“Wir suchen kantige Persönlichkeiten” – Thomas Preuss von Neuhaus Partners
Viele Start-up brauchen Geld! Kapitalgeber wie Neuhaus Partners (www.neuhauspartners.com) haben reichlich davon. Im Interview mit Ann Marisa Freese von der M&A Beratungsgesellschaft Pure Equity Advisors spricht Thomas Preuss von Neuhaus Partners über Entscheidungsprozesse, Leidenschaft und kantige Unternehmerpersönlichkeiten.
Sie sind seit vier Jahren bei Neuhaus Partners tätig. Was sind die Kernpunkte in Ihrer Beteiligungsstrategie?
Neuhaus Partners ist im Bereich Early-Stage Venture Capital aktiv und fokussiert sich stark auf Technologieunternehmen in den sogenannte T-I-M-E-S-Märkten, also Telco, Internet, Media, Entertainment, Security. Wir sind immer auf der Suche nach hochskalierbaren Geschäftsmodellen und investieren ausschließlich in Software.
Was ist Ihr Investmentfokus?
Ich persönlich habe meine Schwerpunkte im Bereich Media, Online Marketing, Mobile/Web und Software-as-a-Service-Geschäftsmodelle. Bezüglich meiner eigenen Beteiligungsstrategie habe ich zwei grundlegende, einfache Regeln, die als Grundvoraussetzungen gegeben sein sollten: Die erste Voraussetzung ist, dass ich nur in Unternehmen/Ideen investiere, die ich auch als Gründer selber gründen würde. Diese grundlegende Frage ist ein guter Realitätscheck, ob man – als Investor – wirklich so sehr von einer Idee überzeugt ist, dass man auch selbst dafür ins unternehmerische Risiko gehen würde um es operativ zu machen und ob man gleichzeitig auch genügend Leidenschaft für das Thema mitbringt, um den Unternehmen und Gründern bestmöglich zu helfen. Die zweite Voraussetzung ist die Chemie mit dem Team. Die Verbindung zwischen Team und VC ist sehr intensiv und dauert mitunter länger als eine durchschnittliche Ehe. Da ist die Chemie ein extrem wichtiger Faktor. Denn nur als konstruktive Teamleistung können Gründer und VCs ein Unternehmen zu Bestleistungen und optimaler Wertschöpfung führen. Weiterhin entscheidend ist für mich das Skill-Set innerhalb des Gründerteams. Idealerweise handelt es sich um maximal heterogene Teams, bei dem jeder Einzelne eine eigene Persönlichkeit und absoluter Experte in seinen Bereich ist. Optimal wäre zum Beispiel CEO, Strategie, BizDev, Marketing, CTO, Tech, CSO, Sales.
Was Ihre bevorzugte Ticketsize?
Wenn wir solche Teams und Ideen gefunden haben liegt unsere bevorzugte Ticketsize zwischen 500.000 bis 2 Millionen Euro. Diese Ticketsize bedingt sich durch unseren Ansatz als Early-Stage VC, d.h. wir versuchen normalerweise erstes “Wachstumskapital” für junge Unternehmen mit bereits erbrachtem Proof-of-Concept bzw. Proof-of-Business zur Verfügung zu stellen. Hier ist der klassische Ansatz, dass ein Unternehmen mit unterschiedlichen Seed-Finanzierungen so weit entwickelt wird, bis man sehen kann – anhand von echten Kennzahlen – das der verfolgte Ansatz wirtschaftlich sinnvoll ist und weiter ausgebaut werden kann. Genau an dem Punkt setzt der Early-Stage VC an und stellt Gelder zur Skalierung und zum schnelleren Wachstum bereit. Wir haben unseren Ansatz in den vergangenen Monaten allerdings etwas erweitert und bieten auch vermehrt kleinere Tickets – 200.000 bis 500.000 Euro als Seed-Finanzierung an. Wir nennen das intern gern “Live-Due Diligence”. Wir haben so die Möglichkeit schon sehr früh die Teams und die Technologie “von innen heraus” kennen zu lernen und generieren so eine sehr hochwertige Datenbasis, um über die folgenden A-Runden schneller und mit einer höheren Sicherheit bzw. Erfolgswahrscheinlichkeit zu entscheiden.
Und für welche Mehrwerte stehen Sie als Hamburger Venture Capital-Gesellschaft?
