15 Fragen an René Maudrich von FastBill
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Ich finde das großartig! Schon seit Beginn meiner beruflichen Laufbahn habe ich die Fäden in der Hand und bin froh, keine Zeit in den falschen Jobs zu verschwenden. Natürlich spürt man dabei auch gebündelt und gnadenlos, wenn mal etwas falsch läuft und muss es ausbaden. Aber am Ende sammelt man sehr viele gute Erfahrungen.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Mein Bestreben war es schon immer, in der täglichen Arbeit frei zu sein und nicht ständig die gleichen Fleißaufgaben zu erledigen. In meiner ersten Firma stapelte sich aber stets der Papierkram und kostete jeden Monat eine Menge Zeit. Irgendwann stand dann der Gerichtsvollzieher wegen einer Lappalie vor der Bürotür und wollte eine lang überfällige Zahlung eintreiben. An diesem Punkt war uns klar, dass wir ein Hilfsmittel brauchten, um Rechnungen, Belege und Zahlungen einfach zu verwalten und überall schnell zu überblicken. FastBill kümmert sich heute genau darum.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Wir haben das Unternehmen von Anfang an selbst finanziert und konnten zu Beginn noch nicht im Vollzeitbetrieb daran arbeiten. Da die Anzahl der zahlenden Kunden jedoch stetig gewachsen ist, war es bald möglich, unsere anderen Jobs aufzugeben und mit vollem Elan die FastBill-Vision zu verfolgen. Dieser Ansatz des Bootstrapping war auch goldrichtig, da unser Markt bisher kein Thema für Risikokapital gewesen ist.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Gerade weil wir sehr begrenzte Ressourcen hatten, fiel es uns wirklich schwer festzulegen, welche Produktfunktionen und Themen Priorität bekommen sollten. So haben wir uns über zwei Jahre fast nur mit der Produktentwicklung beschäftigt und hatten kaum Nutzer auf dem System. Ich bin heute davon überzeugt, dass ein Produkt nach wenigen Monaten auf den Markt gebracht werden muss. An diesem Punkt sollte die wichtigste Funktion sauber und ansprechend abgebildet sein. Für die Entscheidung über weitere Funktionen braucht man Erkenntnisse aus dem Verhalten und den Wünschen der Nutzer.
Darüber hinaus war es sehr schwer zu entscheiden, wo es sich lohnt, Geld zu investieren. Wir haben z.B. mehrere Tausend Euro für PR umsonst ausgegeben und uns ganz vereinzelt einen Messestand oder eine Printanzeige geleistet. Doch diese Einzelaktionen bringen selten einen Return. Es gibt nicht „DIE Chance“, die man nur einmal bekommt und nicht verpassen darf. Wenn man mehr selbst macht und dabei authentisch und engagiert handelt, lernt man viel und erreicht mehr.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Ich würde so wenig finanzielle Verantwortung wie möglich auf mich nehmen. Am Anfang braucht man nicht gleich feste Angestellte, langfristige Büro-Verträge und schicke Hotelzimmer. Das Geld sollte möglichst direkt in Umsatz verwandelt werden.
Sobald das Produkt in der ersten öffentlichen Version steht, würde ich rausgehen und als Gründer die Botschaft verbreiten. Man kann somit schon eine gute Sichtbarkeit erzeugen und streut auch seine Begeisterung für die Idee. Jeder Umsatz, der nicht für existentielle Ausgaben gebraucht wird, sollte in messbare Kanäle reinvestiert werden.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?
Zum Einen setzen wir sehr stark auf die Pflege unserer Nutzer-Community. Denn jeder der wirklich Nutzen aus unserem Produkt ziehen kann wird uns unterstützen und das Produkt weiterempfehlen. FastBill soll eine neue Sichtweise auf den Arbeitsalltag und den Umgang mit Papierkram etablieren und dazu brauchen wir Vordenker und Evangelisten. Darüber hinaus setzen wir stark auf Reichweitenpartner, die unser Produkt ihren Kunden anbieten. So arbeiten wir z.B. mit Jimdo, Twago und weiteren Plattformen zusammen. Hierbei kommt es natürlich auf eine gemeinsame Zielgruppe an, um die richtige Ansprache zu finden.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Aus unserem Gründerteam sind nur Christian und ich operativ tätig. Die anderen Jungs haben uns von Anfang an mit viel Know-How und Engagement, insbesondere in Bezug auf die Server-Infrastruktur unterstützt. Ohne diese Power wären wir heute nicht da wo wir sind. Das spricht für ein heterogenes Gründerteam, das sich gut ergänzen kann.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Ganz einfach: gründet nicht wegen des Geldes oder einem möglichen Exit. Verfolgt auch nicht jede fixe Idee, die „ganz cool“ wäre. Seid clever und überlegt, womit man einen nachhaltigen Wert für einen Markt und für die Welt schaffen kann. Dann fokussiert euch ausschließlich auf diese Vision und tanzt nicht auf zu vielen Hochzeiten.
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Ich würde ihm vorschlagen, zusammen mit uns Startups ein „Entrepreneurship“-Programm für Schulen ins Leben zu rufen. Das unternehmerische Denken ist für meinen Geschmack bei Jungendlichen zu schwach ausgeprägt. Ich würde junge Menschen gerne darin fördern ihr berufliches Schicksal von Anfang an in die eigene Hand zu nehmen.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ich würde in einem innovativen Startup eines anderen Gründerteams Gas geben.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Ich würde gerne mal ein „Praktikum“ in einem Startup aus dem Hause Rocket Internet oder Team Europe machen. Dabei finde ich besonders spannend, wie man ein Business-Modell in verschiedenen Märkten der Welt gleichzeitig ausrollt und dabei die Besonderheiten der jeweiligen Länder berücksichtigt. Für mich ist diese Art der „Skalierung“ faszinierend.
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
Ich würde in die USA der 1970er reisen. Da könnte ich in Menlo Park an einem Treffen des Homebrew Computer Club teilnehmen und in New York das Studio 54 besuchen.
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld?
Ich kaufe eine Hacker-Villa mit Garten und BBQ-Platz an einem See. Dort können dann talentierte Geeks ihren Ideen freien Lauf lassen.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Zuerst ein gemütliches Frühstück mit meiner Frau, dann würde ich mit Freunden zu einem Football- oder Basketball-Spiel gehen. Den Abend verbringen wir alle zusammen rund um einen Grill und spielen Football und philosophieren.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Mit Richard Branson. Er lebt die Vision des freien Arbeitens und lässt sich nicht in Schranken verweisen. Ich denke, er kann uns viel darüber erzählen, wie man sich auf eine Vision fokussiert und diese dann engagiert real werden lässt. Außerdem setzt er sehr auf eine gut florierende Firmenkultur, was für mich eine wichtige Voraussetzung für ein erfolgreiches Unternehmen ist.
Im Fokus: Weitere Fragebögen in unserem großen Themenschwerpunkt 15 Fragen an
Zur Person:
René Maudrich gründete 2006 zunächst die Web-Agentur posar communications. Nach der Idee zu FastBill.com (www.fastbill.com) in 2007 widmete er sich intensiv der Produktentwicklung und ist bis heute als Geschäftsführer verantwortlich für die Weiterentwicklung und den Betrieb der Software.
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