Trademob und die spannende Frage, ob Mobile Advertising überbewertet ist
Bisher wurde nicht viel über Trademob (www.trademob.com) berichtet. Erst in den vergangenen fünf Wochen nahm die Präsenz des Unternehmens in der Öffentlichkeit zu. Schlagzeilen machte vor allem die Trademob-Studie “40% of mobile clicks are accidental or fraudulent” und die Expansion nach Großbritannien und in die USA. Selbst deutsche-startups.de berichteten bisher nur einmal über Trademob. Das war im Dezember 2011 als das Start-up einen vermutlich siebenstelligen Betrag von Tengelmann und HTGF einsammelte. Dabei ist Trademob bereits zwei Jahre alt und in den vergangenen sechs Monaten rasant gewachsen. Höchste Zeit also, dass Ravi Kamran, Mitgründer von Trademob, berichtet, was Trademob ist, was in den vergangenen Jahren passiert ist und ob Mobile Advertising nicht überbewertet ist.
Mobile Advertising
Laut Tomi Ahonen wurde die erste mobile Werbung 2000 in Finnland per SMS auf ein Handy ausgeliefert. Ende 2007 schätzte Informa den weltweiten Mobile Advertising Markt bereits auf 2,2 Milliarden US-Dollar. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) berichtet über einen Anstieg von 81 Mobile-Kampagnen in 2007 über 885 in 2009 auf 1973 Kampagnen in 2011. Mobile Advertising ist ein sehr dynamisches Marktfeld und bot Ravi Kamran damit zwei von drei Eigenschaften, die ihm wichtig waren, um 2010 ein Unternehmen zu gründen: dynamisches Umfeld + Advertising.
Das Mobile Advertising-Problem
Das dritte Kriterium musste ein echtes Problem sein, so Ravi Kamran im Gespräch mit deutsche-startups.de. Dieses besteht im Mobile Advertising, damals wie heute, erstens aus dem fragmentierten Markt für Mobile Traffic, was den Einkauf erheblich verkompliziert. Das führt zu, zweitens, einer nicht einheitlichen Messbarkeit der mobilen Kampagnen, was wiederum, drittens, die Optimierung von mobilen Kampagnen erschwert.
So gründete Ravi Kamran zusammen mit Alexander Franke und Florian Lutz im August 2010 Trademob. Im Januar 2011 folgten die Business Angel und im September 2011 die erste Seed-Finanzierungsrunde. Im Januar 2012 ist Trademob offiziell gestartet und legte seitdem ein beachtliches Wachstum hin: Januar 2012 ca. 15 Mitarbeiter, Mai/Juni 2012 ca. 30 Mitarbeiter und heute, Ende September 2012 über 70 Mitarbeiter. „Es ist besser gelaufen als gedacht“, freut sich Ravi Kamran. Nach Aussage des CEO wäre Trademob ohne Finanzierung tragfähig. Die Seed-Finanzierung steht somit für die internationale Expansion zur Verfügung.
Data-driven App Marketing
Es scheint, da ist was dran, an der Trademob-Problemlösung. „Wir sind eine Tech Firma“, beschreibt Ravi Kamran die technologische Ausrichtung von Trademob und grenzt sich von den Advertising Agenturen ab. Der Fokus liegt auf der optimalen Bewerbung von (derzeit nur) iOS und Android Apps. Dazu kauft Trademob den Traffic aus verschiedenen Netzwerken ein, führt eine Performanceanalyse der Werbekanäle durch und entwickelt aus den gewonnenen Erkenntnissen der gesammelten Daten Optimierungsansätze für das App Marketing. Damit will Trademob das Mobile Advertising Problem lösen: durch einen einheitlichen Einkauf und eine einheitliche Trafficmessung die eindeutige Antwort auf die Frage: „Welcher mobile Kanal hat das beste Ergebnis gebracht?“
Ist Mobile Advertising überbewertet?
