Fünfzehn Fragen an Erik Frank von Wawerko
Was bedeutet es Ihnen, Ihr eigener Chef zu sein?
Selbstständigkeit bedeutet frei zu sein in jeder Entscheidung, die man trifft. Zugleich ist dieses Privileg geknüpft an Eigenverantwortung und bedingt gleichfalls stetige Mehrarbeit. Dennoch sollte es anders nicht sein.
Bei welcher Gelegenheit kam Ihnen die Idee zu Ihrem Start-up?
Entscheidend waren damals drei Faktoren: neuer Job, neue Stadt und neue Mitbewohner. Nach dem Umzug stresste mich der Aufbau von IKEA-Möbel, weil die zugehörigen Anleitungen nicht mehr auffindbar waren. Einzig entspannend wirkte da die Kochkunst eines Mitbewohners, Chefkoch sei Dank, und im Gespräch mit den Arbeitskollegen wurde dann eins und eins zusammengezählt. Erst später entdeckten wir Instructables und traten so auch in Kontakt mit der dort tätigen Giannina Lezcano. Sie gehört heute zu unserem Team und ist seitdem für unsere Videoproduktionen verantwortlich.
Woher stammte das Kapital für Ihr Unternehmen?
Wir haben unser Unternehmen selbst finanziert und drehen aus diesem Grund auch jeden Euro zweimal um. Ein Nachteil ist dies jedoch keineswegs. Sicherlich mag mit Risikokapital manches einfacher sein, doch kein externer Kapitalgeber diktiert uns seine Interessen. Zudem werden sämtliche Entscheidungen mit Bedacht getroffen, denn jeden einzelnen Cent haben wir zuvor hart verdient. Fremdes Geld hingegen wird meist sorgloser ausgegeben – dies verdeutlicht die derzeitige Wirtschaftskrise einmal mehr.
Was waren bei der Gründung Ihres Start-ups die größten Stolpersteine?
Die Vergabe der Umsatzsteuernummer dauert in Deutschland erschreckend lang. Pro Stelle sollte man durchaus 14 Tage einplanen, doch zugegeben, das Ergebnis ist dann auch sehr ansehnlich. Aber davon abgesehen, verliefen sowohl die eigentliche Unternehmensgründung als auch das erste operative Jahr problemlos. Jener reibungslose Ablauf ist mitunter auf die intensive Betreuung durch das regionale Gründungsnetzwerk NRW und die umfassende Unternehmensplanung zuvor zurückzuführen.
Was würden Sie rückblickend in der Gründungsphase anders machen?
Wie zuvor erwähnt, haben wir das Gründungsvorhaben sorgfältig durchdacht. Die reine Planungsphase ohne Programmierung dauerte 10 Monate und das Ergebnis war ein Businessplan mit rund 100 Seiten. Rückblickend stellt sich die Frage, ob sich dieser Aufwand gelohnt hat? Ich denke, anstatt jede Funktion a priori zu erörtern, sollte man die Programmierung zeitnaher angehen, denn erst die Nutzung einer Onlineplattform, wie rudimentär diese auch sein mag, macht die resultierende Usability erfahrbar. Andererseits strukturiert der Businessplan die Unternehmensführung und –entwicklung nach wie vor immens, so dass es sicherlich nicht empfehlenswert ist, gänzlich auf einen solchen zu verzichten.
Jedes Start-up muss bekannt werden. Welche Marketingspielart ist für Sie besonders wichtig?Von besonderer Bedeutung ist virales Marketing, wenngleich eine derartige Mundpropaganda nur schwer zu initiieren ist. So nutzen wir derzeit vor allem Twitter und Facebook, um auf Wawerko aufmerksam zu machen. Zudem veröffentlichen wir regelmäßig DIY-Videos auf Plattformen wie YouTube. Auch dies ist äußerst erfolgreich, vor allem wenn gezeigt wird, wie man aus einem gewöhnlichen T-Shirt einen Bikini macht.
Welche Person hat Sie bei der Gründung besonders unterstützt?
Bei der Gründung hat mich in besonderem Maße meine Freundin unterstützt. Ohne das mir entgegengebrachte Vertrauen und Ihre Geduld wäre es nicht machbar gewesen, ein derartiges Vorhaben in die Tat umzusetzen. Oftmals musste sie mich entbehren, denn meist hat das Team bis in die Nacht an der Plattform gearbeitet.
Welchen Tipp geben Sie anderen Gründern mit auf den Weg?
