Tipps für den modernen Vertrieb: Gehen Sie nicht dorthin!
Gehen Sie nicht dorthin! – Gastbeitrag von Joachim Günster (siehe links), seit über 30 Jahren im Verkauf tätig.
Menschen neigen dazu, besonders bei Zahlen, eine zuvor gehörte beziehungsweise gesehene Zahl aus einem völlig anderen Kontext zu übertragen und diese Zahl dann im neuen Kontext als Basis zu nehmen! “Nur damit Sie es wissen, wir haben gerade ein anderes Projekt für 5 Millionen umgesetzt”. Somit begann die neue Verhandlung bei 5 Millionen.
Nach der starken Eröffnung, dem notwendigen Bösewicht und dem Verzicht darauf, technische Daten zu verkaufen, ist das „Primen“ der Megaumsatzbringer.
Wenn Sie diese Technik richtig einsetzen, dann bereiten Sie den Boden für eine fruchtbare Ernte. Kein Kunde oder Investor kann dann noch nein sagen. Die werden kaufen.
Boom – schon habe ich Sie „geimpft“ (to prime – in eine Richtung schieben, vorbereiten, grundieren). Geimpft insoweit, das nun Ihr Gehirn davon ausgeht, dass Investoren sicher investieren werden, wenn Sie diese Technik anwenden. Das die Kunden sicher kaufen, wenn Sie diese Technik anwenden.
Und in der Tat, das funktioniert so, wie die meisten selbsterfüllenden Prophezeiungen. Keine Angst, das hier wird nun keine Esoterikstunde. Es ist einfache Basispsychologie. So funktioniert unser Gehirn nun mal. Und warum sollten wir das nicht im Verkauf benutzen?
Schauen Sie nochmal an den Anfang des Textes und lesen Sie den 5 Millionen Prime nochmals. Das können Sie doch auch in Ihre Verkaufsunterlagen einbauen, oder nicht? Versuchen Sie immer einen Rahmen zu finden, in dem der Verkauf oder der Pitch stattfindet. Einen Rahmen und eine Richtung, die Sie definieren. Lassen Sie den Zuhörer nicht zum eigenen Schluss kommen, denn dann sind Sie schnell in der falschen Schublade. Lenken Sie ihn von Anfang an.
Je stärker Sie diesen Prime gestalten, desto leichter können Sie ihn zu jeder Zeit wieder auslösen, in der Fachsprache, wieder feuern.
Dann wird aus dem Prime ein Anker. Und Anker sind in der Tat sehr mächtig und müssen sehr bewusst und kontrolliert eingesetzt werden. Doch zu diesen nicht-maritimen Land-Ankern mehr im nächsten Teil.
Wenn Sie einen Rahmen vorgeben, stecken Sie sozusagen die Piste ab, auf der sich das Gehirn des Zuhörers bewegen darf. Und interessanterweise machen die grauen Zellen des Zuhörers das auch ganz brav und blenden alles andere, egal wie groß oder wie spektakulär das ist, einfach aus. Boom!
An der Cornell University wurde 1999 erstmals folgender Versuch durchgeführt: Probanden wurden aufgefordert, in einem Video, in dem Studenten Basketball spielten, die Anzahl der Pässe einer Mannschaft zu zählen. Ein Team trug schwarze Trikots, das andere weiße. Die Probanden mussten nun die Pässe des weißen Teams zählen, durften aber nicht die des schwarzen berücksichtigen. Die meisten Antworten befanden sich in der richtigen Größenordnung, irgendetwas um die 34 Pässe herum. Darum ging es jedoch gar nicht. Nachdem das Video gestoppt wurde, wurden die Teilnehmer gefragt, ob ihnen etwas Ungewöhnliches aufgefallen sei. Die Hälfte verneinte. Sie wurden dann explizit gefragt, ob sie einen Fremden im Video gesehen hätten. Auch hier war die Antwort nein. Dann fragten die Versuchsleiter gerade heraus, ob sie den Gorilla gesehen hätten. Einen Gorilla, der mitten vor der Kamera herumhampelte und in die Kamera winkte und sich auf die Brust trommelte. Ganze neun Sekunden war eine Studentin, die ein komplettes Gorillakostüm anhatte, ins Bild gelaufen, hatte sich auf die Brust getrommelt und lief wieder hinaus. Neun Sekunden! Die Hälfte aller Teilnehmer hatte keinen Gorilla gesehen. Dieser Versuch wurde in verschiedenen Varianten immer wieder, wiederholt. Mit gleichen Ergebnissen. (nachzulesen in „The invisible Gorilla“)
Was ist denn da passiert? Die Forscher fanden heraus, dass unser Gehirn Dinge, die überraschend und ohne Zusammenhang auftauchen, einfach ausblendet. Auch wenn es sich um massiv große Dinge handelt. Ist das nicht erstaunlich?
Und natürlich hatten Sie die Probanden geprimed. Sie sollten doch die Anzahl der Pässe zählen. Boom – da haben die doch tatsächlich einen (frau)großen Gorilla übersehen.
Denken Sie immer daran: Unser Gehirn steuert unser Portemonnaie! Wer es nicht glaubt, der glaubt auch nicht, dass man einen Gorilla übersehen kann.
Im nächsten Teil zeige ich Ihnen, wie Sie die Story so tief in das Unterbewusstsein des Kunden verankern, das er Ihren Pitch nie wieder vergessen wird.
Und wie Sie die Story immer wieder aufrufen können. Wir werden uns einmal das nicht-maritime Ankern ansehen, das Ankern an Land.
Tipps für den modernen Vertrieb (Bisherige Teile dieser Reihe):
- Das 100 Milliarden US-Dollar Start-up
- Umsatz XXL – gewusst wie, der Outcome-Frame
- Ihre Verwandten werden abgeschlachtet – so fangen gute Verkäufer an!
- Ich bin ein Mac – ich bin ein PC
- 270 PS, 6 Airbags und keinen interessiert es
Zur Person
Joachim Günster ist seit über 30 Jahren im Verkauf. Überwiegend mit technologischen Produkten. Er ist ebenso lange Unternehmer und Serial-Entrepreneur. Er hat High End-Technologie an Konzerne verkauft, auch durchaus gegen den Widerstand der hausinternen IT-Abteilungen. Günster erstellt Verkaufsstories die verkaufen. Die an Kunden, Geschäftspartner und auch an Investoren verkaufen. Auf seinem Blog findet man immer wieder nützliche Hinweise und Techniken wie man besser erfolgreich verkaufen kann. Umsatz XXL ist das Ziel. Twitter: @stories4success