“Nicht mehr jedes Online-Games-Unternehmen wird erfolgreich” – Julian Riedlbauer von GP Bullhound
Die weltweite Gamesszene ist im Umbruch: Etablierte Spieleschmieden forcieren momentan ihre mobile Zukunft, der Riese Bigpoint entlässt rund 120 Mitarbeiter und somit rund 15 % der Belegschaft. Bei Zynga mussten zuletzt knapp 5 % der rund 3.200 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Julian Riedlbauer, Partner bei der internationalen Technologie-Investmentbank GP Bullhound, kurz vor dem Browsergames Forum 2012, das am 1./2. November stattfindet, über Negativschlagzeilen, Early-Mover und die fortschreitende Konsolidierung in der Branche.
Wie sehen Sie die Entwicklungen im Online-Games-Markt aus Sicht einer globalen Tech-Investmentbank?
Insgesamt ist der Online-Games-Markt trotz der Negativschlagzeilen rund um Zynga und einige andere Firmen – zum Beispiel europäische Client- und Online-Games-Publisher – noch immer ein großes Wachstumssegment der Internet- und Gaming-Branche. Der Hype der vergangenen Jahre rund um Browser- und Social-Games ist aber einer gewissen Ernüchterung gewichen. Nicht mehr automatisch jedes Online-Games-Unternehmen wird erfolgreich. Der Konkurrenzdruck allgemein und der Wettbewerb um die User haben deutlich zugenommen. Die Entwicklungsbudgets für Hits sind deutlich gestiegen. Junge Firmen ohne große Kapitalausstattung konnten früher durch ein gutes Spiel, das von einem kleinen Team programmiert wurde, sehr erfolgreich werden und sind heute meist größere und profitable Firmen geworden. Siehe InnoGames, Upjers, Travian und PlayaGames. Diese Zeiten sind nun vorbei. Diese Erfolge lassen sich so nicht mehr wiederholen – in absoluten Ausnahmefällen nur noch im Bereich Mobile Games.
Wie wird der Online-Games-Markt von Investoren betrachtet, ziehen sie sich aus dem Bereich zurück?
Investoren betrachten den Online-Games-Markt deutlich differenzierter und nüchterner als in der Vergangenheit. Start-Ups sind dem großen Wettbewerbsdruck meist nicht gewachsen und erhalten daher auch nur noch sehr schwer eine Early-Stage Finanzierung. Erfolgreiche, profitable und wachstumsstarke Anbieter sind für Investoren weiterhin hoch attraktiv. Und besonders im Bereich Mobile Games entwickelt sich momentan ein echter Hype. Die Early-Mover wie Rovio sind Beispiele, wie erfolgreich eine Firma werden kann. In diesem Fall mit nur einem Game – Angry Birds. Durch diese Erfolge angeheizt, stürzen sich zunehmend mehr Unternehmen und Investoren auf den Bereich Mobile Games.
Sind größere Firmenverkäufe im Bereich Online-Games zu erwarten?
Der Markt der Online- und Mobile-Games-Anbieter ist sehr fragmentiert und auch aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs kann man eine fortschreitende Konsolidierung der Branche erwarten. Jedoch ist durch die Probleme von Zynga das Bewertungsniveau momentan zurückgegangen; somit sind Firmenverkäufe im Online-Games-Bereich zumindest zeitweise schwieriger geworden. Die traditionellen Konsolen- und PC-Publisher kommen weiterhin als Käufer in Frage, entwickeln zunehmend aber auch eigene Online Games, ohne gleich eine ganze Online-Games-Firma kaufen zu müssen. Strategische Käufer aus Asien sind grundsätzlich auch sehr interessiert, agieren aber noch vorsichtig und etwas zögerlich. Das wird sich mit der Zeit ändern.
Verläuft die M&A-Entwicklung im Bereich Mobile Games anders?
Den Trend zu Mobile Games haben viele etablierte Anbieter – wie damals schon bei Social Games – verschlafen. Wenn sie in diesem Segment schnell eine maßgebliche Rolle spielen möchten, müssen sie tatsächlich zukaufen. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Bedeutung von großen Publishern abnimmt, weil durch die App Stores von Apple und Google das weltweite Eigenpublishing viel einfacher möglich ist. Durch die App Stores sind früher schwierige Themen wie Billing für die Spieleanbieter weltweit gelöst. Daher müssten traditionelle Publisher eigentlich Mobile-Developer kaufen, weil diese zunehmend ohne Publisher selbst vermarkten, wenn ihre eigene IP gut ist.
Was ist Ihre Prognose für 2013?
Der Hype um Mobile Games wird anhalten, jedoch wird auch hier der Wettbewerb zunehmen und sich nur Qualität durchsetzen. Außerdem werden wieder mehr erfolgreiche Firmenverkäufe stattfinden. Weiterhin gehe ich davon aus, dass die Lernkurve der etablierten Rechteinhaber im Konsolen- und PC-Bereich steigt: Sie werden zunehmend MMO-Games unter ihren Brands auf den Markt bringen, die auch vom Gameplay, Balancing etc. perfekt aufgebaut sind und den reinen Online-, Social- und Mobile-Games Anbietern zunehmend Konkurrenz machen.
Zur Person
Julian Riedlbauer ist seit Mitte 2012 Partner bei der internationalen Technologie-Investmentbank GP Bullhound. Zuvor war er Geschäftsführer bei der M&A-Beratungsgesellschaft Corporate Finance Partners. Seine Karriere begann bereits vor fast 20 Jahren durch die Gründung seiner eigenen Firma Connect Service Riedlbauer, einem Modem-, TK- und Netzwerk-Distributor und technischen Callcenter Outsourcing-Dienstleister. Zu dem Zeitpunkt, als sich “Connect Service Riedlbauer” zu einem 130-Personen-Unternehmen entwickelt hatte, verkaufte Riedlbauer seine Firma teilweise an NT plus und teilweise an eine Tochtergesellschaft der Thyssen Informatik Gruppe.
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