Oft wird man von anderen hören: das klappt so nicht. Doch man sollte unter keinen Umständen den Glauben an das eigene Projekt und die Fähigkeiten verlieren. Stattdessen ist es ratsam, aus Kritik neue Kraft zu schöpfen und anderen das Gegenteil zu beweisen. Die Genugtuung ist schließlich der schönste Lohn vorangegangener Anstrengungen.
Sie treffen den Bundeswirtschaftsminister – was würden Sie sich für den Gründungsstandort Deutschland von ihm wünschen?
Die Bedingungen für Start-ups in Deutschland sind hinsichtlich der vom Bund bereitgestellten Fördermittel vorbildlich. Lediglich die Kriterien zur Vergabe scheinen manchmal recht kurios gar paradox. Aus welchem Grund wird beispielsweise der Gründerzuschuss nur an Empfänger von Arbeitslosengeld gezahlt? Was ist mit all jenen Entrepreneuren, die zusätzlich ein Unternehmen aufbauen wollen und letztlich ebenso Arbeitsplätze schaffen? Ist deren Engagement, von einem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Standpunkt betrachtet, nicht ebenso entscheidend? Nun existieren noch weitere gleichsam fragwürdige Richtlinien dieser Art. Entsprechend würde ich es letztlich begrüßen, dass diese noch einmal kritisch geprüft und überarbeitet werden.
Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up gegründet hätten?
Ich wäre wohl nach wie vor wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität Dortmund, nur könnte ich dann Nachts auch gelegentlich Schlaf finden.
Bei welchem deutschen Start-up würden Sie gerne mal Mäuschen spielen?
Jedes Mäuschen würde sicherlich die Online-Kornkammer MyMüsli nennen. Wesentlich interessanter ist momentan aber ein Blick hinter die Kulissen von StudiVZ. Wie wird das Unternehmen der wachsenden Konkurrenz durch Facebook langfristig begegnen? Hat Holtzbrinck bereits aufgegeben oder folgt irgendwann der Konter in Form eines Relaunch? Überdies stellt sich mir die Frage, wie entscheidend im Rahmen der Wertschöpfung der Nutzertransfer in den drei VZ sein wird? Jedenfalls ist der Wechsel zu Facebook in meinem Freundeskreis nahezu vollständig abgeschlossen und diese Nutzer zurückzugewinnen wird schwer.
Sie dürften eine Zeitreise unternehmen: In welche Epoche reisen Sie?
In die Renaissance zu Leonardo Da Vinci, dem wohl größten Selbermacher der Menschheitsgeschichte. Über unsichtbare Bücherregale und berührungssensitive LED-Tische würde ein derartiges Genie nur müde lächeln. Wenn man weiß, wie man eine Unendlichkeitsmaschine konstruiert, scheint alles andere nichtig.
Sie haben eine Million Euro zur persönlichen Verfügung: Was machen Sie mit dem ganzen Geld? Eine große Summe würde ich wohl festverzinslich investieren, denn finanzielle Sicherheit bedeutet Freiheit und die Chance an Projekten zu arbeiten, die nicht zwingend profitabel sind. Projekte wie betterplace.org oder helpedia.de sind schlicht beeindruckend. Ähnlichen Zielen würde auch ich mich gerne stärker widmen.
Wie verbringen Sie einen schönen Sonntag?
Ein schöner Sonntag beginnt spät mit einem entspannten Picknick im Bochumer Stadtpark und endet mit einem romantischen Dinner am Abend. Zwischenzeitlich widme ich mich dann einem guten Buch. Dies ist aktuell „der schwarze Schwan“ von Nassim Nicholas Taleb.
Mit wem würden Sie sich gerne einmal auf einen Kaffee oder ein Bier verabreden?
Es wäre sicherlich interessant mit Craig Newmark über Usability- und Webdesign zu diskutieren. Über Wawerko hat ein bekannter Deutscher Blogger mal geschrieben: “die Seite sieht aus, als wäre sie vom Sohn des Nachbarn gestaltet worden”. Wer weiß? Doch mit 22 Milliarden PI/Monat zeigt Craigslist, dass ein Webservice auch gänzlich ohne eine grafische Gestaltung erfolgreich sein kann. Die Bedürfnisbefriedigung ist entscheidend und von Newmark kann man diesbezüglich sicherlich einiges lernen.
Zur Person
Erik Frank wurde 1980 in Sittard (NL) geboren. Von 2000 bis 2006 studierte er Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Karlsruhe (TH) und gründete schon während des Studiums 2003 das Informationsportal Onpulson.de. Seit 2007 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der Technischen Universität Dortmund und gründete 2008 zusammen mit mehreren Uni-Kollegen die Do-it-Yourself-Plattform Wawerko.