Wir als Neuhaus Partners versuchen neben generellen Mehrwerten von VCs wie Netzwerk, Know-how und Kapital vor allem echte operative Unterstützung für das Management zu bieten. Das bedeutet, dass wir uns so integrieren, dass wir zusammen mit den Gründern versuchen die Stärken zu stärken und die Schwächen zu schwächen und so über das Geschäft hinaus „echte“ operative Mehrwerte zu bieten. Wir versuchen als eine Art „zusätzlicher Gründer“ die internen und externen Herausforderungen von oftmals stark wachsenden Unternehmen mit den Gründern zusammen anzunehmen und bestmöglich zu bestehen. Wichtig ist dabei, dass wir unsere Hilfe sehr „Hands-on“ anbieten, uns aber nicht aufdrängen. Das Ganze wird von uns als eine Art Serviceleistung verstanden, auf die die Gründer sehr gern und unbegrenzt zurückgreifen können. Wenn es von manchen Gründern wenig oder gar nicht in Anspruch genommen wird, wenn es sich z.B. selbst um sehr erfahrene Unternehmer handelt, ist das absolut okay für uns und wir drängen uns nicht auf. Wie schon gesagt, wir versuchen die Gründer zu stärken und den gemeinsamen Erfolg optimal zu unterstützen. Wenn erfolgreiche Gründer es auch ohne unsere Unterstützung schaffen, umso besser!
Wie viele Geschäftsmodelle betrachten Sie in der Woche und wie viele davon gefallen Ihnen.
Der Dealflow bei Neuhaus Partners setzt sich zum Einen aus Anfragen über unsere Info@-Mailadresse sowie persönlichen Anfragen und Empfehlungen aus unserem Netzwerk zusammen. Wir bekommen so circa 10 bis 20 Businesspläne pro Woche, die alle von unserem Team aufmerksam bearbeitet, geprüft und in unserem Team-Meeting vorgestellt werden. Davon gefallen uns in der Regel nur ein bis zwei. Interessanterweise lässt sich feststellen, dass die Anfragen über die Info@-Adresse oft eine geringere Qualität haben als der persönliche Dealflow. Bis heute hat es auch nur sehr selten ein potenzielles Investment aus dem Info@-Kanal es bis in die letzte Stufe des Entscheidungsprozesses geschafft. Der Grund dafür liegt in der Erfahrung und dem Netzwerk der Gründer. Unerfahrene Gründer verfügen oft nicht über direkte Kontakte zu Investoren und so bleibt ihnen nur der Weg über die Info@-Adressen. Daher mein Tipp an alle Gründer: Gehen Sie zu den einschlägigen Tech/VC-Veranstaltungen und suchen Sie vorab den direkten Kontakt zu VCs und erfragen Sie vorab erstes Feedback zu Ihrer Idee. Das hilft oft schon sehr gut, um die VC-fähigkeit der Idee zu testen.
Und wie verläuft dann der Prozess intern bei Ihnen bis es zu einem Investment kommt?
Der idealtypische Prozess für eine A-Runde läuft bei uns wie folgt: Die ein bis zwei Themen, die im Team-Meeting ein Interesse erweckt haben, werden kurzfristig zu einem ersten Kennenlerntermin zum Pitch eingeladen. An diesem Pitch nimmt grundsätzlich ein Partner, ein Investment Manager und gegebenenfalls ein Analyst teil. In diesem Termin geht es darum, die Gründer kennen zu lernen und das Unternehmen bzw. die Idee gemeinsam zu verstehen und das Potenzial weiter zu entwickeln. Dabei legen wir weniger Wert auf eine 60 Seiten lange Powerpoint-Präsentation, sondern mehr auf die Tonspur der Gründer, die uns sehr viel über die Idee, das Mindset und die darüber hinausgehende Mission/Vision der Gründer verrät.
Nach diesem Kennenlernen versuchen wir sehr schnell ein klares Feedback über die nächsten Schritte zu geben, so dass die Gründer schnell wissen woran sie bei uns sind und ob es sich lohnt weiter Aufwand in den Prozess mit uns zu investieren. Sollten wir nach dem Termin weiterhin begeistert sein, steigen wir sehr detailliert in die vorbereitende Beteiligungsprüfung – Commercial Due Diligence – ein und beleuchten sämtliche für uns relevante interne und externe Faktoren der potenziellen Beteiligung. Dazu gehört unter anderem intensives Sparring mit den Gründern zu offenen Fragen zum Business Modell, intensive Analyse des Marktes und der Wettbewerber und des zugrundeliegenden Business Cases. Gespräche mit Experten, potenziellen Partnern und Reference Calls mit zum Beispiel Kunden gehören in dieser Phase auch schon mit dazu. Sofern in dieser Phase alle Fragen zur vollen Zufriedenheit beantwortet wurden und das Unternehmen / die Gründer uns nach wie vor begeistern, laden wir die Gründer zu einem finalen „Partner-Pitch“ ein, bei dem das Team die Möglichkeit bekommt sich und Ihr Unternehmen unserem gesamten Investment-Komitee – bestehend aus drei Partnern – vorzustellen und unter anderem auf die Ergebnisse der Commercial Due Diligence noch einmal persönlich einzugehen. Wenn das Team mit der Idee und dem Unternehmen auch hier alle Fragen überzeugend beantwortet und auch das Investment-Komitee von sich überzeugt, ist die Investitionsentscheidung schon so gut wie gefallen. Im Anschluss an den Partner-Pitch werden wir dann ein konkretes Angebot machen zum Beispiel in Form eines Term-Sheets und die finalen Schritte – Timing, Legal/Tech-DD, Vertragserstellung etc. – bis zum Notartermin besprechen.
