Protonet – der einfachste eigene Server der Welt
Man nehme: Einen Dummy-sicher zu bedienenden Server mit 4 bis 16 Terrabyte Speicherkapazität. Dieser wird garniert mit zwei Antennen, über die der Server zwei Drahtlos-Netze aufbaut: ein sicheres internes Netz und ein öffentliches WLAN für Gäste. Für die Füllung mische man die besten Funktionen von Dropbox, Skype und Basecamp. Schließlich gebe man alles in eine kleine orangefarbene Box, platziere diese im Büro und fertig ist die eigene, sichere Cloud. Das Ganze heißt Protonet (www.protonet.de).
Bei nahezu allen neuen Erfindungen ist es so wie bei Protonet: Es gibt kaum noch etwas rundum Neues. Neue Ideen sind (fast) immer die Kombination bereits existenter. Auf Protonet übertragen bedeutet das: Es gibt viele, die ähnliche Software machen und viele, die NAS-Systeme bauen – aber die Entwickler von Protonet sind die ersten, die das ganze kombinieren. Sie bringen den Komfort der Cloud und praktische Kollaborations-Software mit der Sicherheit eigener Server zusammen:
Zum einen ist hier in einer Software alles versammelt, was man zur Zusammenarbeit mit mehreren Internen oder/und Externen und bei Bedarf dem Kunden braucht: Eine kollaborative Aufgabenveraltung, die Möglichkeit, mit allen Projektbeteiligten zu kommunizieren und ein Dokumenten-Management-System, auf das ebenfalls alle zugreifen können.
Ok, Kollaboration-Software gibt es schon, und zwar nicht zu knapp. Das besondere hier ist, dass alle Tools zusammenarbeiten. Ich kann also ein File in einen Kommunikations-Stream laden, und er wird automatisch im File System erfasst. Oder ich erteile eine Aufgabe und diese ist automatisch Teil der Kommunikation. Das verschafft Überblick und lässt nichts verloren gehen.
Zum zweiten aber- und das ist viel wichtiger: All das läuft auf der eigenen Hardware. Damit gehören all meine Daten sicher mir und können nicht von anderen ausgespäht werden. Ständig gibt es neue Skandale wie bei Dropbox oder anderen Cloud-Services bezüglich der Datensicherheit.
Geheimnisträgern gemäß § 203 StGB wie Rechtsanwälten, Ärzten, Notaren oder Steuerberatern ist es sogar verboten, ihre sensiblen Daten in der Cloud zu speichern.
Mit Protonet brauchen nun auch nicht sie mehr auf den Komfort der Cloud zu verzichten: Alles auf dem eigenen Protonet-Server ist von jedem Device und jedem Browser über eine sichere Verbindung jederzeit erreichbar.
Ansonsten ist Protonet natürlich prinzipiell für jedes Unternehmen interessant, das für die interne Zusammenarbeit oder die Projektarbeit mit Kunden mit Serverkapazitäten von maximal 16 Terrabyte auskommt.
Das kann der Freelancer sein, der viel unterwegs ist und immer sicheren Zugang zu seinen Daten möchte – und der Protonet nebenbei prima als externen Backup-Server nutzen kann.
Oder der mit seinen Kunden über ein zentrales, sicheres System Daten austauschen und über den Stand des gemeinsamen Projekts kommunizieren möchte.
Es kann die Agentur oder das Beratungsunternehmen sein, das mit mehreren internen Mitarbeitern oder/und externen an verschiedenen Projekten arbeitet. Und das vielleicht auch den einen oder anderen Kunden direkt in die Projekt-Kommunikation einbeziehen möchte.
Die Zugangsberechtigungen werden selbstverständlich individuell so eingestellt, dass jeder nur Zugang zu den Daten bestimmter Projekte hat.
Und Protonet kann interessant für den Mittelständler sein, der sich neben all den anderen Vorteilen über einen hausinternen E-Mail-Killer freut. Die Protonet-Gründer erzählten, dass es einen mittelständischen Kunden gäbe, bei dem es seit der Einführung von Protonet keine einzige interne E-Mail mehr gegeben habe.
Den Tag der Unabhängigkeit für den offiziellen Start der Auslieferungen gewählt
Seit 2009 arbeitet das Team um Gründer Ali Jelveh und Christopher Blum – beide früher bei Xing als Software Architekt bzw. Frontender – an Protonet. Seit Ende 2011 war es in der offenen Beta und seit dem 4. Juli 2013 ist Protonet “out there and making money”.
Das Datum der ersten Auslieferungen ist bewusst gewählt. “Passt doch prima zum Unabhängigkeitstag: Protonet macht unabhängig von der Cloud”, so das Hamburger Start-up.
Und natürlich ist das Timing des offiziellen Starts auch in Sachen NSA-Skandal perfekt gewählt. Seitdem die Ausspähung von Daten Thema in allen Medien ist, hat sich der Traffic laut Protonet locker verdoppelt.
Zunächst haben die Gründer die Entwicklung aus eigener Tasche und mit Hilfe des Exist-Stipendiums finanziert, vor einigen Monaten hat dann die Crowd via Seedmatch 200.000 Euro investiert. Innerhalb von sage und schreibe 48 Minuten übrigens. Das ist der bisher ungebrochene Geschwindigkeitsrekord in Europa.
Das Video zum Crowdfunding sollte man sich übrigens unbedingt als Inspiration ansehen. Es ist großartig. Richtig gutes Storytelling. Chapeau! an die Three-Headed-Monkeys, die für das Storyboard verantwortlich zeichnen.
Seedmatch: Warum Protonet? from team protonet on Vimeo.
Inzwischen sind zusätzliche 900.000 Euro an Investionen von Tarek Müller, Stefan Kolle, Stephan Rebbe und der Hamburger Innovationsstiftung hinzugekommen. deutsche-startups.de berichtete: 5 neue Deals: Honestly, Amoonic, protonet, Busticket.de, expertcloud
Wer noch mehr über Protonet und die Verbundenheit des Teams mit Hamburg (Anm. d. Red.: Kann ich gut verstehen) sehen möchte: Hier ist ein gut 4-minütiges Interview der Kollegen von der Gründerszene:
Neben den Festpreisen soll es bald auch eine langfristige Finanzierungsmöglichkeit geben
Die verschiedenen Preisversionen von Protonet sind abhängig von Prozessor-Typ (Pentium oder XEON) und Speicherkapazität (4 TB/8 TB/16 TB) des Servers und liegen zwischen 2.749 Euro und 4.099 Euro netto.
In Anbetracht der Tatsache, dass man keinen zusätzlichen Einrichtungsaufwand bezahlen muss, sind das wirklich moderate Kosten.
Und für all die, denen dieser Kostenaufwand auf einen Rutsch zu hoch ist: Protonet arbeitet mit Hochdruck an einem Finanzierungsmodell, mit dem man nicht alles auf einmal zu bezahlen braucht. Lauto Protonet dauert es aber noch ein Weilchen, bis dieses Modell angeboten wird.