volontariat arbeitete sie bei einem Branchenfachverlag in Hamburg, ehe sie 2007 zu deutsche-startups.de stieß und seither die Entwicklungen der Start-up Szene in Deutschland mit großer Neugierde beobachtet.