Welches sind die Hauptgründe, weshalb Sie Investitionsmöglichkeiten ablehnen?
Die Hauptgründe aus denen wir ein Investment ablehnen liegen genau in dem Nichtvorhandensein der gerade Voraussetzungen. Oft sind die Ideen oder die Teams nicht optimal geeignet, um aus unserer Sicht in den Zielmärkten bestehen zu können oder die Anfragen passen nicht zu unserem Fokus. Weiterhin entscheidend ist das Produkt selbst und das Timing der Idee. Es kann oft sein, dass ein Produkt nicht genügend innovativ ist oder nicht über einen ausreichend großen Lock-In-Faktor verfügt, um einen Wettbewerbsvorteil dauerhaft zu behalten. Hinzu kommt dann das Timing. Das richtige Timing einer Idee bzw. Technologie ist entscheidend. Oft haben wir als Early-Stage VC das Problem, dass Märkte für innovative Technologien oft noch zu wenig entwickelt sind und somit das attraktive Wachstum zu lange dauert. Oft sind aber auch Ideen zu spät, dann gibt es bereits eine sehr hohe Wettbewerbsdichte und klare, deutlich größere Marktführer. Auch dann ist ein solches Investment nicht optimal geeignet, um für uns ein attraktives Investment darzustellen.
Womit kann man Sie begeistern: Gibt es etwas, das Sie schon lange suchen, aber selten finden?
Die Antwort ist einfach. Wir als VCs suchen die absoluten Überzeugungstäter, d.h. wir suchen Unternehmer die mit Leidenschaft und bedingungsloser Überzeugung ihre Idee in die Tat umsetzen. Wir suchen kantige Unternehmerpersönlichkeiten und weniger glatte Managertypen, die als Lifestyle-CEOs nur so mal ein bisschen Unternehmertum versuchen wollen und danach ein B2C, Back2Consulting-, oder B2B, Back2Banking-Prinzip verfolgen. Wir suchen nachhaltige Geschäftsmodelle, die bestehende Industrieprobleme oder Ineffizienzen optimieren und weniger verspielte Business Ideen wie zum Beispiel Rückwärtsauktionen in Verbindung mit Entertainment-Shopping. Detailliertes Expertenwissen und brillante-disruptive Produktideen sowie erfolgshungrige Gründer die volles Engagement und eigenes Risiko zeigen sind für uns Eigenschaften, die uns sehr beeindrucken und die wir gern mit unseren Assets unterstützen.
Welches sind derzeit Ihre Lieblingsthemen bzw. welches Ihr Marktbereich, denn Sie besonders intensiv verfolgen?
Für mich sind insbesondere die Bereiche Mobile und SaaS hochattraktive Investmentfelder, die wir uns sehr genau ansehen. Mobile deshalb weil ich daran glaube, dass das mobile Device der persönlichste Kanal ist, den der moderne Mensch nutzt oder nutzen wird und somit sämtliche Produkte oder Vermarktungsansätze früher oder später an diesen Kontaktpunkt angebunden sein müssen. Das mobile Device bietet einen einzigartigen Mehrwert, wenn es um Einfachheit der Nutzung und um den Convenience-Faktor geht. Weiter glaube ich auch sehr stark an die Bedeutung des mobilen Kanals für die Werbe-Industrie. SaaS-Produkte bieten die Möglichkeit den gesamten SME-Bereich, Small/Medium Businesses, mit innovativen Softwareprodukten zu versorgen, ohne das große IT-Investitionen vorab getätigt werden müssen. Damit wird Technologie im B2B-Umfeld massenfähig und die gesamte Wertschöpfung nachhaltig optimiert. Innovative Geschäftsmodelle wie zum Beipsiel Freemium ermöglichen ein schnelles Wachstum der Nutzer und ein attraktives Upselling für nachhaltige Unternehmensumsätze.
Im Fokus: Weitere Interviews mit Kapitalgebern finden Sie im unserem Special VC-Interviews
Zur Gastautorin
) auf. Nach ihrem Studium der Betriebswirtschaftslehre in München arbeitete Marisa Freese als Analystin bei Expedia und Axel Springer. In dieser Zeit beschäftigte sie sich intensiv mit Finanzkennzahlen, Unternehmensbewertungen und Online-Geschäftsmodellen. Vom Unternehmerfieber gepackt, gründete sie 2009 ihr eigenes Start-up, eine E-Commerce-Lösung für Marktplätze mit dem eigenen Projekt Kisju und einer White-Label Lösung für externe Partner. Nach dem Verkauf der Firma 2011 fand sie sich zusammen mit Julian Riedlbauer, um gemeinsam andere Firmen bei Unternehmensverkäufen und bei der Beschaffung von Wachstumskapital zu unterstützen.