In ihrer Studie „Study: 40% of mobile clicks are accidental or fraudulent” fand Trademob bei der Untersuchung von 6 Millionen Ad Clicks heraus, dass 40% der Klicks auf mobile Werbung nutzlos sind: bei 18% handelte es sich um „click fraud“, bei 10% um „botnets & client-side click fraud“ und bei 22% um „accidental clicks“. Vor dem Hintergrund des beschriebenen Mobile Advertising Hypes müssten nun konsequenterweise alle Aussagen und Prognosen zum Mobile Advertising um 40% gekürzt werden, um auf eine belastbare und realistische Einschätzung zu kommen. Dem widerspricht Ravi Kamran. Mobile Advertising ist im Kommen. Mobile gehört ganz sicher die digitale Zukunft und der Marketingschwerpunkt wird ganz sicher auf Performance und KPIs liegen.
Ist das überhaupt interessant?
Die Möglichkeit Personengruppen zielgenau anzusprechen, ist ein Vorteil des digitalen Marketings. Doch stellt sich die Frage, ob Targeting für die spannenden Werbekunden, also die mit ordentlichen Mediabudgets (vor allem aus dem FMCG-Bereich) überhaupt interessant ist. Auf der einen Seite ja und das Interesse an innovativen, mobilen Marketingformen ist vorhanden. Auf der anderen Seite nein, denn in einer linearen Transaktionslogik (Produzieren > Bewerben > Verkaufen) besteht das vorgegebene Marketing-Jahresziel in der Realisierung möglichst vieler Kontakte. Die FMCG-Marketing-Mechanik denkt in Gross Ratio Points (GRP). GRP ist die Kennzahl mit der Werbekampagnen verglichen und beurteilt werden. Mit dem Ergebnis, das eine reichweitenstarke Kampagne mit hohem Streuverlust besser als eine reichweitenarme Kampagne mit wenig Streuverlust ist, wenn in einem Jahr 500 Millionen Kontakte realisiert werden müssen.
„Dem Problem begegnen wir gar nicht“, nimmt Ravi Kamran Stellung. Trademob macht Performance-Marketing und nur Performance-Marketing für mobile Apps. Es geht um eine direkte Erfolgsmessung und die Optimierung von Nutzerakquisitionskosten. So empfiehlt Trademob z.B. eine Top 20 statt einer Top 5 Platzierung im App Store, da mit der höheren Platzierung in vielen Fällen gar nicht mehr gewonnen wird.
Was ist das besondere an Mobile Advertising?
In einem wachsenden App-Markt ist das eine solide Positionierung. Trotzdem die Frage nach dem Besonderen im Mobile Advertising. Facebook hat gerade massiv an Wert verloren und das, weil Facebook, so Barron’s, nicht in der Lage sei, die überwiegend mobilen Zugriffe auf das soziale Netzwerk mit Werbung zu monetarisieren. Nutzer TIAN fragt auf heise.de zu recht, wer denn die Werbung anklicke. Denn eigentlich besteht Mobile Advertising vor allem aus Bannern. Die sind bereits aus dem klassischen Online-Marketing bekannt und wurden Ende der 1990iger/Anfang der 2000er ordentlich gefeiert. Heute ist die Euphorie um Banner zurückgegangen und im Mobile Advertising ändert sich nicht das Werbeformat, sondern nur der Kanal. Mobile könnte also die gleiche Entwicklung, wie die klassischen Banner nehmen.
Ravi Kamran sieht den Vorteil in Mobile vor allem in der höheren Aufmerksamkeit für Werbung. Durch die begrenzte Displaygröße erscheint nur eine Werbung und wird dadurch eher wahrgenommen als auf anderen Medien. Und Trademob misst jedes mobile Werbeformat, vorausgesetzt, dieses lässt sich einkaufen. Integrierte Werbeformate, wie z.B. die Cross-Promotion von Spielen in Spielen, können genauso Bestandteil der Performanceoptimierung sein, wie klassische Mobile Banner. Spannend dabei sind wiederum die Erkenntnisse für die Kreation. Denn aus der Datenanalyse lassen sich Hinweise ableiten, wie Mobile Banner bereits in der Designphase effizienter gestaltet werden können. In der Games-Branche das bereits klar: die Zukunft gehört den Zahlenfreaks mit Kreativität. Die nutzen Zahlen zur Diagnose und lenken so die kreative Energie in die richtige Richtung.
Trademob ist mit seinem Geschäftsmodell gut aufgestellt, heute wie morgen und damit ein weiteres extrem spannendes Mobil-Start-up aus Deutschland.